0199 - Hyänen für den Henker
Erpressung einlassen. Beim ersten Versuch hätte er sich nur an die Stadtpolizei oder an uns zu wenden brauchen.«
»Und was hätten wir für ihn tun können? Nichts. Dabei fällt mir die kleine Chinesin ein. Schließlich war sie es, die die Bekanntschaft mit ihrem Bruder vermittelt hat. Ich hoffe, man hat sie in Ruhe gelassen.«
»Das können wir leicht feststellen.«
Ich wendete den Wagen und fuhr nördlich über die Lexington Avenue, den Harlem River und den Grand Boulevard, bis wir in Phelan Road einbogen.
»Hier ist es«, sagte Phil, und ich stoppte.
Das Häuschen lag friedlich da. Nichts deutete mehr auf die Ereignisse der Nacht hin, nichts als ein Blutfleck auf dem Boden vor der Eingangstür.
Die Fensterläden waren immer noch geschlossen und auf unser Klingeln rührte sich niemand. Ich machte, was man unter solchen Umständen immer tut, ich erkundigte mich im Haus gegenüber, ob man Mi gesehen hätte.
»Ja, sie war gestern Abend spät noch zu Hause. Sie kam mit einem Taxi, ließ es warten und verschwand mit einem Koffer«, berichtete die Frau.
Wir bedankten uns und fuhren zurück ins Office.
Die kleine Mi war klüger, als ich gehofft hatte. Sie war aller Gefahr und ällen Schwierigkeiten aus dem Weg gegangen. Wenn ein Chinese untertauchen will, wird kein Gangster und kein FBI-Mann ihn jemals finden. Mi würde zu gegebener Zeit wieder auftauchen. So waren wir wenigstens eine Sorge los.
Unterwegs schlangen wir in einem Quicklunch-Restaurant ein paar Bissen hinunter.
»Es wartet jemand schon seit zwei Stunden auf Sie, Mister Cotton«, sagte unser Mann an der Anmeldung.
Im Wartezimmer saß ein Junge in Slacks und Lederjacke. Ich konnte mich nicht an sein Gesicht erinnern, aber er schien mich zu kennen.
»Endlich, Mister Cotton«, sagte er. »Ich wollte schon wieder gehen. Kennen Sie mich nicht mehr?«
»Ich weiß wirklich nicht«, antwortete ich. »Zwar habe ich im Allgemeinen ein gutes Gedächtnis, aber…«
»Ich bin Ben Corver. Wir haben uns gestern im Café Bohemia gesehen.«
Das genügte. Ich winkte ihm, und wir gingen in mein Dienstzimmer.
»Setzen Sie sich, und stecken Sie sich eine ins Gesicht«, sagte ich so freundlich wie möglich. »Ich nehme an, Sie wollen mir was erzählen.«
»Ja, das wollte ich, aber jetzt bekomme ich…«
Er stockte.
»Sie wollen sagen, Sie bekommen kalte Füße, aber das geht vorüber. Was Sie uns hier erzählen, ist vertraulich. Kein Mensch wird davon erfahren, und wenn Ihre Information was wert ist, wird sie entsprechend honoriert. Also, was ist los?«
»Es geht um Jimmy, den Sie gestern so prima bedient haben. Der Kerl hatte die Abreibung nötig. Sie müssen wissen, er terrorisiert die ganze Gegend. Er gibt damit an, dass er ein großer Fisch beim Syndikat wäre, und irgendwas muss daran wahr sein. Vor ein paar Tagen hat er fünf von dem Jungen gegen zwanzig Dollar pro Nase engagiert, damit sie einen Fleischerladen in der First Avenue überfielen und ausräumten. Merkwürdigerweise durften sie das gestohlene Fleisch behalten, wenigstens bis auf ein Stück, das Jim für sich selbst mitnahm. Er sagte auch, es hätte sich darum gehandelt, dem Inhaber einen Schrecken einzujagen.«
»Hat er noch mehr derartige Streiche gemacht?«
»Nein, aber er hat versprochen, es würde für zuverlässige Leute eine Menge Verdienst geben. Er müsse sich nur auf sie verlassen können. Dann meinte er noch, so ganz beiläufig, wenn einer pfeife, dann könnte er ihm nur raten, schleunigst sein Testament zu machen.«
»Das war sicherlich nur eine faule Redensart«, lachte Phil, aber unser Besucher blieb ernst.
»Nein, das war es bestimmt nicht. Ich kenne Jimmy. Wenn er so was sagt, dann meint er es auch so.«
»Wissen Sie den Namen und die Adresse des Fleischers, dessen Laden man ausgeräumt hat?«
»Die genaue Adresse weiß ich niöht. Er heißt Hofman und wohnt, wie ich schon sagte, in der First Avenue.«
Ich gab dem Jungen fünfundzwanzig Dollar und versprach ihm mehr, wenn er uns weiter über alles Wissenswerte unterrichten würde. Dann rapportierten wir bei Mister High.
»Also doch« sagte der Chef. »Hat sich in der Zwischenzeit wieder einer bei Ihnen gemeldet?«
»Das können wir nicht sagen. Wir waren glücklicherweise nicht zu Hause«, grinste mein Freund.
Das Nächste war, dass wir alle verfügbaren Leute auf den Zigarettenladen ansetzten,'in dem die erpressten Gelder aus China Town abgeliefert worden waren. Wenn dabei etwas herauskam, so war es
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