0156 - Lemy und der Krötenwolf
Kugelschalen der Schulterpanzerung.
„Ich darf von mir behaupten, schon viele Kämpfe mit Krötenwölfen gesehen zu haben. Es kam kein Gladiator davon, aber es war auch keiner so stark wie du. Wenn ich dir die verwundbaren Stellen der Bestie verraten soll, so muss ich zuerst wissen, welche Waffe du wählst. Hast du dich entschlossen? Der Gong ertönt schon."
Ich sah zu den Regalen hinüber. Ja, ich hatte mich längst entschlossen, wozu eine kleine wissenschaftliche Überlegung erforderlich gewesen war.
Krötenwölfe waren Saurier mit einem dicken Chitinpanzer. Das Material war äußerst hart, brach jedoch leicht.
Wenn `sich unter dem Chitinpanzer nicht eine gummiähnliche Gewebeschicht von wenigstens sechs Zentimetern Stärke befunden hätte, wäre eine Kugelkeule mit hoher Aufschlagswucht auf möglichst kleiner Auftrefffläche von Vorteil gewesen. Ich hätte damit eine rückgratbrechende Wirkung erzielt.
Das hochelastische Gewebe verhinderte jedoch eine Überleitung der Auftreffkräfte auf lebenswichtige Organe; also kamen Keulen aller Art nicht in Frage.
Schwerter waren in diesem Falle zwecklos. Ein Krötenwolfpanzer war damit weder zu zertrümmern noch zu durchstechen. An die weichen Stellen des Rachens und der extrem großen Nüstern kam ich niemals heran, da das Ungeheuer jeden frontalen Angriff mit seiner lanzenähnlichen Springzunge abwehren konnte.
Die idealste Waffe, die hohe Aufschlagswucht mit kleinstem Treffpunkt und hohe Skalpell-Trennfähigkeit in sich vereinte, war eine schwere Handaxt mit vierzig Zentimeter langer, an der Schneide aber nur drei Zentimeter breiter Keilklinge. Dazu musste sie einen langen Stiel besitzen, durch den die Auftreffenergie bei einem Rundschlag mit großem Radius verdreifacht werden konnte.
Ich sah keine andere Möglichkeit, den Panzer aufzubrechen und mit dem gleichen Hieb das Gummigewebe zu durchtrennen, um lebenswichtige Körperstellen entscheidend zu verletzen.
Akußa sah mich gespannt an. Er besaß einen großen Erfahrungsschatz, jedoch war er zweifellos unfähig, technisch fundierte Überlegungen anzustellen. So sagte ich mit einem dankbaren Lächeln: „Gib mir die schwerste Keilaxt, die du in deiner Rüstkammer hast; dazu ein Rundschild mit Handbuckel, in den ein Stoßdolch eingesetzt werden muss. In die Schildhand nehme ich noch ein enges Netz aus Guldirgewebe, mit dem ich vielleicht die Springzunge zusätzlich abfangen kann."
Der Kampfschulenleiter sah mich lange an. Seine Stirn war gerunzelt, und die spitzen Ohren spielten nervös.
„Eine Keilaxt?" wiederholte er gedehnt. „Bist du sicher? Ich würde eine Hieblanze mit Breitklinge nehmen, damit schlagen, dann werfen und anschließend mit einer Kugelstachel-Keule angreifen."
„Beim ersten Hieb mit der Lanze wäre ich erledigt. Der Wurf wäre zwecklos. Krötenwölfe decken ihren Rachen gut ab. Die Biester haben Verstand. Gib mir die verlangte Ausrüstung."
Zehn Minuten später besaß ich die Waffen. Die Keilaxt war ein sogenannter Beidhänder, der von sehr starken Arenakämpfern nur dann angewendet werden konnte, wenn sie die Kraft beider Hände und Arme einsetzten. Für meine Begriffe war die etwa achtzig Pfund schwere Hiebwaffe viel zu leicht. Stärkere Ausführungen gab es aber nicht.
Als ich Schild und Keilaxt an mich nahm, meinte Akußa warnend: „Denke nicht an Flucht. Die Ausgänge werden bewacht. Man hat zwei Feuerbläser aufgestellt. Sie werden dich verschmoren, noch ehe du die Fallgitter erreicht hast, die übrigens ebenfalls bewacht werden. Verschlossen sind sie sowieso. Also, bist du fertig, Zeluter? Viel Glück und schlage gut. Ich würde an deiner Stelle nur zwei Punkte suchen: einmal den Schädel, und dann das Rückgrat dicht hinter dem Kopf. Du musst springen, verstehst du! Versuche, der Zunge auszuweichen. Der Krötenwolf kann sie nur langsam zurückziehen. Wenn er damit beschäftigt ist, kann er nicht schnellen. Nimm die Zunge als Sprungbrett. stoße dich ab, hüpfe mit beiden Füßen auf die Außenwülste und schlage zu. Das ist deine einzige Möglichkeit. Wenn du in der Wahl deiner Waffen auch eigene Wege gehst, so befolge wenigstens meine Angriffstaktik."
Ich schlug ihm sanft auf die Schulter, und er knickte in die Knie.
Wieder sah er mich prüfend an, dass ich unruhig wurde.
Als wir hinausgingen und die wartende Eskorte rechts und links von mir aufmarschierte, flüsterte mir Akußa noch zu: „Voszogam ist gezwungen worden, dich zu stellen."
„Von wem?" raunte ich zurück.
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