02 - Die Nacht der D?monen
letzte Angehörige der Light-Linie. »Alle anderen sind zu schwach. Wer immer hierfür verantwortlich ist, hat Jessica eine Rippe gebrochen und jetzt ist einer der Lungenflügel voller Blut. Sie wird bald daran ersticken. Außerdem ist sie so gut wie leergesogen. Es ist fast ein Wunder, dass ich ihr Herz überhaupt zum Schlagen bringe. Außerdem hat sie mindestens ein Dutzend kleinerer Verletzungen ... Ich weiß nicht, ob irgendein Mittel der Magie oder der Wissenschaft sie heilen kann.«
Caryn blickte Aubrey flehentlich an, in der Hoffnung, er wüsste etwas, das sie nicht kannte.
Er wusste nichts, was sie hören wollte. »Ich kann zwar töten, aber ich kann nicht heilen«, seufzte er.
»Ich habe ihr mein eigenes ... ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, Leben eingehaucht, aber wenn ich damit weitermache, werden wir beide sterben. Außer einer Arun gibt es keine Hexe, die das überleben kann, und die Arun sind Halbvampire ...«
Caryns Stimme verlor sich, als ihr klar wurde, dass sie geschlagen war.
»Ich kann es.«
Sie sah Aubrey einen Moment lang verständnislos an.
»Wenn Fala ihr nicht gerade das Herz herausgerissen hat, sind ihre sonstigen Verletzung relativ unbedeutend für mich«, erläuterte er.
Schließlich verstand Caryn. Sie hatte schon früher Lebenskraft von anderen Hexen umgeleitet. Wenn sie die Energie eines Vampirs nahm und sie Jessica gab... würde sie das heilen? Vielleicht.
»Ich könnte dich aus Versehen umbringen«, warnte sie ihn.
»Ich habe lange genug gelebt.«
»Dafür werde ich ohne jeden Zweifel verstoßen werden«, murmelte sie und hoffte, dass ihre Mutter irgendwie einen Weg finden mochte, ihr zu vergeben.
»Komm an meine rechte Seite«, forderte sie Aubrey auf.
Nachdem er sich neben sie gestellt hatte, legte Caryn ihre rechte Hand dicht über Jessicas Herz, eines der drei stärksten Energiezentren. Für eine Heilung war das Herz am besten.
Es gibt keine Worte, um genau zu beschreiben, was sie als Nächstes tat. Ihre eigenen Energiezentren waren geöffnet, sie ebneten den Weg von Aubrey zu Jessica, und als sie jetzt Aubreys Lebenskraft anzapfte ...
Sie keuchte, als die Macht durch sie hindurchfloss. Das war das einzig richtige Wort dafür. Nicht Leben, nicht Chi, wie Hasana es nannte, oder einfach Energie, wie Monica es ihr beigebracht hatte, sondern absolute, ungehemmte Macht. Kein Wunder, dass sein Geist so stark war ...
Caryn zwang sich dazu, die Macht zu kontrollieren – wozu es all ihrer jahrelangen Erfahrung bedurfte –, und konzentrierte sich dann darauf, sie Jessica zuzuführen.
Auch die Aura des Mädchens war stark und Caryn war nicht überrascht, ein paar Vampirspuren darin zu entdecken. Sie leitete Aubreys Macht zu Jessicas Verletzungen, wo deren Aura am schwächsten war.
Als Erstes beschäftigte sie sich mit dem Riss in Jessicas Schädeldecke. Er schloss sich innerhalb von Sekunden und das Blut, das sich darunter gesammelt hatte, wurde von den Adern aufgesogen, als sie sich reparierten.
Als Nächstes war die Lunge an der Reihe. Das Organ kollabierte erst und begann dann neu zu wachsen – erst klein wie bei einem Kind, entfaltete es rasch seine volle Größe. Auch die Rippe heilte in wenigen Momenten.
Der Rest von Jessicas Körper gesundete ebenso schnell, einfach durch den Überfluss an Energie. Caryn war froh darüber, denn sie wurde langsam schläfrig. Wie konnte sie nur so erschöpft sein, wenn all diese Macht durch sie hindurchfloss?
Sie vermied es darüber nachzudenken, was dieser Prozess für sie selbst bedeutete. Sie kannte nur eine einzige Geschichte, in der jemand eine Vampiraura umgeleitet hatte: Midnight Smoke, die Mutter von Ardiente Arun, hatte die Aura eines Vampirs in sich selbst umgeleitet, um einen Menschen vor der Verwandlung in einen Vampir zu bewahren. Seitdem trugen alle Nachfahren von Midnight Vampirmerkmale in sich. Ardiente und Midnight hatten sich von der Blutlinie gelöst, in die sie geboren worden waren, und die Arun-Linie gegründet. Caryns Verwandte hatten hingegen die Smoke-Linie weitergeführt.
Caryn fühlte sich schwindelig. Sie konnte nun nichts mehr für Jessica tun; wenn es bis jetzt nicht genug war, dann würde nichts helfen. Rasch schloss sie Aubreys Energiezentren und dann ihre eigenen, wobei ihr bewusst war, dass sie vermutlich alle drei sterben würden, wenn es ihr nicht gelang, bevor sie das Bewusstsein verlor.
Mit geschlossenen Augen
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