0149 - Die Nacht der flammenden Augen
Arm hielt sein Gewicht nicht mehr aus, er konnte sich nicht aufstützen und fiel nieder.
Noch ein Augenpaar!
Ich grinste hart. Damit würde ich auch fertig werden. Aber diese Augen verschwanden. Sie waren viel schneller als ich und schwebten durch den Dschungel.
Verfolgen konnte ich sie nicht, aber ich sah noch eine andere Möglichkeit.
Das alles beherrschende Auge oben im Pfahl.
Ich war schon dabei, mich ihm zuzuwenden, als etwas anderes geschah.
Plötzlich begann es zu zucken, und im nächsten Augenblick strahlte es einen grellroten Schein ab, der wie ein gewaltiger Teppich Suko, mich und das Kreuz umflorte.
Auch das Kreuz!
Und es reagierte.
Nicht umsonst befand sich dicht über dem Drudenfuß das in einem Dreieck gezeichnete Auge. Man nannte es auch das Allsehende Auge , das von einem Strahlenkranz umgeben war. Zuerst wurde es von den alten Ägyptern als Darstellung des Gottes Osiris gebraucht, bevor es in die christliche Religion einging. Es hatte mir schon einmal sehr geholfen. [3]
Das Allsehende Auge strahlte einen hellen, silbernen Glanz ab, der eine unwahrscheinlich starke Gegenkraft zu dem dämonischen Auge bildete.
Beide Strahlen trafen sich.
Es kam zu einem Kampf, zu einer Machtprobe, bei der Suko und ich nur Zuschauer waren.
Eine Explosion.
Gleißend, grell – so schlimm, daß ich meine eigenen Augen schützen mußte.
Ein Krachen, Bersten, dazu ein mörderischer Schrei, der langsam verebbte.
Danach war es still.
Ich öffnete die Augen, und sah, was geschehen war. Die Kräfte des Lichts waren Sieger geblieben. Sie hatten das heidnische, dämonische Symbol zerstört. Der Totempfahl war in der Mitte gespalten, als hätte jemand mit der Axt hineingeschlagen. Wo sich zuvor noch das Auge befunden hatte, gab es nur einen schwarzen, wie ausgebrannt wirkenden Fleck. Der Pfahl bekam das Übergewicht und neigte sich langsam dem Boden entgegen. Er fiel in den Dschungel, dessen Pflanzen sich ebenfalls verfärbten und verdorrten.
Die Magie dieses Kellerraums war zerstört. Nichts blieb mehr am Leben. Auch Ogabe nicht.
Sein grüner Kopf existierte nicht mehr. Ich sah nur noch ein schwarzes, verkohltes Etwas.
Langsam kam ich wieder zu Atem. Woher der Trommelklang allerdings gekommen war, das erfuhr ich nie. War auch nicht so wichtig.
»He, schläfst du?« Sukos Stimme riß mich aus meinen Gedanken.
Ich drehte mich um.
Mein Partner lag am Boden und grinste schief.
»Was hast du eigentlich getan?« fragte ich ihn spöttisch. »Ich hatte dich doch um Hilfe gebeten. Anstatt mich zu unterstützen, läßt du dich gefangennehmen, fesseln und wartest darauf, daß der liebe John kommt und dich befreit. So gut möchte ich es auch einmal haben, du Faulenzer.«
»Binde mich lieber nicht los«, sagte Suko.
Ich nahm das Kreuz auf und hängte es mir wieder um. »Und warum soll ich das nicht?«
»Weil ich dir dann den Hals zum Korkenzieher drehe.«
Ich band Suko trotzdem los. Er drehte mir zwar nicht den Hals zum Korkenzieher, dafür schlug er mir auf die Schulter. Und wer Sukos Schläge kennt, der weiß, daß ich mich von dieser Dankesbezeigung nur schwer erholen konnte.
***
Wir fanden Glenda tatsächlich im Bentley sitzend. Neben dem Wagen stand der Wirt mit einer vorsintflutlichen Flinte.
»Ich habe aufgepaßt«, sagte er.
Dafür bedankte ich mich bei ihm.
Glenda Perkins stieg aus. Ich las die Frage auf ihrem Gesicht und kam ihr zuvor.
»Es ist alles okay!«
»Mein Gott.« Sie atmete tief durch. Ich ahnte, wie sie sich bei mir bedanken wollte, doch Suko stand dabei, und da nahm sie davon Abstand.
Vielleicht holten wir das irgendwann mal nach. Mal sehen.
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Nr. 128 »Der Seelenwald«
[2] Siehe John Sinclair Nr. 136 »Die Feuerhexe«
[3] Siehe John Sinclair Nr. 115 »Invasion der Riesenkäfer«
Weitere Kostenlose Bücher