0195 - Die Modegangster von New York
geduldig an, stützte die Arme auf den Tisch und legte die Fingerspitzen zusammen.
»Was Sie mir da vorgetragen haben, Jerry, ist recht einleuchtend, wenigstens für mich, aber was würde der Staatsanwalt dazu sagen, wenn Sie ihm mit so vagen Beweisen und Anschuldigungen kommen? Er würde Sie zweierlei fragen. Wer ist das blonde Mädchen, das man Ihrer Überzeugung nach, an Stelle von Blanche Santou in den River geworfen hat? Hat die Santou die Entwürfe Duringers gemacht und wenn dies so sein sollte, wo hält sie sich auf? Der springende Punkt des Falles scheint mir in der Frage zu liegen, ob die Identifikation der Toten einwandfrei vorgenommen wurde. Wie Sie behaupten, scheidet Susan Sarge aus. Das nehme ich ihnen ohne Weiteres ab. Der Mord an Mrs. Doctus ist noch ungeklärt. Ihre Angaben, sie sei auf eine dringliche Befragung hin unsicher geworden und sogar zusammengebrochen, haben keine Beweiskraft vor Gericht. Der Mord an Pat Slong ist laut Bericht der Stadtpolizei ein Eifersuchtsdrama, und der mutmaßliche Täter befindet sich auf der Flucht.«
Gerade in diesem Augenblick schlug der Fernsprecher an. Mr. High meldete sich, und während er zuhörte, warf er mir einen Blick zu, den ich nicht zu deuten wusste.
»Danke, Lieutenant«, sagte er, hängte ein und berichtete: »Lewis Edwards, der verschwundene Freund von Pat Slong, ist heute Nacht in El Paso beim Versuch, die Grenze nach Mexiko zu überschreiten, verhaftet worden. Bei der ersten Vernehmung bestritt er leidenschaftlich seine Freundin getötet zu haben. Er gibt an, geflüchtet zu sein, um seinen Gläubigern zu entgehen. Lieutenant Crosswing ist der Überzeugung, ihn überführen zu können.«
Ziemlich niedergeschlagen ging ich hinüber in mein Büro, wo eine Meldung der Telefonleute lag. Sie hatten den Draht des Telefonapparates im Clubzimmer des KROKODILS ein paar hundert Meter weit über die Dächer der Bowery verfolgen können. Dann war er plötzlich zu Ende, und zwar frisch abgeschnitten. Das hatte ich meiner eigenen Voreiligkeit zuzuschreiben.
Hätte ich mich nicht gemeldet und dummes Zeug geredet, so wäre der Gangsterboss nicht gewarnt worden.
Ich suchte verzweifelt nach Anhaltspunkten und dachte dabei an den Graubart, den der Wirt Pete genannt hatte und der früher eine Rolle bei Parlor-Mob spielte. Ich fragte beim Erkennungsdienst an und hatte fünf Minuten später seine Karte in Händen.
Die letzte Strafe lag neun Jahre zurück. Er war damals wegen Erpressung verurteilt worden. Ob die angegebene Wohnung noch stimmte, wusste ich nicht, aber ich schickte zwei unserer Leute los, um ihn zu suchen.
Dann brütete ich über den Akten.
Ich kam an mein Protokoll über die Haussuchung in Pat Slongs Wohnung, die ergebnislos verlaufen war. Und doch musste sie etwas im Besitz gehabt haben, das nicht nur mich, sondern auch andere Leute interessierte.
Ich rief bei dem Hausmeister an und erfuhr, dass das Siegel an der Tür noch unberührt war. Es hatte auch niemand nach ihr gefragt.
Da stieß ich auf die Notiz, dass Sie ein Konto bei der First National unterhielt. Das hatte ich übersehen. Wenn jemand etwas Besonderes sicher aufbewahren will, so deponiert er es bei seiner Bank.
Ich griff zum Telefon und fragte nach, aber man weigerte sich, mir Auskunft zu geben, wenn ich nicht selbst dort erscheine.
Eine Viertelstunde später stoppte ich vor dem fünfzig Stockwerke hohen Turm, der die Hausnummer Wallstreet Nümmer 2 trägt.
Ich legitimierte mich und sprach zuerst mit einem Prokuristen, dann mit dem Assistent Manager.
»Sie kennen unsere strengen Prinzipien«, sagte dieser. »Ich dürfte Ihnen eigentlich ohne richterlichen Befehl keine Auskunft geben, aber in diesem Fall glaube ich einen Ausweg gefunden zu haben. Der Bruder der so tragisch ums Leben gekommenen, ist heute Nacht in New York eingetroffen und spricht zurzeit mit meinem Kollegen. Es handelt sich dabei um die Übernahme des Kontos. Da kein Testament vorhanden ist, sind noch einige juristische Fragen zu klären, und es muss festgestellt werden, ob er tatsächlich der einzige Erbe ist. Vielleicht sind Sie so freundlich, mich zu begleiten.«
Pats Bruder sah dieser wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich. Ich bekam einen Schock, als ich ihn sah.
Der Assistent Manager erklärte ihm mein Anliegen, und ich fügte hinzu, dass es dabei um die Festnahme des Mörders seiner Schwester gehe.
Der Beamte, der mit ihm unterhandelt hatte, nahm das Wort.
»Mr. Slong hat mir die Totenscheine seiner
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