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0184 - Der Kraken-Götze

0184 - Der Kraken-Götze

Titel: 0184 - Der Kraken-Götze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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Und dann bemerkte sie etwas, was ihr endgültig die Illusion nahm, daß es sich um einen natürlichen Vorgang handelte und die Bedrohung Siegmund Stoller nur ähnlich sah.
    »Zoppo!« kreischte sie wild. »Er wirft keinen Schatten!«
    Das bestärkte die Gestalt in der schwarzen Lederkombi nur in dem, was er tun mußte. Die Honda jaulte auf, das Vorderrad hob sich leicht vom Boden. Dreck spritzte auf, als die Reifen der schweren Maschine durch den weichen Waldboden mahlten. Mensch und Maschine schienen einen Sprung von elementarer Wucht zu machen, eine Gestalt wurde zur Seite geschleudert. Prasselnd schlugen die Äste eines Holunderstrauches über Siegmund Stoller zusammen, der von der Gewalt des Zusammenstoßes in Richtung Talseite vom Wege geschleudert wurde. Scharf riß Zoppo die Honda herum, die Bremsen mit in den weichen Boden gesteckten Fersen unterstützend. »Steig auf, Susi!« schrie er wild, »und dann sofort weg von hier!« Namenlose Furcht schwang in seiner Stimme mit. Wortlos, von Entsetzen getrieben, gehorchte das Mädchen. Im Lichtkegel des Scheinwerfers sahen beide die Gestalt, die von der Hölle ausgespien schien, wieder auf den Waldweg taumeln.
    »Jetzt geht es ums Ganze!« knurrte Jürgen Reisewitz verbissen. »Halt dich ganz fest, Baby!«
    Susi Brandner konnte nicht sprechen, die Angst hatte ihr den Mund verschlossen.
    Zoppo gab Gas, drehte den Griff, so weit es ging. Gequält brüllte die 50 PS-Maschine auf. Ein entschlossener Zug lag auf Zoppos Gesicht. »Er oder wir«, schien er zu sagen. Auch Jürgen Reisewitz hatte Stoller gekannt, er hatte die Leiche gesehen und wußte, daß Stoller damals so tot war, wie nur ein Mensch sein konnte. Er war sich klar darüber, daß er es hier nicht mit einem normalen, sterblichen Menschen zu tun hatte, sondern mit einer Kreatur, die durch die finsteren Mächte gelenkt wurde. Darum regten sich in ihm keine Skrupel, als er jetzt den Druchbruch versuchte.
    Der Motor schrie in höchsten Drehzahlbereichen, als Zoppo die Honda kommen ließ. Die schwere Maschine schoß los wie eine Koppel Windhunde auf dem Rennplatz. Ein dumpfer Zusammenprall, wieder wurde der Körper des Toten zur Seite geschleudert und verschwand mit einem unirdischen Krächzen im Gebüsch.
    Die Honda aber fegte in halsbrecherischem Tempo den schmalen Waldweg ins Tal hinunter. Die Erfahrung vieler Moto-Cross-Rennen kam Zoppo nun zugute. Angstvoll klammerte sich Susi Brandner an ihn und machte instinktiv die Bewegungen mit, die Jürgen Reisewitz das Lenken der Honda auf dem unsicheren Grund erleichterten. So fuhren und rutschten sie dem Dorf zu.
    »Wir müssen sie warnen«, überschrie Zoppo den brüllenden Motor, »wir müssen den Menschen im Dorf sagen, daß die Hölle ihre Kreaturen auf die Erde entläßt.«
    Denn Jürgen Reisewitz war sich darüber klar, daß der Tote sich nun sein Opfer in Freienhagen suchen würde. Und jedermann im Dorf war arglos.
    ***
    Dereinst war er der Älteste der Erstgeborenen gewesen. Und er hatte in Zeiten gelebt und geherrscht, an die sich heute kein lebender Mensch mehr erinnert.
    Zeiten, deren Glanz nur noch durch vergessene Legenden schimmert. Die Weisen reden von den Weltaltern, den Äonen, die mit dem Ablauf des kosmischen Tierkreises wechseln. Diese alte Überlieferung aus den Reichen der Chaldäer und Sumerer ist weitaus älter, als es sich ein Mensch der heutigen, vom Geiste der Wissenschaft durchdrungenen Welt vorstellen kann.
    Wie auf die Nacht der Tag folgt, wie man trotz des Gegensatzes schwarz und weiß vergleicht, wie das Böse das Gute gebiert und das Gute den Keim des Bösen in sich trägt, so wechselt ein positives mit einem negativen Äon ab. Die, denen die Weisheit des Unergründlichen zu eigen ist, lehren, daß wir derzeit am Ende eines positiven Äons leben, zu einer Zeit, da die Gewalt der Fische der Regierung des Wassermannes weichen muß. Der Geist des Menschen hat sich aus dem einengenden Gefängnis der Traditionen befreit, die Wissenschaft triumphiert über das, was seit den Tagen der Alten als Unnahbar verehrt wurde. Wir leben im Zeitalter, da dem Menschen die Rolle des Herrschers über die Erde zugesprochen ist.
    Davor lag der düstere Tierkreis der Schwarzen Magier, deren Schattenfinger bis in unsere Zeitalter hineingreifen. Alle Urängste des Menschen ruhen instinktmäßig in diesem Zeitalter, das so grauenvoll war, daß kein Mensch mit gesundem Verstand es jemals auch nur andeutungsweise begreifen kann. Alles unterlag den Geboten der

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