0166 - Die Gangsterbraut
war inzwischen verschwunden und kam mit einer Karteikarte zurück, in deren oberer linken Ecke ein Bild des Mr. Fred Dabny prangte. Rechts davon befanden sich seine Fingerabdrücke und darunter seine Lebensgeschichte. Er stammte aus Philadelphia, war 49 Jahre alt und hatte vor zehn Jahren etwas ausgefressen. Es war nicht gerade eine Kleinigkeit, aber lag auf einem ganz anderen Sektor. Mr. Dabny hatte einen betrügerischen Konkurs gemacht und seine Gläubiger so haushoch hereingelegt, dass ihm drei Jahre aufgebrummt wurden, von denen er nur zwei absitzen brauchte.
Er war dann nach New York gekommen, wo ihn keiner kannte, hatte eine frische, weiße Weste angezogen und es bis jetzt fertig gebracht, diese sauber zu halten. Dabny hätte ich wohl zugetraut, die Rezepte für das neue Waschmittel auf die Seite zu bringen, aber er war nicht deriyp eines Mörders. Immerhin mussten wir ihn im Auge behalten.
Um fünf Uhr, der Zeit des allgemeinen Büroschlusses, parkten wir in der Madison Avenue, nicht weit vom Eingang des Gebäudes, in dem sich die Räume der Klartex befanden.
Wir mussten mehr als eine halbe Stunde warten, bis Nita Nelson erschien. Sie holte einen kleinen Sportwagen vom Parkplatz und schwirrte ab. Es ging am Central Park vorbei, über den Harlem River in die Bronx, über die Third Avenue bis zur Monterey Avenue, wo sie vor einem schon altersgrauen Appartementhaus stoppte. Sie verschwand durch das Portal, ließ aber ihren Wagen stehen, woraus wir schlossen, dass sie nicht lange bleiben werde.
Wir warteten also, bis sie um halb sieben zurückkam. East hätten wir sie nicht erkannt. Nita hatte sich schön gemacht. Sie trug einen eleganten Mantel und ein kesses Hütchen. Ihr Gesicht konnten wir auf diese Entfernung nicht richtig erkennen, aber eines war sicher. Sie hatte einen Lippenstift von dunkelroter Farbe benutzt, wie er gerade modern war.
»Sieh da. Aus der Raupe ist ein Schmetterling geworden«, meinte Phil.
Wir hängten uns wieder hinter den Wagen und beschlossen, uns überraschen zu lassen. Nita wollte offenbar ganz groß ausgehen. Sie stoppte vor dem Copacabana-Club in der 60ten Straße und überließ es einem der Boys, ihren Wagen zum Parkplatz zu bringen. Wir warteten, bis sie verschwunden war, fuhren den Jaguar ebenfalls hinüber und überzeugten uns zuerst einmal, dass die Luft rein war. Dann gingen wir vorbei an dem Pförtner, der aufgemacht war, wie ein russischer Großadmiral, in die Marmorhalle und gaben unsere Hüte ab.
Als das ältliche Mädchen uns die Marken aushändigte, betrachtete sie uns missbilligend vom Scheitel bis zur Sohle. Zu spät fiel uns ein, dass wir in unseren Straßenanzügen nicht in diesen vornehmen Laden passten, aber es war jetzt nicht mehr möglich, daran etwas zu ändern.
Es war sieben Uhr und der Club erst schwach besetzt. Der wirkliche Betrieb begann erst um neun Uhr. Wir verdrückten uns so schnell wie möglich in eine Nische. Der Kellner schien ebenfalls von unserer Anwesenheit nicht sehr erbaut zu sein. Erst als wir ein paar Side cars bestellten und nach der Speisekarte fragten, hellte sich sein Gesicht auf. Wir sahen uns nach Nita Nelson um.
Auch sie hatte sich, und zwar mutterseelenallein, in eine Nische verzogen. Sie schien auf jemand zu warten, und ich war gespannt, wer dies wohl war.
Auch heute Abend trug sie ihr Haar in einem Knoten, aber es war tadellos frisiert und glänzte. Die etwas schwachen Augenbrauen hatte sie nachgezogen und die Wimpern getuscht.
Wir aßen gut und teuer und warfen von Zeit zu Zeit einen Blick hinüber zur Nische, wo Nita anfing, ungeduldig zu werden. Sie war schon beim dritten Drink, trommelte mit den Fingerspitzen auf der-Tischplatte und ließ die Eingangstür nicht aus den Augen. Langsam füllte sich das Lokal, und dann, als gerade ein Schub neuer Gäste eintrat, sah ich, wie sie sich an ihrem Tisch halb aufrichtete und gespannt auf einen einzelnen Herrn im Dinnerjackett blickte, der eiligst zwischen den Tischen herankam. Der Mann war ungefähr dreißig Jahre alt, hatte sehr helles, gewelltes, blondes Haar und ein scharf geschnittenes Gesicht.
Die beiden begrüßten sich so, wie Leute, die sich noch nicht sehr lange kennen und sich gegenseitig zuerst einmal beschnuppern. Er ließ die Speisekarte kommen, und für ein paar Minuten waren sie beide darin vertieft. Während des Essens kam eine ruhige Unterhaltung in Gang. Sowohl Phil als auch ich hatten den Eindruck, dass beide ein erstes Rendezvous hatten und sich bemühten,
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