0196 - Gangsterschlacht in Norfolk Street
einem entfernten Tisch erhob sich ein Junge, der nicht älter als neunzehn Jahre war und dem ich am liebsten die Rückseite versohlt hätte, weil er sich des Nachts noch in dieser Spelunke herumtrieb. Vorläufig jedoch musste ich diese Gelüste unterdrücken.
Als der Bengel heran war, bekam Black Jim ihn vorn an der Jacke zu fassen und schubste ihn auf einen leeren Stuhl.
»Du hast dich vorhin mit Mike und Pete unterhalten. War da nicht von einer Stella die Rede?«
»Bekomme ich nichts zu trinken?«, maulte der Junge mit einem begehrlichen Blick auf die Gin-Flasche.
»Eine Milchflasche kannst du haben, du Lausejunge. Gib Antwort, oder ich schlage dir ein paar hinter die Löffel.«
Black Jim hob drohend die Pranke.
»Ja, Jim. Ist ja gut, ich will ja gar nichts«, winselte der Bengel.
»Dann gib Antwort.«
»Stella, sagtest du? Ich… weiß… wirklich nicht.«
Klatsch. Jack fuhr mit der Hand ins Genick, wohin ihn der Schlag getroffen hatte. Er kroch in sich zusammen wie ein Köter, der Angst hat, verprügelt zu werden.
»Ja, Mike und Pete redeten über eine gewisse Stella… Aber du darfst mich nicht verraten, Jim.«
»Seh ich so aus?«, grollte unser neuer Freund. »Wo ist die Stella und was haben sie mit ihr gemacht?«
»Was sie mit ihr gemacht haben, weiß ich nicht«, sagte der Bengel. »Aber was sie mit ihr Vorhaben, das haben sie gesagt. Sie wollen etwas von ihr wissen. Sie sagten, ihr Freund hätte etwas bei ihr versteckt, und sie würden sie langsam auseinandernehmen, wenn sie nicht auspackt.«
»Die sollen acht geben, dass sie nicht auseinandergenommen werden. Weißt du, wo sie das Mädchen hingeschafft haben?«
»Sie sprachen von der roten Ellen.«
»Die rote Ellen… Die Alte kenne ich. Hast du mich auch nicht angelogen?«
»Ich werde dich doch nicht anlügen, Jim.«
»Möchte ich dir auch nicht angeraten haben, wenn dir deine Ohren lieb sind.«
»Kann ich jetzt wieder gehen?«, fragte der Junge kleinlaut.
»Ja, gleich.«
Jim winkte und ließ sich ein Wasserglas bringen. Dieses Wasserglas füllte er mit Gin.
»Prost.«
Jack sah auf uns, auf Jim und das Glas.
»Du wolltest doch was zu trinken haben, du Rotznase. Also los, aber wenn ein Tropfen drinbleibt, schneide ich dir die Ohren ab.«
Wie zur Bekräftigung fischte er ein Taschenmesser heraus und ließ die Klinge aufspringen. Jack schien ihm allerhand zuzutrauen. Er wurde blass, aber riss sich zusammen.
Er setzte das Glas an die Lippen und schüttelte den Schnaps hinunter.
»So, jetzt sind wir wenigstens sicher, dass du nichts erzählt«, feixte Jim, lehnte sich bequem zurück und sah zu, wie der Boy gelb im Gesicht wurde, anfing zu schwanken und den Kopf auf den Tisch legte.
»Den sind wir los. Jetzt aber auf zur roten Ellen. Sie ist ein übles Stück, und ich möchte tatsächlich nicht das Mädchen sein, das ihr in die Finger fällt.«
Wir zahlten, das heißt, ich erledigte den ganzen Kram, und dann machten wir uns im Eiltempo davon.
»Stanton Street, Ecke Forsyth«, befahl Neville, der sich auf den Beifahrersitz geklemmt hatte.
Es war eine Strecke von knapp fünf Minuten. In der Mitte von Forsyth Street lief eine Parkanlage. Aber die Bäume und Sträucher wollten hier im unteren East End nicht wachsen, die Grasnarben blieben immer grau. Es war so, als ob sogar die Natur streiken wollte.
Die ROTE ELLEN war zu meiner Überraschung ein kleines Lokal. Über der Eingangstür hing eine rote Laterne, und durch die winzige Fensterscheibe schien rotes Licht.
Es war Black Jim, der die Tür auf stieß und zuerst eintrat. Wir folgten.
Auch hier gab es eine Bar, und hinter dieser standen, Ellbogen an Ellbogen sieben Mädchen, die ebenso viel Gäste mit Drinks versorgten und selbst kräftig mithielten, was zur Folge hatte, dass die Mehrzahl nicht mehr ganz aktionsfähig war.
Aber auch in einer Ecke des Lokals hockte eine ganze Gruppe von »Damen«, die sich bei unserem Eintreten in Bewegung setzte.
Jim schob die vorderste, ein rot gefärbtes Mädchen, einfach zur Seite und fragte. .
»Wo ist Ellen?«
Er erhielt keine Antwort, und da marschierte er auf eine Seitentür zu und riss diese auf. Die Mädchen fingen an zu protestieren und zu schimpfen, aber keiner kümmerte sich darum. Es ging eine schmale Treppe hoch in den ersten Stock.
Wir waren gerade halbwegs, als oben ein Koloss von einem Weib - man kann sie gar nichts als Frau bezeichnen - erschien. Sie hatte die Figur eines aus dem Leim gegangenen Nilpferdes, brandrot gefärbtes
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