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0145 - Turm der toten Seelen

0145 - Turm der toten Seelen

Titel: 0145 - Turm der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F. Morland
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unheimlich, drangen dem zitternden Mann nicht nur in die Ohren, sondern in seinen ganzen Körper, bis ins Knochenmark. Er wußte, daß Hannah Salem wieder einmal grausame Regie führte. Alles, was er erlebt und gesehen hatte, gaukelte ihm die verfluchte Hexe vor. Sie hatte unzählige Möglichkeiten, seinen Geist zu beeinflussen. Sie konnte ihn laufend Dinge sehen lassen, die es gar nicht gab, die er aber trotzdem mit einer Intensität wahrnahm, daß er zwischen Phantasie und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden konnte. Und nun trieb sie ihren schrecklichen Spuk weiter.
    Ellis drehte sich im Bett verzweifelt hin und her. Es war nicht einmal dunkel genug im Raum, um einschlafen zu können. Hannah Salem hielt ihn mit einem seltsamen Lichtschein wach. Sie konnte das. Sie konnte einfach alles. Sie vermochte, sich in Ellis’ Gedanken zu schleichen, sich in seinen Träumen auszubreiten und ihn den Traum wie eine schreckliche Realität erleben zu lassen.
    Ellis stöhnte. Er erinnerte sich an den Tag, als er von Krupa die Einladung bekommen hatte. Er hatte das Tischfeuerzeug genommen, um sie zu verbrennen. Er wollte die Einladung vernichten und vergessen. Aber zu seinem großen Schreck fing das Papier nicht Feuer. Und dann hatte ihn etwas veranlaßt, Roys Einladung doch anzunehmen. Er war nicht aus freien Stücken hierhergekommen, denn im Gegensatz zu all den anderen hatte er fast panische Angst vor Hannah Salem.
    Ellis wußte nicht, ob er wachte oder träumte. Er wußte nur eines: Ihm drohte Gefahr von Hannah Salem, Todesgefahr.
    Ein Ächzen.
    Ellis schnellte mit einem heiseren Schrei hoch. Etwas war in seinem Zimmer. Er sah nichts und niemanden, und doch hörte er das rasselnde Atmen, die schlurfenden Schritte, das gefährliche Zischen. Etwas wischte ihm eiskalt über den schweißnassen Rücken. Er bebte vor Angst. Sein Gesicht war kreideweiß.
    »Wer - wer ist da?« preßte Ellis hervor.
    Keine Antwort.
    Dann ein Knurren. Genauso feindselig wie jenes, das der häßliche Schädel an der Wand ausgestoßen hatte.
    Ellis biß sich in seiner panischen Furcht in den Daumen und grub die Zähne tief in sein Fleisch. Die Schmerzen halfen ihm, nicht die Besinnung zu verlieren.
    »Ist da jemand?« fragte er in die eigenartige Finsternis hinein.
    Keine Antwort.
    Statt dessen ein grauenerregendes Zischen, so als würde sich eine riesige Schlange an sein Bett heranschieben. Ellis warf einen gehetzten Blick auf den Boden, aber er konnte nichts erkennen.
    »Mein Gott! O mein Gott! Ich werde wahnsinnig!« klagte der schlotternde Mann.
    Obwohl er schwitzte wie noch nie zuvor in seinem Leben, kroch Ellis unter die Decke. Aber auch hier war das Läuten der Totenglocke ungedämpft zu hören. Ihm war, als entstünde das Geräusch in ihm. Er wagte kaum zu atmen, und als ihm plötzlich jemand die Decke fortriß, stieß er einen krächzenden Angstschrei aus.
    »Geh weg!« stöhnte Ellis verzweifelt, obwohl er niemanden sehen konnte. »Laß mich in Ruhe!«
    Da spürte er plötzlich eine eiskalte Hand an seiner Kehle. In derselben Sekunde drückte die Hand kräftig zu. Der Druck nahm Ellis die Luft. Er schnellte aus dem Bett. Schnaufend schlug er um sich. Da niemand außer ihm zu sehen war, erweckte er den Eindruck eines Wahnsinnigen.
    Er kreiselte um die eigene Achse, drosch hierhin, schlug dahin, wehrte sich gegen Angriffe, die er zwar spürte, aber nicht sehen konnte.
    »Laß ab von mir, du verfluchte Hexe!« keuchte der verängstigte Mann.
    Er rang nach Luft. Das Atmen fiel ihm schwer. Mit blauen Lippen riß er die Tür auf und rannte gehetzt nach draußen. Die anderen schienen bereits zu schlafen. Ellis fühlte sich hundeelend, allein mit seiner panischen Angst. Er wollte losbrüllen, damit die anderen aus ihren Zimmern kamen.
    Er riß zwar den Mund auf, aber aus der Kehle kam nicht mehr als ein hauchdünnes Seufzen, das keiner hörte.
    Plötzlich knirschte die Klinke an der Tür, die aus dem Leuchtturm führte. Carl Ellis zuckte herum und starrte sie mit brennenden Augen an. Die Klinke wanderte langsam nach unten. Das Knirschen wurde lauter und rief bei Ellis eine Gänsehaut hervor. Sekunden später öffnete sich die Tür.
    Carl Ellis stand steif und starr mitten im Salon. Als die Tür langsam aufschwang, schüttelte er, in Erwartung einer schrecklichen Überraschung, verzweifelt den Kopf.
    »Nein!« stöhnte er. »Nein! Laß mich in Ruhe!«
    Der kalte Wind fauchte in den Raum, ließ die an der Wand hängenden Rüstungen geisterhaft rasseln.

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