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0169 - Flucht vor dem Teufel

0169 - Flucht vor dem Teufel

Titel: 0169 - Flucht vor dem Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Wurzelstränge liefen wellenförmige Bewegungen, die die Pflanze vorwärtsgleiten ließen.
    Der Meister des Übersinnlichen wirbelte herum, stürmte los, die junge Frau hinter sich herzerrend. Sein Griff um ihren Arm war hart, und er ignorierte ihre Schmerzensschreie.
    Nur weg! pochte es in ihm. Nur weg!
    Erneut strich ein kalter Hauch über ihn hinweg, der ihn schaudern ließ. Jetzt kam auch wieder Bewegung in die Bäume und Sträucher an den beiden Straßenseiten. Die Erde bewegte sich, Nebelschwaden drangen aus verborgenen Spalten hervor, Nebel, der die Sicht verschleierte und in den Augen brannte.
    »Der Wagen…« brachte Nicole hervor und keuchte.
    »Hat keinen Zweck«, gab der Professor zurück, ohne sein Tempo herabzusetzen. »Wir müßten an dem Baum vorbei, und das schaffen wir nicht.«
    Seine Lungen stachen, aber er wußte, daß jede Pause ihren Tod bedeuten konnte. Irgendein rätselhafter Einfluß schien den Fluß seiner Gedanken träge zu machen. Sein Denken war wie von einem dicken Sirup umgeben, dessen Widerstand von Sekunde zu Sekunde zunahm. Etwas in ihm war sich dessen bewußt, daß allein Flucht nichts einbringen konnte. Der Wald erstreckte sich hier auf eine Länge von knapp zehn Kilometern, und solange sie sich inmitten der Pflanzen befanden, schwebten sie in höchster Gefahr.
    Das Amulett! stach ein Gedanke in seinen Geist. Merlins Stern. Nur die magische Waffe kann die Rettung bringen.
    In seinem Rücken hörte er das Kreischen von Bremsen, dann ein Krachen, als der andere Wagen schleuderte und von der Straße gefegt wurde. Zamorra blickte nicht zurück. Jedes Innehalten konnte der Tod sein.
    Ein lianenähnlicher Strang zielte nach ihm, und er warf sich zusmmen mit Nicole einfach vorwärts. Die pflanzliche Faser strich über seinen Rücken und schickte eine Welle aus sengendheißem Schmerz durch seinen Körper. Zamorra schrie auf, taumelte, stürzte zu Boden. Dadurch entging er nur um Haaresbreite einer zweiten Attacke. Ein Singen von verdrängter Luft drang an seine Ohren, und er sah einen dunklen Schemen dicht über seinen Kopf hinwegzucken.
    Der Meister des Übersinnlichen tastete zu seiner Brust. Das Amulett…
    ...war verschwunden.
    Zamorra hatte das Gefühl, sein Herzschlag setze aus, dann sah er Merlins Stern nur wenige Meter vor ihm liegen. Es glühte hell, Zeichen dafür, daß der dämonische Einfluß noch weiter zugenommen hatte.
    Aber warum? dachte der Enddreißiger. Solch einen mörderischen Angriff hatte er noch nie erlebt. Und Dämonen griffen in der Regel ihn nur dann an, wenn er sich gerade als Geisterjäger betätigte, ein Geschöpf der Finsternis bereits in die Enge getrieben hatte, so daß dem Finstermann keine andere Wahl blieb. Dieser Angriff hier erfolgte ohne erkennbaren Grund - und gerade das machte ihn so gefährlich.
    Zamorra sprang wieder auf die Beine, ging in die Knie, um einer erneuten Attacke zu entgehen und schnellte auf das Amulett zu. Das Silber strahlte eine ungeheure Hitze aus, und der Meister des Übersinnlichen ließ hastig seine Finger über die Hieroglyphen gleiten. Von einer Sekunde zur anderen hüllte ihn ein grünlicher Schein ein. Aus zusammengekniffenen Augen sah er, wie ein weiterer Ast eines Dämonenbaumes zu ihm herüberraste, das grüne Leuchten berührte. Eine Stichflamme loderte auf - und der Ast war nicht mehr. Ein paar schnelle Schritte, und er war wieder an der Seite Nicoles, die sich stöhnend aufrichtete. Auch sie wurde jetzt von dem grünen Schein eingehüllt, der sie in begrenztem Maße vor dämonischen Einflüssen und Angriffen schützen konnte.
    Der zähe Widerstand in seinem Hirn, der sein Denken behindert hatte, war verschwunden, so, als hätte er nur in seiner Einbildung existiert. Zamorra fluchte ausgiebig, während er der jungen Frau in die Höhe half. Jetzt wußte er, daß die Einnebelung seines Denkens einen bestimmten Sinn gehabt hatte. Wer auch immer für das rätselhafte Verhalten der Pflanzen verantwortlich war, er hatte damit dafür gesorgt, daß er sich zusammen mit Nicole von dem Wagen entfernt hatte, der einzigen Möglichkeit, schnell aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zu entkommen.
    Nicole preßte sich dicht an ihn. Ihr Gesicht war kalkweiß, aber sie schien jetzt ihre Fassung zurückgewonnen zu haben.
    »Was… was geht hier nur vor?« brachte sie hervor, während sie wieder auf den Wagen zutaumelten. Äste und Zweige verglühten in dem grünen Leuchten aus Merlins Stern.
    »Ich weiß es nicht, Nici.

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