017 - Der Engel des Schreckens
ich, nicht auf. Ich erinnere mich allerdings, Mrs. Meredith und Mordon verschiedene Male im Garten gesehen zu haben.«
»Ist das Ihr Eigentum?« Der Inspektor griff hinter einen Vorhang und brachte ein altes englisches Gewehr zum Vorschein.
»Ja, das gehört mir«, gab Mr. Briggerland ohne jedes Zögern zu. »Ich habe die Waffe in Amiens als eine Erinnerung an unsere tapferen Soldaten -«
»Ich weiß schon und begreife Ihr patriotisches Gefühl, das Sie zu diesem Kauf veranlaßte«, versetzte der Inspektor trocken, »aber wollen Sie mir bitte mitteilen, wo und wann Sie das Gewehr verloren haben?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte Mr. Briggerland überrascht. »Ich wußte nicht einmal, daß es verloren war - ich hatte das Gewehr wochenlang nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sollte vielleicht Mordon -aber nein, ich darf nicht zu schelcht von ihm denken.«
»Was wollten Sie sagen?« frage Jack. »Vielleicht, daß Mordon auf Mrs. Meredith schoß, als sie auf dem Floß stand? Die Mühe kann ich Ihnen ersparen, Briggerland. Sie haben auf Mrs. Meredith geschossen, und ich habe Sie zu Boden geschlagen.«
Mr. Briggerlands Gesicht war eine wirkliche Studie.
»Es ist mir unfaßbar, wie Sie eine so unglaubliche und grundlose Beschuldigung gegen mich erheben können«, erklärte er würdig. »Vielleicht kannst du, mein liebes Kind, mir dies etwas verständlicher machen.«
Seit der Ankunft ihres Vaters hatte Jean noch kein einziges Wort gesprochen. Sie saß kerzengerade mit gefalteten Händen auf einem Stuhl, und ihre traurigen Augen wanderten von dem Inspektor zu Jack und wieder zurück. Sie schüttelte langsam den Kopf.
»Ich kenne das Gewehr nicht, wußte überhaupt nicht, daß du eins besitzt. Aber bitte, Vater, bleib ruhig und beantworte doch alle Fragen, die man an dich richtet. Es liegt mir genausoviel daran wie dir, eine Erklärung dieses furchtbaren Vorfalls zu erhalten. Haben Sie meinem Vater von den Briefen erzählt, die gefunden wurden?«
Der Inspektor schüttelte den Kopf.
»Ich habe Ihren Vater vor seinem Eintreffen hier nicht gesehen.«
»Briefe?« Mr. Briggerland blickte seine Tochter fragend an. »Hat die arme Lydia einen Brief zurückgelassen?«
Sie nickte.
»Mr. Glover wird es dir schon erzählen, Vater. Lydia hat Mordon geliebt. Und was dann vorging, liegt ja ziemlich klar auf der Hand. Sie fuhren heute morgen weg und hatten nicht die Absicht, jemals wiederzukommen -«
»Mrs. Meredith kannte die Liebesbank überhaupt nicht und ist nur auf Zureden von Miss Briggerland dort hingefahren«, sagte Jack ruhig. »Mrs. Cole-Mortimer ist sich über diesen Punkt ganz sicher.«
»Ist ihre Leiche denn gefunden worden?« fragte Mr. Briggerland.
»Bis jetzt nur der Chauffeur«, war die Antwort des Inspektors.
Nach einigen weiteren Fragen zog der Beamte Jack Glover vor die Tür.
»Es hat ganz den Anschein, als ob es sich hier um eines jener Verbrechen aus Leidenschaft handelt, wie sie bei uns leider so häufig vorkommen. Mordon war Franzose. Mit der Polizei hat er schon oft genug zu tun gehabt, wie wir nach seiner Personalbeschreibung in Paris feststellen konnten.«
»Und Sie glauben, es ist keine Hoffnung, Mrs. Meredith -«
»Wir lassen die sehr tiefe Stelle unterhalb des Abhangs mit Grundnetzen absuchen, aber es ist sehr leicht möglich, daß der Körper ins offene Meer getrieben ist. Gegen die Leute hier liegt außer Ihrer Beschuldigung nichts weiter vor. Die Briefe könnten natürlich gefälscht sein, aber Sie sagen doch selbst, daß Sie Mrs. Merediths Handschrift mit Sicherheit erkennen.«
Jack nickte zustimmend.
Sie gingen auf das Auto zu, in dem der Beamte gekommen war, als Jack fragte: »Darf ich den Brief noch einmal sehen?«
Der Inspektor zog ihn aus der Brusttasche, und Jack las ihn von neuem durch.
»Ja, es ist ihre Handschrift.« Plötzlich rief er überrascht aus: »Haben Sie das hier bemerkt?« Er wies auf das kleine Anführungszeichen vor den Worten ›Mein lieber Freund‹.
»Anführungszeichen?« sagte der Beamte verblüfft. »Warum? Das verstehe ich nicht.«
»Ich hab's!« rief Jack. »Der Roman! Mademoiselle Briggerland erzählte mir, daß sie an einem Roman arbeite, und ich erinnere mich auch, daß sie ihren Schreibkrampf erwähnte. Angenommen, sie hätte einen Teil des Romans Mrs. Meredith diktiert, und weiter angenommen, in diesem Teil käme ein Brief vor was dann? Mrs. Meredith hätte ganz mechanisch bei Beginn eines Briefes Anführungszeichen gesetzt.«
Der
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