02 - Beiss mich, wenn du kannst
dir doch gleich gesagt, dass diese ständige Flaschenkost ihr irgendwann nicht, mehr reichen würde", teilte Mom meinem Vater mit derselben Empörung mit, die sie schon in Bezug auf die Verkehrsverstöße gezeigt hatte. „Hab ich's dir nicht gesagt? Ein Vampir muss jagen. Ende der Geschichte. Offensichtlich können wir uns beherrschen, aber den Hunger vollständig zu verleugnen .. das ist lächerlich."
„Typisch Lil", fügte mein Vater hinzu.
Sie müssen wissen, mir lag nicht allzu viel an der Jagd. Nicht, dass ich nicht jagen könnte, versteht sich, ich zog es nur einfach vor, mein Abendessen aus einem Martiniglas zu mir zu nehmen und mir anschließend noch einen Appletini zu gönnen. Oder, das war meine letzte Entdeckung, einen Kaktus-Margarita. Einfach köstlich. Wissen Sie, dafür nimmt man Zucker anstatt Salz und diesen leckeren Kaktussaft, der so richtig süß ist. .
Augenblick mal. Wo war ich? Ach ja. Während meine Eltern sich größtenteils ebenfalls an das Zeug in Flaschen hielten, gönnten sie sich gelegentlich aber doch das einzig Wahre. Um ihre wilde Seite zu nähren.
Ich weiß, ich weiß. Meine wilde Seite hat höchstwahrscheinlich schon vor ein paar Hundert Jahren das Zeitliche gesegnet. Vielleicht. Aber vielleicht spare ich sie mir ja nur auf, in der Hoffnung, sie bei einem superscharfen Vampir zu entfesseln, der seine Hände einfach nicht von mir lassen kann.
Hey, ganz ausgeschlossen ist das nicht!
„Genau wie bei deiner Cousine Brigitte", fuhr meine Mutter fort. „Weißt du noch, als sie beschlossen hatte, Nonne zu werden und auf Männer und Blut zu verzichten? Sie hat's ganze zwei Wochen ausgehalten und dann einen Vertreter für Lexika praktisch leer gesaugt und anschließend ihre Zähne auch noch in den kostenlosen Globus gehauen."
„Den Globus?"
„Nun ja, zu diesem Zeitpunkt hatte sie natürlich schon vollkommen den Verstand verloren. Wenn du mich fragst, so hatte sie allerdings schon vorher nicht mehr alle Tassen im Schrank. Stellt euch nur mal vor: eine Nonne. Es ist zu grauenhaft, um darüber nachzudenken."
„Lil hat aber weder den Verstand verloren noch jemanden ausgesaugt. Sie hat einen Mann in kleine Stücke gehackt."
„Das ist doch absurd. Nicht, dass ich mich nicht freuen würde, wenn unsere Tochter ihrem gesunden Jagdtrieb ab und zu einmal nachgeben würde. Aber unsere Art tötet nicht, das weißt du doch, Remy. Außerdem hat Lilliana eine volle Woche lang geweint, als ihr Bruder ihrer Lieblingspuppe den Kopf abgerissen hatte. Das weißt du doch auch noch, nicht wahr, mein Lieber?", fragte sie meinen Vater.
„Es hat verdammt lange gedauert, bis wir sie beruhigen konnten", sagte mein Vater. „Verdammt lange."
„So etwas Schmutziges würde sie niemals tun. Sie hasst es, sich die Hände dreckig zu machen."
Genau genommen hasste ich es eher, meine Kleidung dreckig zu machen.
Aber alle Achtung, dass meine Mom sich so für mich einsetzte. Da würde ich mich nicht um eine Formulierung streiten.
„Offensichtlich hat es da ein Missverständnis gegeben", fügte meine Mutter hinzu. „Ein lächerliches Missverständnis."
„Da stimme ich zu." Remy seufzte. „Aber die Beweislage sagt etwas anderes.
Das Opfer war Kevin Gillespie, alias Keith Gillman."
Als ich diesen Namen hörte, wusste ich gleich, wer gemeint war. Ich schloss die Augen und sah den etwas langweiligen Typ Anfang zwanzig vor mir, der vor weniger als zwei Wochen bei mir im Büro aufgetaucht war und verzweifelt nach dem Mädchen seiner Träume gesucht hatte. Er war ein bisschen pummelig und viel zu blass gewesen, aber ich hatte trotzdem versprochen, ihm zu helfen. Was soll ich sagen? Ich liebe nun mal Herausforderungen. Aber vor allem liebe ich Kunden, die einen Bonus für bevorzugte Behandlung zahlen können.
„Er war Reporter für die New York Times", fuhr Remy fort. „Und er ..."
Augenblick mal, nicht so schnell! Ein Reporter?
„... schrieb eine Story über die hiesige Partnervermittlungsszene. Er gab sich als jemand aus, der auf Partnersuche war, meldete sich bei verschiedenen Agenturen an, machte ein paar Dates mit und schrieb dann einen Bericht. Er wollte seine Wohnung gerade verlassen, um zu einem Rendezvous zu gehen, das Dead End Dating für ihn arrangiert hatte, als Lil eintraf. Sie nannte dem Portier ihren Namen und gab ihm ihre Karte."
Äh - ja. Keith war in Sandalen und Socken bei Dead End Dating aufgetaucht, um Himmels willen. Wir sprechen hier von dem lebenden Musterbeispiel für Was
Weitere Kostenlose Bücher