0144 - Alptraum in der Geisterbahn
auf. Wie schnell hintereinanderzuckende Stromstöße schoß die Angst in seinem Körper hoch. Rudy war nicht fähig, wegzulaufen. Er hatte in Horror-Filmen immer gelacht, wenn die Menschen nicht flohen, aber hier erging es ihm ebenso. Er kam nicht von der Stelle.
Ennio schwang sich herum. In der Hand hielt er das Messer.
Einen Schritt noch.
Teuflische Augen funkelten Rudy an.
Der junge Mann holte Luft, wollte schreien, da sah er die Spitze, des Messers dicht an seinem Hals.
Im nächsten Augenblick sah er das Blut, wußte, daß es sein Blut war, und fiel zu Boden.
Er war schon tot, als er aufschlug.
Ennio aber trat zurück. Das Messer säuberte er an seinem linken Hosenbein, klappte es zusammen und steckte es ein. Dann kümmerte er sich um den anderen.
Er drehte Tom auf den Rücken.
Die glanzlosen Augen des jungen Mannes verrieten, daß kein Leben mehr in ihm steckte.
Die Bestie nickte zufrieden. Heute war eingetreten, was er sich immer gewünscht hatte.
Er kicherte.
Dann brach sein Kichern so schnell ab, wie es aufgeklungen war.
Ennio stand steif da und schien zu überlegen.
Da war doch noch etwas.
Sicher, das Mädchen!
Und mit einem Knurrlaut auf den Lippen fuhr er zu Coleen Kilman herum…
***
»Bleib nur sitzen, Bulle«, sagte Viola Mandini kalt, »sonst mache ich ein Sieb aus dir!«
Daß diese Drohung kein leeres Gewäsch war, nahm ich ihr ohne weiteres ab.
Ich rührte mich nicht, sondern schaute sie nur an.
Gefährlich sah sie aus.
Viola trug einen pechschwarzen hautengen Anzug, der schon mehr einem Trikot glich. Die Füße steckten in schwarzen Stiefeln, und das rote Haar fiel bis auf die Schultern. Auf ihrem Oberkörper prangte ein flammendroter Drudenfuß, zwei ineinandergeschachtelte Dreiecke, in deren Mitte ein Teufelskopf zu sehen war.
Auch in Rot.
Dieses Mädchen stand unter dem Einfluß des Bösen, das war ihr durchaus anzusehen.
Und die MPi hielt sie lässig wie ein Soldat.
»Ich habe dir doch gesagt, daß ich Bullen nicht ausstehen kann«, sagte sie. »Und wenn solche Greifer ausgerechnet noch in meine Wohnung kommen, werde ich obersauer.«
Ihre Mutter hob beide Hände. »Nicht schießen, Viola, bitte schieß nicht. Wir machen es draußen.«
»Mal sehen.«
Memo Mandini sagte nichts. Er hockte in seinem Sessel und wußte nicht, wo er hinblicken sollte. Einmal schaute er seine Frau an, danach seine Tochter, dann mich.
Und ich sah ihm an, daß er mit den Taten seiner Familienmitglieder überhaupt nicht einverstanden war. Aber was sollte er machen?
Er kam gegen sie nicht an.
Stille breitet sich aus, die jedoch vom Lachen der dicken Frau unterbrochen wurde.
»Was ist los?« fragte Viola.
»Hast du es gehört?«
»Was gehört.«
»Ich habe ihm gesagt, wer euer Vater ist.«
»Ja.« Viola Mandini lächelte böse. »Ich stand da und lauschte. Es hat mir richtig gefallen, Daddy.«
»Du bist meine Tochter nicht«, sagte der Alte. »Du nicht. Du bist das Produkt einer Hure mit…«
»Halt’s Maul, Alter!«
»Willst du mir hier den Mund verbieten? Hier in meinem eigenen Wohnwagen?«
»Ja.«
»Und wenn ich weiterrede?«
»Glaubst du, es würde mir etwas ausmachen, dich umzubringen?«
Es war ein schlimmer Satz, den dieses junge, verdorbene Mädchen da gesprochen hatte. Und auch Mandini war geschockt. Er schüttelte den Kopf. Konnte nicht reden, dafür wurden seine Augen feucht. Er hatte in den letzten Minuten mehr gehört, als ein normaler Mensch verkraften kann. Sein Weltbild war zusammengebrochen.
»Ja«, flüsterte er nach einer Weile. »Dafür sehe ich dich an. Dir würde es wirklich nichts ausmachen, deinen eigenen Vater umzubringen. Was bist du nur für ein Mensch?«
»Mensch?« höhnte Viola.
»Lassen Sie es gut sein, Mr. Mandini«, mischte ich mich ein. »Das ist nicht Ihre Tochter.«
»Nein, das ist sie wirklich nicht. Ich habe eine Bestie großgezogen, ich merke es immer mehr.«
»Ausgerechnet du mußtest dein Maul aufmachen, Bulle. Seit wann haben Stinktiere denn eine Meinung?« giftete sie mich an.
Ich sagte nichts. Ihre Beleidigungen machten mich nicht leichtfertig. Wahrscheinlich wartete sie nur darauf, daß ich mich falsch bewegte, aber den Gefallen tat ich ihr nicht.
Auch Suko verhielt sich ruhig, obwohl er innerlich bestimmt vor Wut kochte, ebenso wie ich. Aber es gab keine Chance, die Kugeln würden Suko und mich in dem engen Wohnwagen immer erreichen.
»Ich möchte doch noch einen Vorschlag machen«, sagte Memo Mandini. »Können wir uns nicht
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