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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Geier, der das Aas auf weite Entfernung riechen kann. Jedoch hält er sich in sicherer Distanz, bis jede mögliche Gefahr vorüber ist.« Deshalb jagte er mir diesmal keinen wirklichen Schrecken mehr ein.
    Sobald Pluribus mich entdeckt hatte, eilte er auf mich zu. Ich war im letzten Jahr um einiges gewachsen, doch er überragte mich immer noch um einen guten Kopf.
    »Sieh an, der kleine Bewahrer «, krächzte er. Ich wollte zur Seite treten, aber er rückte einen Schritt näher an mich heran und beugte sich über mich. Unwillkürlich drehte ich mich weg, um mich vor seinem Atem zu schützen.
    »Was wollen Sie?«, fragte ich. »Ich habe nichts mit Ihnen zu schaffen.« Es klang etwas aggressiver, als ich beabsichtigt hatte. Jetzt hätte ich mich doch wohler gefühlt, wenn der Bücherwurm in der Nähe gewesen wäre.
    »Hah!« Er stupste mich mit seinem Zeigefinger in die Schulter. »Die Schatten kommen. Das ist dein Werk.«
    »Die Schatten?« Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    »Versuch nicht, mich für dumm zu verkaufen«, zischte er. »Es ist das erste Mal seit vielen Hundert Jahren, dass die Schatten sich wieder aus der Dunkelheit wagen. Das tun sie nur, wenn eine ungewohnt rege Aktivität der Bewahrer zu verzeichnen ist. Also: Was habt ihr vor?«
    Ich wusste wirklich nicht, worauf er hinaus wollte. Doch wie sollte ich ihn davon überzeugen? Pluribus schien mir kein Mensch zu sein, der vernünftigen Argumenten zugänglich war.
    Erneut pikste er mich mit seinem Zeigefinger. Hatte der Mann noch nie etwas von einem Nagelknipser gehört? Aber seiner Kleidung nach zu urteilen, gingen die Segnungen der Zivilisation ziemlich spurlos an ihm vorüber.
    »Jetzt hören Sie mal zu«, sagte ich und stieß seine Hand beiseite. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden, und will es auch nicht wissen. Lassen Sie mich einfach in Ruhe mit Ihren Schatten!«
    »Oho!« Er trat überrascht einen Schritt zurück. Ich nutzte die Gelegenheit, um das Buch, das ich immer noch in der Hand hielt, wegzulegen und so ein wenig mehr Bewegungsfreiheit zu gewinnen. Richtig Angst hatte ich vor ihm nicht. Er würde es nicht wagen, mir hier im Laden des Bücherwurms etwas zu tun. Aber Vorsicht konnte nie schaden.
    »Du glaubst wohl, weil du den Slivitskys eins ausgewischt hast, bist du jetzt der Größte, was?« Seine Stimme klang höhnisch. »Du denkst, du kannst eine dicke Lippe riskieren, nur weil du einmal davongekommen bist. Sieh dich vor, Junge! Die Schatten lassen sich nicht so einfach ins Bockshorn jagen. Gegen sie sind die Slivitskys nur Waisenkinder.«
    Er kam wieder auf mich zu, und ich musste all meinen Mut zusammennehmen, um nicht vor ihm zurückzuweichen. »Du weißt genau, was vorgeht, Junge. Das sehe ich dir an. Mich kannst du nicht so leicht täuschen.«
    »Erklären Sie mir doch einfach, worum es sich bei diesen Schatten handelt«, sagte ich. »Dann werden wir ja sehen, ob und was ich weiß.«
    »Spiel nur nicht den Unwissenden«, höhnte Pluribus. »Die Ankunft der Schatten spricht sich bei den Eingeweihten schnell herum.« Er beugte sich erneut zu mir hin. Diesmal bewegte ich mich nicht. »Glaub bloß nicht, du kannst ihre Macht für deine Zwecke nutzen! Daran sind schon ganz andere gescheitert.«
    Ohne ein weiteres Wort richtete er sich auf, marschierte zur Tür und verschwand aus dem Laden. Ich starrte ihm sprachlos hinterher. Irgendetwas musste an dieser Sache mit den Schatten dran sein, sonst hätte er sich nicht so aufgeregt. Auch sein letzter Besuch war eine Art Vorankündigung für die folgenden Ereignisse gewesen, die Larissa und mich in eine Menge Gefahren gestürzt hatten.
    Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, wurde die Tür aufgerissen und Larissa stürzte herein. Sie war völlig außer Atem und wedelte mit einem Blatt Papier herum.
    »Sieh mal!«, keuchte sie. »Das habe ich gerade in unserem Briefkasten gefunden!«
    Ihr Gesicht war gerötet. Offenbar war sie den ganzen Weg von zu Hause bis hierhin gelaufen. Sie hielt mir den Zettel in ihrer Hand hin. Ich faltete ihn auseinander. Darauf standen nur wenige Worte in einer krakeligen Schrift:
     
    Wenn du etwas über deine Eltern erfahren willst, dann komm heute um Mitternacht zur Schillerbüste im Stadtpark.
     
    Das war alles. Kein Absender, keine Adresse. Nur dieser eine Satz. Ich verstand Larissas Aufregung nur zu gut. Ihre Eltern waren vor fast neun Jahren auf einer Forschungsreise ums Leben gekommen. Seitdem lebte sie bei ihrem Großvater, dem

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