0143 - Das Monster aus der Vergangenheit
Sie verstand nicht, wie es möglich war, daß dieser mumifizierte Leichnam mit ihr sprechen konnte.
Sie verstand allmählich überhaupt nichts mehr.
Wo war John? Warum brachte er sie nicht endlich fort von hier? Merkte er denn nicht, daß sie seine Hilfe dringend nötig hatte?
»Ich wußte, daß wir eines Tages wieder vereint sein würden, Nogorata«, sagte der Hohepriester.
Sabrina schüttelte heftig den Kopf. »Ich bin nicht Nogorata!« stieß sie aufgeregt hervor, aber sie war nicht sicher, ob sie dabei die Lippen bewegte oder nur im Geist mit der Mumie sprach. »Mein Name ist Sabrina. Sabrina Kelly!«
»Es ist lange her, seit wir uns geliebt haben. Du hast deinen richtigen Namen vergessen. Viele-Jahrhunderte hat mein Geist dich gesucht. Manchmal war ich verzweifelt, denn ich befürchtete, dich nie mehr wiederzufinden. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich über dieses Wiedersehen freue. Wir werden die alten Bande wieder knüpfen, und niemand wird sie ein zweites Mal trennen dürfen.«
Der kalte Schweiß brach Sabrina aus allen Poren.
Sie wußte nicht, wer Nogorata war, aber sie vermutete, daß sie jener einstigen Liebe von Eht Al-Oman zum Verwechseln ähnlich sah.
Diese Erkenntnis ließ sie erneut schaudern. Sie versuchte verzweifelt gegen die hypnotische Kraft der gelb leuchtenden Augen anzukämpfen.
»Du gehörst mir, Nogorata!« hallte die Stimme der Mumie in ihr.
»Nein!« ächzte das Mädchen.
»Du weißt, daß wir beide füreinander bestimmt sind!«
»Ich gehöre John Calidge!«
»Ich werde jeden töten, der es wagt, dich mir streitig zu machen. Alle müssen sterben, die mich daran hindern wollen, dich zu lieben, Nogorata !«
Sabrinas Gesicht verzerrte sich. »Ich bin Sabrina Kelly. Ich bin nicht die, für die du mich hältst. Mein Name ist Kelly. Sabrina Kelly…«
»He!« Das war plötzlich John Calidges Stimme. Er schüttelte sie heftig. »Sabsy! Sag mal, was ist denn auf einmal mit dir los? Sabsy! So komm doch endlich wieder zu dir!«
Das Mächen blickte John Calidge mit flatternden Lidern verwirrt an. Er schaute ihr besorgt in die Augen.
»John«, hauchte sie.
»Was hast du denn. Sabrina?«
»Ich… ich weiß es nicht.«
»Warum hast du ununterbrochen gesagt: ›Mein Name ist Kelly. Sabrina Kelly.‹?« fragte Cohn Calidge eindringlich. »Du warst auf einmal nicht mehr ansprechbar. Ich mache mir deswegen Sorgen, Sabsy. Du mußt mir sagen, was das zu bedeuten hat.«
Sabrina warf der Mumie einen furchtsamen Blick zu. Ihr war, als könne sie Eth Al-Oman hinter den Kopfbandagen grinsen sehen.
Das war zuviel für ihre überreizten Nerven. Ohne auf Johns Fragen einzugehen, machte sie auf den Hacken blitzschnell kehrt und rannte aus dem Saal. Es sah nach Flucht aus.
Und es war eine Flucht vor dem unheimlichen Hohepriester, der nach vielen Jahrhunderten, die er zwischen den Welten verbracht hatte, zu neuem Leben erwacht war…
***
Rod Denver, ein Mann mit rotem Haar und unzähligen Sommersprossen, blies seinen Brustkorb stolz auf. Er war genau wie Bill Fleming Historiker, war aber auch ein weltweit anerkannter Archäologe und Ägyptologe.
Grinsend wies er mit seinem energischen Kinn auf die Mumie, vor der noch vor wenigen Augenblicken John Calidge und Sabrina Kelly gestanden hatten.
»Das ist unser Prachtbursche. Wie gefällt er euch?«
Professor Zamorra nickte beeindruckt. »Eth Al-Oman ist noch sehr gut erhalten.«
»Das wird er auch in Zukunft bleiben«, sagte Denver. »Ich gebe auf ihn acht wie auf meinen eigenen Augapfel.«
Rod Denver war der Initiator der Wanderausstellung. Er reiste mit der Mumie von einer amerikanischen Großstadt zur anderen. Der Besucherzustrom konnte sich überall sehen lassen.
Vor einem Monat war Denver mit Eth Al-Oman in New York gewesen, und Bill Fleming hätte sich die Ausstellung gern in der Stadt, in der er zu Hause war, angesehen.
Doch wichtige berufliche Verpflichtungen hatten ihn nach Persien geholt, und als er von da nach New York zurückgekehrt war, hatte Rod Denver seine Zelte in dieser Stadt bereits wieder abgebrochen und war weitergezogen.
Deshalb war es nötig gewesen, daß Bill der Mumie nach Chicago nachreiste. Professor Zamorra - der für ein paar Tage nach New York gekommen war - nahm er mit nach Chicago, während sich Nicole Duval mit Bill Flemings Freundin zusammengetan hatte und mit ihr zu einer Modeschau nach Atlantic City gefahren war, wo Zamorra und Bill in zwei, drei Tagen zu den Mädchen stoßen wollten.
»Wie
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