Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
015 - Die Heiler

015 - Die Heiler

Titel: 015 - Die Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
zog. Seine Armmuskeln spannten sich. Die anderen Männer umklammerten den Torso des Tiers.
    Matt hörte angewidert, wie Sehnen rissen, Knorpel knirschten und Knochen brachen. Ein letztes schmatzendes Geräusch… und Urk hielt den abgerissenen Kopf des Lupas in der Hand.
    »Das hingegen«, fuhr er fort, als sei nichts passiert, »wird dir das Tor öffnen. Zeige der Wache den Schädel und sage ihr, dass Urk vom Volk der Waldjäger dich schickt. Man wird dich einlassen.«
    »Alles klar«, murmelte Matt zweifelnd und nahm den bluttriefenden Tierkopf entgegen.
    Urk grinste, als er sein Unbehagen sah, kommentierte es aber nicht. Stattdessen schlug er einem seiner Männer auf die Schulter. »Er wird dich bis zum Waldrand führen. Versuche nicht mit ihm zu reden, denn er darf Fremden nicht antworten, bevor er alle Prüfungen abgelegt hat. Wenn du die Ebene erreicht hast, wirst du wissen, wohin du zu gehen hast.«
    »Wieso?«, fragte Matt stirnrunzelnd. Er verzichtete darauf, sich nach der Art der Prüfungen zu erkundigen, die seinem Fremdenführer bevorstanden. Nach der Wolfskopf-Demonstration wollte er das gar nicht so genau wissen.
    Urk' hob die Schultern. »Weil sie in Himmelskugeln leben, die über das Land blicken.«
    Himmelskugeln ?
    ***
    Brüssel, 10. Februar 2012
    Die Apokalypse war über die Stadt gekommen.
    Danielle Mayar saß neben dem Fahrer des ersten Rettungswagens und starrte ungläubig aus dem Fenster. Obwohl es laut ihrer Armbanduhr zwei Uhr nachmittags war, konnten die Autoscheinwerfer die Dunkelheit kaum durchdringen. Schwarzes Wasser, ein Gemisch aus Asche und saurem Regen, rann über die Windschutzscheibe und hinterließ dunkle Schlieren. Raoul, der Fahrer, hatte es aufgegeben, die Scheibenwischer einzusetzen. Die Säure hatte die Wischblätter längst zerfressen.
    »Als Nächstes sind die Türdichtungen dran«, unkte er.
    Danielle antwortete nicht. Die brennende Stadt hatte sie in ihren Bann gezogen.
    Das Licht der Scheinwerfer strich über eine Reihe von gusseisernen Laternen, die die Straße säumten. Danielle lief ein Schauer über den Rücken, als sie die menschlichen Körper sah, die man daran aufgehangen hatte. Einer der Toten trug ein Schild mit der Aufschrift
    »Plünderer« auf der Brust. Sie wandte sich schaudernd ab.
    »Sieh mal nach links«, sagte Raoul. Sie folgte seiner Aufforderung und bemerkte, dass sie gerade das Europaparlament passierten. In einigen Fenstern brannte noch Licht, das vermutlich von einem Notstromaggregat stammte.
    Eine kleine Menschenmenge hatte sich vor dem Gebäudekomplex versammelt. Sie schützte sich mit Plastikplanen vor dem Ascheregen. Irgend jemand hatte die Fahnen, die an langen Stangen die Front des Parlaments zierten, heruntergeholt und angezündet. Die Flammen loderten unter einem Vordach.
    So viel zum Thema vereintes Europa, dachte Danielle bitter.
    In diesem Moment tauchten hinter den Scheiben des Gebäudes menschliche Schatten auf. Stühle und Tische flogen aus den Fenstern und schlugen inmitten der Menge ein, die panisch auseinander stob.
    Danielle hörte laute Schreie. Einige Menschen sahen zu dem Konvoi aus Krankenwagen herüber, wandten sich aber gleich wieder dem Gebäude zu, das jetzt von Bewaffneten gestürmt wurde. Schüsse fielen.
    »Scheint so, als wollten sie alles vernichten, was der Komet übrig gelassen hat«, kommentierte Raoul die Szene.
    Danielle nickte. »Wir müssen raus aus der Stadt. Vielleicht finden wir auf dem Land einen Ort, an dem wir sicher sind.«
    »Vielleicht…«
    Der Lautsprecher des Funkgeräts knackte über ihren Köpfen. Es rauschte kurz, dann sagte eine verzerrte Stimme: »Raoul? Danielle? Hier ist Marie. Haltet bitte an und lasst unseren Wagen vor. Wir haben eine Idee.«
    Danielle zog das Mikrofon zu sich herunter, während der Fahrer den Wagen stoppte.
    »Okay«, bestätigte sie. »Was für eine Idee?« Es war Jons Stimme, die antwortete: »Nicht über Funk. Vielleicht hört man uns ab.« Raoul und Danielle sahen sich an.
    »Man hört uns ab?«, wiederholte der Fahrer irritiert. »Der spinnt doch… Wer würde denn ein paar Krankenwagen abhören wollen?«
    Danielle hob die Schultern. Als Psychologin wusste sie, dass Überreaktionen unter Stress nicht anormal waren. Vermutlich wurde Jon einfach nicht mit den Ereignissen fertig, die er um sich herum sah. Danielle beschloss, sich am Ende ihrer Reise länger mit dem Chirurgen zu unterhalten.
    Raoul setzte den Wagen wieder in Bewegung. Stumm folgte er den roten

Weitere Kostenlose Bücher