0189 - Dämonen im Raketencamp
plötzlich ging auf allen Gesichtern die Sonne auf, denn die Person, die soeben das Lokal betreten hatte, mochten wir alle gut leiden und hatten sie ins Herz geschlossen.
Es war Sarah Goldwyn, von uns liebevoll Horror-Oma genannt. Sie durfte ja in dem Reigen nicht fehlen.
»Sarah Goldwyn!« rief ich, klatschte in die Hände und sprang auf, um der Horror-Oma entgegenzulaufen. Auch Bill tat es, und wir bemühten uns beide, ihr aus dem Mantel zu helfen.
»Kinder, Kinder, macht doch nicht so einen Wirbel um mich alte Schachtel. Ich bin schließlich nicht die Königin von Saba.« Sie freute sich aber doch, daß wir uns um sie kümmerten, und die fünf Ketten, die sie um ihren Hals gehängt hatte, klirrten gegeneinander.
»Jetzt muß ich aber erst zu Suko«, sagte sie und steuerte den Tisch an.
Die anderen Gäste beobachteten uns kopfschüttelnd, wie wir Lady Sarah unterhakten und in die Mitte nahmen.
Suko war aufgestanden, und Lady Sarah blieb vor dem Tisch stehen.
»Komm her!« sagte sie.
»Jawohl, Frau Sergeant!«
Und dann fiel sie Suko um den Hals. »Ich gratuliere dir von ganzem Herzen. Du glaubst gar nicht, wie ich mich für dich freue. Mein Gott, du hast es geschafft.« Suko bekam einen Kuß auf die linke und anschließend auf die rechte Wange. Sie hatte auch noch ein Geschenk für ihn Eine kleine Goldmünze, auf deren Oberseite Sukos Name und das Datum seiner Einstellung eingraviert worden waren.
»Als kleine Erinnerung«, sagte sie.
Suko bedankte sich und bat Lady Sarah, sich neben ihn zu setzen.
Um an den Platz zu gelangen, mußte die Horror-Oma an mir vorbei.
»Von Ihnen bin ich enttäuscht, mein Junge.« Sie sagte immer mein Junge zu mir.
»Warum?«
»Wie lange haben Sie nichts mehr von sich hören lassen?! Ich rief zweimal an, und da erzählte man mir, daß Sie in der Weltgeschichte herumreisen.«
»Wir hatten viel zu tun.«
»Das müssen Sie mir erzählen. Ihr glaubt ja gar nicht, Kinder, wie neugierig ich bin. In der letzten Zeit war es so langweilig. Keine Dämonen, keine Geister, nur die neuen Filme haben mir das Leben versüßt.«
Man muß wissen, daß Lady Sarah ein Faible für Horrorstreifen und Krimis hat.
Sie schaut sich jeden neuen Horrorfilm an und kauft sich auch alles an Literatur darüber, was sie nur finden kann.
»Ich habe übrigens den Speicher umbauen lassen«, erzählte sie.
»Ist das der, auf dem ich den Werwolf gejagt habe?« fragte ich.
»Genau.«
»Und?«
Lady Sarah lächelte verschmitzt. »Der ist jetzt ein Kino geworden. Ich hole mir die neuesten Streifen auf Kassette. Wenn ich mal einen Film verpaßt habe, kann ich ihn mir in Ruhe zu Hause anschauen.« Als sie das sagte, strahlte sie.
Wir lachten. Das war genau das Richtige für unsere Horror-Oma. Ein Heimkino. Etwas Besseres hätte sie sich wirklich nicht aussuchen können.
»Gibt es denn nichts zu trinken?« beschwerte sie sich. »Hier ist ja eine sehr trockene Luft, wirklich, Suko.«
»Entschuldigen Sie. Was möchten Sie denn?«
Sarah Goldwyn rollte mit den Augen. »Was unser kleiner Geisterjäger trinkt.«
»Also Bier?«
»Natürlich. Glauben Sie denn, ich würde hier Wasser trinken? Davon kriegt man Läuse in den Bauch. Außerdem wird mich sicher einer der Herren oder lieber eine der Damen zu früher Stunde nach Hause fahren.«
Suko zeigte ein enttäuschtes Gesicht. »Sie wollen schon wieder früh gehen?«
Sarah Goldwyn nickte, während ich ein Bier bestellte. »Natürlich. Aber früh ist bei mir immer nach Mitternacht.« Sie lächelte verschmitzt. »So Freunde, und jetzt will ich mein Bier.«
Das bekam sie auch.
Lady Sarah hatte einen wirklich guten Schluck. Sie trank, verdrehte die Augen und stellte das große Glas ab. »Ein sehr gutes Bier, das kann ich sagen. Schließlich kenne ich mich da aus. Mein zweiter Gatte, der große Lord habe ihn selig, besaß einige Anteile an Brauereien. Manchmal bin ich mit zum Probieren gefahren. War eine gute Sache, kann ich euch sagen.«
Das glaubten wir ihr unbesehen. »Habt ihr Glenda Perkins nicht eingeladen?« fragte sie dann.
»Sie kommt etwas später. Zusammen mit Sir James«, erwiderte ich.
»Oh, der Alte auch?«
Wir lachten, als wir die respektlose Anrede hörten. Sarah Goldwyn fühlte sich wohl, und auch wir waren in Stimmung. Zwei Minuten später allerdings nicht mehr. Da wurde die Tür aufgedrückt, und jemand erschien, den ich zwar kannte und auch schätzte, aber zu diesem Zeitpunkt nicht gern sah.
Es war Sir James Powells Fahrer. Er hatte uns
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