0187 - Mannequins mit Mörderaugen
anderes als die Liebe, verstehst du nicht? Den Louvre, den Eiffelturm, Bois de Boulogne, die zahlreiche Museen, die Kirchen…«
»Und den Verkehr…«
»Welchen meinst du?« fragte Jane mißtrauisch.
»Den Autoverkehr natürlich. Also, du kannst sagen, was du willst, ich fühle mich hier wirklich unwohl. Das ist meine Meinung, und dabei bleibe ich auch. Basta.«
»Bitte, wie du willst.«
Suko und Shao standen neben uns. Der Chinese kniff ein Auge zu und nickte verständnisvoll, während sich Shao natürlich auf die Seite der Detektivin stellte, das war ihr deutlich anzusehen. Zudem hatte sie immer beifällig genickt, als Jane Collins redete.
Wir befanden uns in einem sagenhaften Bauwerk. Im Centre Pompidou. Dieses neu errichtete Gebäude hätte schon in einen Zukunftsfilm gepaßt. Da gab es eigentlich nichts, was es nicht gab. Kunst und Geschäft unter einem Dach.
Museen, Ausstellungsräume, Hallen für Veranstaltungen wie diese Modenschau, Aufgänge, Treppen, Rolltreppen, einzelne Gebäudeteile durch gewaltige Glasröhren verbunden, die von Menschen als Laufstege und Gänge benutzt werden konnten, es war einmalig, wirklich. Dabei konnten gleich mehrere Veranstaltungen unter einem Dach stattfinden, das war das Gute daran.
Hin und wieder stellte ich mich auf die Zehenspitzen, weil ich nach Sheila Conolly Ausschau hielt. Sie war allerdings nicht zu sehen. Wie sie uns zuvor gesagt hatte, wartete sie auf einige Leute aus der Modebranche, die sie hier im Foyer treffen wollte und wahrscheinlich schon getroffen hatte. Den PR-Chef ihrer Firma hatte Sheila auch herbestellt, er sollte sich einmal umschauen, und wie ich aus Sheilas Worten herausgehört hatte, wollte sie in die Modebranche einsteigen. Vielleicht mit eigenen Kreationen, denn Geschick, Fleiß und Ausdauer besaß Sheila schließlich.
Smoking trugen Suko und ich nicht. Ich hatte mir einen sportlichen dunkelblauen Cordanzug übergestreift, der so geschnitten war, daß die Waffen nicht auffielen. Suko trug ebenfalls einen Anzug, und darin fühlte er sich immer unwohl.
Anders die Frauen.
Ich brauchte nur Shao anzuschauen. Sie als Exotin fiel besonders auf. In ihrem schwarzen Haar steckte eine rote Blüte. Dazu war die lange Flut an einer Seite zurückgekämmt und wurde von einer farblich zur Blüte passenden Klammer gehalten.
Das schwarze Kleid war eines dieser Flattermodelle, die man heutzutage trug und mich an Umstandskleider erinnerten.
Allerdings war der Stoff nicht nur schwarz. Es gab auch dunkelgrüne Längsstreifen, die von oben nach unten hineingewebt worden waren. Diese Streifen schimmerten seidig. Vorn in der Mitte zeigte das Kleid einen Schlitz, der bis über die Waden reichte.
Jane brauchte sich ebenfalls nicht zu verstecken. Sie hatte das blonde Haar hochgesteckt, und ihr Kleid zeigte eine krebsrote Farbe.
Es war nicht so lang wie das von Shao, mehr ein Hängerchen, wie man so schön sagte, aber der Schneider oder Hersteller hatte viel Stoff verwendet, denn das Kleid war an einigen Stellen gerafft. Um Janes Hals klirrte moderner Modeschmuck, bunte Ketten, die glitzerten, wenn Licht auf sie fiel.
Um uns herum befand sich Publikum, angestrahlt von den modernen Leuchtern an der Decke. Ein wirklich buntes Völkchen, vom Gigolo angefangen über den schwergewichtigen Geschäftsmann, der seine Frau zu Hause gelassen und seine Gespielin mitgenommen hatte, bis hin zu den Damen der Gesellschaft, die voll in die Schminktöpfe gegriffen hatten, damit die Falten wegretuschiert wurden. Es war wirklich etwas los. Man wurde gesehen und wollte natürlich auch gesehen werden.
Daß dies geschah, dafür sorgten Fotografen. Sie schossen die Bilder, die man später in einschlägigen Illustrierten der Regenbogenpresse fand.
Wir waren ziemlich fotoscheu. Immer wenn einer der Knaben in unserer Nähe herumtänzelte, wandten wir uns ab.
Dann erschien einer der Modekönige von Paris. Er hatte sein Haar im Nacken zu einem Zopf zusammengeflochten und war sofort von Fotografen, Reportern und Mädchen umringt.
Auch Jane bekam glänzende Augen. »Das ist er«, sagte sie.
»Wer?«
Sie schaute mich an, als käme ich vom Mond und hätte dort die letzten fünfzig Jahre verbracht. »Kennst du ihn nicht?«
»Nein.«
Sie nannte den Namen.
»Ja, der ist mir bekannt, und vor allen Dingen die Preise seiner Klamotten.«
»Daß du gleich immer so denken mußt. Was meinst du dazu, Shao?«
Die Chinesin lächelte und nickte. Ihrem Gesicht war anzusehen, daß es ihr
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