02 Arthur und der Botschafter der Schatten
dahinbummelnden Touristen ließen uns beinahe vergessen, was wir hier noch vor kurzer Zeit erlebt hatten.
Etwa fünfzig Meter vor dem großen Onofrio-Brunnen bog Lidija links in eine Gasse ab. An einem unscheinbaren Haus blieb sie stehen.
»Dies ist das Držić-Museum«, erklärte sie. »Hier hat der Erfinder von Pomet gelebt.« Sie deutete auf das Nachbarhaus. Erst jetzt sah ich, dass es sich dabei um eine winzige Kirche handelte. »Marin Držić war nicht nur ein Schriftsteller, sondern auch ein Kaufmann, ein Pfarrer und in seinen späten Tagen ein Hochverräter. Dies war seine Kirche. Er hatte sich vom Keller seines Wohnhauses einen Geheimgang bauen lassen, über den er dorthin gelangen konnte, ohne einen Fuß vor die Tür setzen zu müssen.«
Lidija stieß die Türe auf und wir traten ein. Ich blieb überrascht stehen.
Nur wenige Meter von uns entfernt saß Pomet auf der Lehne eines Sessels. Er reckte einen Arm in die Höhe, so als ob er uns zuwinken würde, und kniff verschwörerisch ein Auge zu. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich, dass es sich hier um eine lebensgroße Puppe handelte. Daneben führte eine Treppe mit frei schwebenden Holzstufen in den ersten Stock. An einer der Stufen hing ein Wesen, dessen Oberkörper menschlich war, der Unterleib jedoch der eines Ziegenbocks. Mit seinen Armen klammerte es sich an die Treppe, während seine mit Fell bewachsenen Ziegenbeine in der Luft baumelten. Dahinter war eine hübsche, bezopfte Frau in einem schwarzen Kleid auf die Knie gesunken und blickte traurig auf die andere Seite des Raums, wo ein älterer Mann mit ernstem Gesichtsausdruck stand. Er hielt einen Stock und einen kleinen Krug in den Händen.
»Das sind Puppen der Hauptpersonen aus Držićs Stücken«, erklärte Lidija, nachdem sie die beiden Frauen, die an der Kasse hinter dem Eingang saßen, begrüßt hatte. »Seht ihr jetzt, warum ich so erstaunt war, euren Begleiter zu treffen?«
Die Pomet-Figur auf dem Sessel sah unserem Helfer wirklich verblüffend ähnlich. Ich trat näher an ihn heran und ging einmal um ihn herum. Fast erwartete ich, dass er jeden Moment aufspringen und uns begrüßen würde. Aber nichts dergleichen geschah.
»Erstaunlich«, sagte Larissa, die neben mich getreten war. Einige Minuten betrachteten wir die Figur schweigend. Sie war wirklich mehr als lebensecht. Jetzt verstand ich Lidijas Überraschung, als sie Pomet zum ersten Mal in meiner Begleitung begegnet war.
Auf dem Weg zu ihrem Auto, das hinter dem Buža-Tor geparkt war, sprach keiner von uns ein Wort. Nachdem Lidija uns durch den Stadtverkehr auf die Straße in Richtung Cavtat manövriert hatte, konnte sie aber nicht mehr an sich halten.
»Wo ist euer Freund denn eigentlich geblieben?«, fragte sie. »Und was wisst ihr über ihn?«
»Er hat sich heute Morgen von uns verabschiedet«, erwiderte ich. »Allerdings hat er uns nie gesagt, wo er wohnt.«
»Fandet ihr das nicht merkwürdig?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Wir sind in den letzten Tagen so vielen seltsamen Menschen begegnet, da stach Pomet nicht so besonders hervor.«
Sie warf mir einen scharfen Blick von der Seite zu. »Willst du mir etwa erzählen, dieser Kerl hätte euch nicht zum Nachdenken gebracht?«
»Zum Nachdenken schon«, sagte ich. »Aber nicht darüber, woher er kommt und wer er ist.«
Sie schüttelte verständnislos den Kopf. Ich glaube, sie war ganz froh, dass wir den Rest der Fahrt vor uns hindämmerten und sie uns schließlich am Flughafen absetzen und sich von uns verabschieden konnte.
Marković hatte uns durch einen seiner Mitarbeiter vor unserem Aufbruch noch einen Einreisestempel in unsere Pässe setzen lassen. Das war sehr umsichtig von ihm, denn hier wurden die Papiere bei der Ausreise tatsächlich noch gründlich inspiziert. Ohne Stempel hätte man uns sicher eine Reihe unangenehmer Fragen gestellt.
Der Flughafen von Dubrovnik liegt auf einer Hochebene und besteht im Grunde aus nicht viel mehr als dem Terminalgebäude und einer Start- und Landebahn, die sich parallel zur Küste hinzieht. Eigentlich hätte meine Flugangst hier viel größer sein müssen als bei unserem Abflug nach Córdoba, aber heute war ich viel zu müde, um mir Sorgen zu machen. Kaum waren wir im Abflugbereich angekommen, da überfiel mich schlagartig die Erschöpfung, und ich war froh, als wir endlich in der Maschine saßen. Noch bevor die Räder vom Boden abgehoben hatten, war ich bereits eingeschlafen.
Das war schade, denn wie mir Larissa später
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