0182 - Der Seelenfresser

stärker als je zuvor arbeitete. Von irgendwoher wurden ihm zusätzliche Energien zugeführt.
    Vom Stern, den der Fremde namens Zamorra trug?
    Der wahnsinnige Druide ahnte nicht einmal, welche Zusammenhänge zwischen dem Druidenstein und dem Amulett bestanden. Er war nur ausführendes Organ des Steins, die letzten Geheimnisse blieben ihm verborgen.
    Aber daran dachte er in diesen Minuten nicht.
    Er dachte an Zamorra.
    Und den Stern.
    Darauf konzentrierte er die gebündelte Kraft, die ihm durch den Druidenstein - in gläsernem Schrein, auf samtenem Tuch - zur Verfügung stand.
    Merlins Unstern wurde aktiv… !
    ***
    Pyters Atem stockte. Seine Arme flogen hoch, streckten sich abwehrend von ihm, dem Fremden entgegen.
    Zamorra…
    Unartikuliertes Gestammel rann über die Lippen des Neunzehnjährigen. Er versuchte, den Blick von der großen Gestalt zu lösen - aber es ging nicht! Etwas hielt ihn fest, zwingend, grausam, als wollte es ihm die Augäpfel aus den Höhlen saugen!
    Pyter schrie auf.
    Gellend schnitt sein Schrei durch die umgebende Stille, die nur vom entfernten Rauschen der Meeresbrandung unterbrochen wurde.
    Zamorra… das Amulett… !
    Pyter wollte zurückweichen vor dem Bild, das sich seinen Augen bot, und das mit nichts vergleichbar war, was er je gesehen hatte.
    Aber es war unmöglich. Die Kraft des Amuletts legte sich wie ein lähmender Zauber über ihn, entriß ihm die Kontrolle über seinen Körper.
    »Zamorra…« krächzte Pyter. Seine Augen quollen ihm fast aus dem Kopf. Stier blickte er auf den Fremden, auf dessen Brust…
    Der Stern!
    Dort leuchtete plötzlich etwas im Nachmittagslicht wie eine zweite Sonne!
    Das Amulett…?!
    Verdammt, er hatte sich doch gleich darüber gewundert, daß die Silberscheibe ein getreues Abbild der Stones in ihrer Mitte trug! Da hatte er aber noch nicht viel darum gegeben, hatte es als harmlos eingestuft… Was hätte er auch sonst tun sollen!
    Nun aber…
    Dieser Zamorra - ein Zauberer? Ein Magier?
    Dann sah er das Gesicht des Mannes. In dem spiegelte sich ungespielte Verblüffung, Überraschung vor dem, was geschah…
    Konnte das sein? Konnte es sein, daß der Fremde selbst von der Entwicklung der Dinge überrumpelt wurde?
    Pyter schloß sekundenlang die Augen. Sein Herz schlug ein rasendes Stakkato in seiner Brust.
    Als er sie wieder öffnete hatte sich zweierlei verändert.
    Der große Menhir, vor dem Zamorra stand, war in gleißendes Licht gehüllt -genau wie in jener Nacht, als Pyter seine Susan verlor!
    Und Zamorra, der große Fremde, kam mit harten Schritten auf Pyter zugelaufen…
    In seinen Augen lachte der Tod!
    ***
    Teri Rheken sah die Zeichen, konnte sie aber nicht deuten. Merlins Körper, der wieder ausgestreckt auf der Liege lag, fing übergangslos an zu zittern. Es sah aus, als würden kleine Beben durch den unsterblichen Magier laufen. Erschütterungen, die aus seinem Innersten kamen, schüttelten ihn.
    Zurückholen? dachte die goldhaarige Druidin und zögerte, weil sie sich nicht schlüssig war, ob sie ihre Kontrollfunktion ultimat wahrnehmen sollte und Merlins Bewußtsein, das auf Beobachtungsreise weilte, zurückrufen mußte.
    Etwas hielt sie davon zurück.
    Ein sechster Sinn?
    Ihr Blick ließ nicht ab von der weißgekleideten Gestalt des uralten Zauberers. Das Zittern schwächte nicht ab, es wurde aber auch nicht stärker. Aus diesem Grund beschloß Teri, das Risiko einzugehen und weiter zu warten. Gleichzeitig schaltete sie ihre eigenen Para-Sinne jedoch auf höchste Empfindlichkeit und tastete nach Merlins Bewußtseinsinhalt.
    Den fand sie jedoch nicht in diesen Sekunden!
    Der Äther war leer, bis auf jenes mentale Hintergrundrauschen, das ihn ewig erfüllte.
    Teri schrie auf.
    ***
    »Halt!« schrie Pyter. »Bleiben Sie stehen! Kommen Sie nicht näher… Stehenbleiben, sage ich!«
    Zamorras Antwort war die Karikatur eines menschlichen Lächelns, das sich flüchtig über sein starr gewordenes Gesicht breitete, aber sofort wieder versiegte. Nur der fanatische Glanz in seinen Augen verschwand nicht. Purer Haß strahlte Pyter daraus entgegen.
    Aber warum?
    Der Junge verstand die Welt nicht mehr. Er merkte nur, daß er den größten Fehler seines Lebens begangen hatte, als er mit Zamorra heraus zu den Standing Stones marschiert war.
    »Zamorra«! brüllte er wieder.
    Die Distanz verringerte sich unheimlich schnell, obwohl Zamorra sich fast bedächtig langsam bewegte. Auf seiner Brust flammte das Amulett.
    Pyter konnte noch immer nicht fliehen. Etwas