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0169 - Flucht vor dem Teufel

0169 - Flucht vor dem Teufel

Titel: 0169 - Flucht vor dem Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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mußte Zamorra erkennen, daß die Erde, aus der er wuchs, zu brodeln schien. Einen Atemzug später kroch der Baum auf dicken Wurzeln dem Straßenrand entgegen, berührte den Asphalt, zog sich weiter vor. Armdicke Äste streckten sich in ihre Richtung aus.
    »Nein!« rief Nicole und verkrampfte sich.
    Zamorra trat voll auf die Bremse, aber er wußte im gleichen Augenblick, daß der Wagen nicht mehr rechtzeitig genug zum Stehen kommen konnte, um einer Kollision mit dem massiven, borkigen Stamm zu entgehen.
    ***
    Die mystischen Klänge von The Alan Parsons Project donnerten durch das Innere des alten VW-Bullis, an dem der Zahn der Zeit genagt hatte.
    Jean Somac neigte den Kopf im Takt der dröhnenden Klänge. Seine Finger trommelten auf dem Lenkrad, als er Gas wegnahm und den Bulli in die Kurve hineinsteuerte. Sein Blick wanderte von der Straße, die die beiden blassen Scheinwerferkegel weniger als unzureichend beleuchteten, zu seiner Armbanduhr.
    »Halb eins«, murmelte er zufrieden. Vielleicht schaffte er es tatsächlich, bis zum Morgen Paris zu erreichen, wo er ein paar nette Tage zu verbringen hoffte.
    Ein harter Ruck ging plötzlich durch den Wagen, und irgendwo knirschte etwas. Der junge, etwa fünfundzwanzigjährige Mann verkrampfte seine Hände um das Lenkrad und wartete darauf, das sich das Knacken wiederholte. Als das nicht geschah, atmete er unwillkürlich auf. Er hatte schon befürchtet, daß die Hinterachse defekt war, aber jetzt rollte der Bulli wieder störungsfrei dahin. Es mußte ein Hindernis auf der Straße gewesen sein, ein Ast vielleicht, oder ein totes Tier, das er in dem blassen Licht der Scheinwerfer übersehen hatte.
    Jean Somac streckte seine rechte Hand aus und verminderte die Lautstärke der Musik. Er grinste breit, als er an die Tage dachte, die er in Paris verbringen würde.
    Wieder tauchte eine Kurve vor ihm auf, und diesmal ging er vorsichtshalber mit der Geschwindigkeit herunter.
    Die Stoßdämpfer stöhnten gequält, als sich der Bulli zur Seite neigte. Somac summte zu der Musik, die noch immer laut genug war, um das mißtönende Blubbern des Motors zu übertönen -und hielt im nächsten Augenblick erschrocken inne. Das, was seine Augen wahrnahmen, war so überraschend und verwirrend, daß er für Sekunden zu jeder Reaktion unfähig war.
    Nicht weit voraus befand sich ein mächtiger Baum auf der Straße, mitsamt seinen Wurzeln. Aber er war nicht umgestürzt, der Stamm ragte weiter senkrecht in die Höhe.
    Und der Baum bewegte sich!
    Seine Wurzeln peitschten umher, bewegten sich wie unzählige Schlangen, die nach einem Opfer suchten.
    Somacs Kinnlade klappte herunter. Nur unbewußt registrierte er, daß sich von vorn ebenfalls ein Wagen näherte, dessen Scheinwerferkegel weitaus heller waren als die des Bullis, den er fuhr.
    »Das gibt’s doch nicht«, drang es ungläubig über seine Lippen. Der Baum bewegte sich weiter. Die Wurzelstränge peitschten immer unruhiger, schoben das mächtige Gewächs immer schneller nach vorn.
    Jean Somac schluckte hart, als er wie in Zeitlupe sah, wie der andere Wagen schleuderte. Erst dann erinnerte er sich daran, daß er auf die Bremse treten mußte, wollte er nicht genau in den Baum hineinrasen. Der borkige Stamm ragte bereits viel zu dicht vor ihm auf.
    Der junge Mann trat voll auf die Bremse, und im gleichen Augenblick zog der Bulli scharf nach links. Somac fluchte halblaut, als er sich daran erinnerte, daß er die Bremsen noch hatte nachsehen lassen wollen, dann kam der Straßenrand schon mit beängstigender Geschwindigkeit näher.
    Der Bulli rumpelte, neigte sich gefährlich weit zur Seite und stürzte um. In den Lautsprechern der Stereoanlage knirschte es hell, dann verklangen die dröhnenden Laute, machten dem Brechen und Bersten Platz, als der Bulli in das Dickicht brach.
    Jean Somac verlor völlig die Orientierung. Um ihn herum war nur noch Chaos, und erst nach einer guten Minute registrierte er, daß wieder Ruhe eingekehrt war. Er bewegte sich, spürte einen harten Schmerz in seiner Brust und stöhnte.
    Der Bulli lag auf der Seite, und der Motor gab keinen Laut mehr von sich.
    Der Fünfundzwanzigjährige fluchte ausgiebig und ging dann daran, sich aus dem Sicherheitsgurt zu befreien.
    »Und da gibt es doch immer noch Leute, die diese Gurte hassen«, brachte er hervor und trat mehrmals gegen die verzogene Tür, bevor sie sich öffnete. Kühle Luft schlug ihm entgegen, dann prallte er schwer auf weichen, nachgebenden Boden.
    »Na also, war doch

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