0160 - Der Spiegel des Grauens
das Surren von Hubschrauben in seiner Nähe.
„Faßt euch, Leute!" rief er, ohne sich seines Befehls selbst bewußt zu werden. „Es ist ein ziemlich unschöner Anblick!"
Harney Creeser fand endlich den Mut zum entscheidenden Schritt. Mit einem entschlossenen Ruck rutschte der grelle Lichtkegel ein paar Meter weit nach oben ~und traf den Schreckwurm mitten im Gesicht.
„Fort!" schrie Joel. „Das Licht macht ihn nervös!"
Wie gebannt betrachtete er das grauenhafte, furchterregende Bild. Aufgeregt pendelte der fünf Meter durchmesscnde Kugelkopf des Ungeheuers, die Augen ein schimmerndes Gewirr von Facetten, das breite, grinsende Maul ein dünner, leicht gewölbter Strich. Die vier Hornzan-gen zitterten und peitschten die Luft, als müßten sie nach Halt suchen. Und von unten herauf ragten die Enden des mörderischen Greifzangenpaares in den Lichtkegel.
Schwirrende Tragschrauben schoben sich in Joels Gesichtskreis. Ohne seinen Blick von dem Ungeheuer zu wenden, sah er. wie seine Leute sich, einer nach dem anderen, davonmachten - einer, zwei, vier, sechs -sechs?
„Wir können Harney aufheben und ihn mitschleppen", sagte eine ernste Stimme neben Joel.
Er drehte sich um. Undeutlich erkannte er einen der beiden Jorgens.
„Das hatte ich vor", antwortete er. „Dazu ist ein Mann genug. Verschwinden Sie! Das Biest wird gleich wieder springen."
Der Jorgens schüttelte den Kopf.
,,Zwei Mann sind besser als einer", wehrte er ab. „Kommen ..."
Harney hatte den Lichtkegel seiner Lampe unbeweglich auf dem Kopf des Ungeheuers ruhen lassen. Minutenlang mußte er den ungeheuerlichen Anblick förmlich in sich hineingefressen haben. Joel hatte sich nicht um ihn gekümmert. Erst jetzt wurde er aufmerksam, als Harney Creesers wilder, angstvoller Schrei dem Mann neben ihm das Wort vom Mund riß.
„Fort! Nichts wie fort! Das ist der Teufel selbst...!"
Joel leuchtete hinunter. Harney kam taumelnd auf die Beine. Die Tragschraube behinderte ihn, aber er war wenigstens noch so weit bei Sinnen, daß er daran dachte, sie abzuschnallen.
„Los!" keuchte Joel. „Wenn er anfangt zu laufen, wird der Wurm springen." Sie stießen hinunter.
Mit unerwarteter Behendigkeit hatte Harney sich inzwischen der Schraube entledigt. Klappernd fiel sie zu Boden. Harney fing an zu rennen. „Stehenbleiben!" schrie Joel hinter ihm drein. „Anhalten, Sie Narr!"
Harney hörte nicht. „Wir müssen hinter ihm her!" rief Jorgens. „Er rennt ins Verderben."
„Ich fürchte, das ist er schon", stellte Joel resigniert fest. „Halt... bleiben Sie hier!"
Jorgens hatte angefangen, seine Tragschraube zu bewegen.
„Wir können doch nicht so einfach...!"
„Still!" befahl Joel. „Hören Sie!"
Das Schaben und Knistern war lauter geworden. Joel richtete den Strahl seiner Lampe nach Norden. Noch einmal kam die häßliche, monströse Gestalt des Wurmes ins Blickfeld. Hoch über dem Boden schwebte der Kopf, von dem fleischigen, formlosen Körper getragen. Der Wurm hatte sich aufgerichtet. Wie eine Sprungfeder, kraftvoll gespannt, krümmte sich der Hinterleib.
„Er springt!" keuchte Joel. „Er will Harney nicht entweichen lassen. Fort, Jorgens!"
Gebannt beobachtete Joel den Wurm, bereit, auf die kleinste verdächtige Bewegung hin zur Seite auszuweichen und die Flugbahn des Ungeheuers hinter sich zu lassen. Hinter sich hörte er Jorgens sich rauschend in Bewegung setzen und atmete erleichtert auf. Er kam nicht dazu, sich darum zu kümmern, wo Jorgens hinflog.
Der Wurm wuchs weiter in die Höhe. Joel packte die Lampe mit der linken Hand und nahm den Hand-blaster in die rechte. Der Wurm versetzte den Körper in schwingende Bewegung. Joel nahm genaues Ziel. Noch gab es eine winzige Chance, die Aufmerksamkeit des Ungeheuers von Harney Creeser abzulenken, dessen Schreie von jenseits der südlichen Hügel gedämpft herüberdrangen.
Joel zielte auf das Maul der Bestie und drückte ab. Ein greller Blitz flammte auf und traf den kugeligen Kopf. Der Wurm reagierte nicht. Er öffnete nicht einmal das Maul. Zu sehr hatte er sich auf den bevorstehenden Sprung konzentriert. Joel bemerkte das entscheidende, kurze Wippen - dann schoß er schräg zur Seite.
Der Sturm erhob sich wieder. Mit wütenden Böen peitschte er durch das Tal. Heulend und orgelnd fuhr der Riesenwurm durch die Luft, über die südlichen Hügel hinweg dorthin, wo Harney Creeser um sein Leben rannte. Joel hatte die Lampe längst abgeschaltet. Er sah nur einen gewaltigen Schatten, der rechts
Weitere Kostenlose Bücher