0187 - Mannequins mit Mörderaugen
zumindest ungewöhnlich ist, wenn eines der Mannequins das Mikro ergreift«, begann die Valeri, »aber es führt kein Weg daran vorbei. Wir, das heißt, meine Freundinnen und ich, haben eine Botschaft für Sie. Eine Botschaft, über die Sie genau nachdenken sollten, denn jeder von Ihnen wird einmal vor dem Problem stehen, zu altern. Und dagegen gibt es ein gutes Mittel. Die Happy Healthy Schönheitsfarm. Sie ist es, die aus Ihnen einen neuen Menschen macht. Wenn Sie die Schönheitsfarm besuchen, werden Sie all das wiederfinden, was Sie vielleicht jetzt schon ein wenig vermissen. Jugend, Frische, Energie, Ausdauer. Kommen Sie zu uns, und merken Sie sich unsere Adresse. Es ist nicht weit von hier, einen Katzensprung sagt man wohl. Clichy erwartet Sie und dabei auch die Happy Healthy Schönheitsfarm mit all ihren sensationellen Vorteilen. Machen Sie jetzt davon Gebrauch, greifen Sie jetzt zu, und Ihr Mann wird seine jüngere Freundin sicherlich nicht mehr vorziehen.«
O Gott, Werbung! Die hatte noch gefehlt. Nie hätte ich gedacht, daß so etwas auf einer Modenschau möglich sein würde. Aber die Werbung hatte sich überall durchgesetzt.
Ich atmete tief ein. Jetzt bereute ich es wirklich, mich in diesen Raum gesetzt zu haben.
Violetta sprach weiter. Sie redete von den großen Vorzügen, und daß man auf der Schönheitsfarm die ewige Jugend zurückerhalten könnte.
Ewige Jugend?
Bei diesen beiden Worten zuckte ich regelrecht zusammen.
Moment, das kannte ich doch. Ich hatte bereits Gruppen oder Frauen erlebt, die sich die ewige Jugend kaufen wollten, indem sie mit dem Satan einen Pakt abschlossen.
Sollte es hier auch der Fall sein?
Ich schaute wieder auf.
»Wer von Ihnen hat den Mut, uns auf die Schönheitsfarm zu begleiten?«
Niemand rührte sich.
Jemand aus dem Publikum rief: »Machen Sie weiter! Wir sind hier nicht auf einer Werbeveranstaltung. Das ist doch die Höhe!«
Beifälliges Gemurmel wurde laut. Auch Sheila regte sich auf. Sie hatte sich wirklich etwas anderes davon versprochen, und Jane Collins stimmte ihr zu.
Ich hob meinen Blick und sah mir wieder die beiden Mannequins an. Noch immer standen sie nebeneinander. In ihren Gesichtern regte sich nichts. Groß kamen mir die Augen vor. Die Brauen erinnerten mich an Balken.
»Niemand?« fragte die Valeri. »Findet sich denn niemand bereit, uns zur Schönheitsfarm zu begleiten?«
»Hören Sie auf!«
»Nein, Monsieur«, erwiderte sie kalt. »Wir fangen erst an. Wenn Sie nicht freiwillig mitkommen, müssen wir nachhelfen.« Und während sie dies sagte, zeigte sie ein Lächeln.
Dazu mußte sie den Mund öffnen.
Vielleicht hatten es die anderen auch gesehen und hielten es für eine Täuschung.
Ich jedoch nicht. Deutlich erkannte ich die beiden Vampirzähne im Oberkiefer der Frau…
***
Suko saß zu ungünstig. Er hatte die beiden Mannequins zwar gesehen, da sich Shao jedoch in diesem Augenblick bewegte, geriet sie mit ihrer Haarpracht in sein Blickfeld.
Ich sprang auf.
Das geschah so heftig, daß der Stuhl zurückflog und zu Boden polterte. Einige Gäste schauten erschreckt, manche sogar bösartig und etwas verstört.
Ich ließ mich nicht beirren. Was ich gesehen hatte, das hatte ich gesehen.
Zum Glück saßen wir nahe der Bühne. Ich brauchte nur um den Tisch herum, gab mir selbst Schwung und jumpte mit einem Satz auf den Laufsteg.
Beide Mannequins blickten überrascht. Aus dem Publikum wurden Protestrufe laut, die mich nicht weiter störten, denn ich zog blitzschnell mein Kreuz. Zum Glück verhakte es sich nicht am Kragen, so daß ich es im Licht der Scheinwerfer aufblitzen sah.
Violetta Valeri, von der ich annahm, daß es sich um eine Wiedergängerin handelte, sah das Kreuz.
Wie unter einem Stromstoß stehend, reagierte sie. Ihre Augen weiteten sich, für einen Moment tanzten darin winzige Funken, dann verzog sich ihr Gesicht voller Panik, und der Mund bildete dabei einen offenstehenden Halbmond.
Im nächsten Moment kreischte sie auf. Es hörte sich an wie der schrille Ton einer Sirene, er gellte mir in den Ohren, und ich wuchtete mich vorwärts.
Ein Sieg wurde es nicht. Denn Violetta Valeri reagierte fast traumhaft sicher. Sie packte hart zu, bekam Angie Halls Hüften zu fassen und schleuderte das Mannequin auf mich zu.
Ein für sie glücklicher Zufall wollte es, daß Angie nicht gegen meine rechte Seite prallte, denn in der rechten Hand hielt ich mein Kreuz. Sie kreiselte nach links, wollte noch nach mir schlagen, doch der Steg war auf
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