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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre
Autoren: Stephen Fry
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erpicht darauf, etwas Ähnliches zu machen wie
Saturday Night Live
, das in Amerika schon lange lief. Unsere Show, beschloss er, solle
Saturday Live
heißen. Danach tauchte er in meinen Gedanken, durchaus nicht ohne Sympathie, nur noch als Shameless Cassidy auf.
    Stand-up eroberte die Welt. Hugh und ich hatten den Eindruck, dass unsere Art der Sketch-Comedy Gefahr lief, von Monat zu Monat gestriger zu wirken und damit ihre Aussichten fürs Live-TV zu schwächen. Im Gegensatz zum Solokünstler steht man als Duo vor dem Problem, zueinander sprechen zu müssen und nicht zum Publikum. Wir hatten in der Vergangenheit eine ganze Anzahl von Sketchen geschrieben, zum Beispiel die Shakespeare Masterclass, in denen das Publikum direkt angesprochen wurde, aber meistens spielten wirin Minidramen verstrickte Figuren hinter der »Vierten Wand« zwischen uns und der Welt der Zuschauer. In einem Akt schierer Unbekümmertheit fassten wir den Entschluss, in einem Comedy Club zu proben, bevor wir uns in dieser neuen Show vor die Kameras stellten. Damals war das Jongleurs in Clapham einer der wichtigsten Auftrittsorte, und ebendorthin begaben wir uns für einen Abend. Man quetschte uns zwischen den jungen Julian Clary und Lenny Henry. Julian trat in jenen Tagen als »The Joan Collins Fan Club« auf und teilte sich die Bühne mit seinem kleinen Terrier »Fanny the Wonderdog«. Er machte seine Sache sehr gut, wenn ich mich recht erinnere. Als Hugh und ich nach unserer Viertelstunde die Bühne verließen und wie gewöhnlich unser »Mein Gott, wie die uns gehasst haben« (Hugh) und »So schlecht war es gar nicht« (ich) keuchten, blieben wir noch, um uns Lenny anzusehen. Ich erinnere mich daran, gedacht zu haben, wie wunderbar es sein musste, dem Publikum bekannt zu sein und von ihm geliebt zu werden. Die gesamte Arbeit ist bereits getan, bevor man auf die Bühne geht. Lenny trat zu lautem Applaus und Jubelrufen auf, und ich hatte den Eindruck, dass er nur den Mund aufzumachen brauchte, damit sich die Leute vor heller Begeisterung auf ihren Sitzen krümmten und voller Zustimmung mit den Füßen trampelten. Hugh und ich waren unbekannt,
Blackadder II
war noch nicht gesendet worden, und
The Crystal Cube
und
Alfresco
hatten sieben Zuschauer gehabt, die uns hätten erwürgen wollen. An jenem Abend im Jongleurs schwitzen wir Blut, als wir das Publikum mit unseren exquisit gedrechselten Formulierungen, ausgeklügelten Scherzen und raffinierten Parodien traktierten und mit nicht mehr als angedeutetem Kichern und höflichem, wenn auch nursporadischem Applaus belohnt wurden. Lenny betrat die Bühne, imitierte einen Vogelruf, dröhnte sein »Hallo« heraus, und beinahe wäre das Gebäude eingestürzt. Ich will keineswegs den Beckmesser spielen. Er hatte im Laufe der Jahre ein Verhältnis zu seinem Publikum aufgebaut und besaß das Talent, in einem Comedy Club für beste Stimmung zu sorgen. Er war entspannt und entspannte sein Publikum. Hugh und ich mochten unsere Nervenanspannung so gut wie möglich kaschiert haben, aber von Anfang an bearbeiteten wir das Publikum, statt es mit Souveränität in unserer Welt willkommen zu heißen. Ein angespanntes Publikum mochte vielleicht unsere Texte und unsere Darbietung bewundern, aber es würde uns niemals mit ähnlich tosenden Liebesbekundungen überrollen wie Lenny. Später, als wir bekannt waren und mit Willkommensbeifall empfangen wurden, erinnerte ich mich manchmal an jenen Abend im »klatschfaulen Clapham«, Clapless Clapham, wie ich es in Gedanken nannte, und dankte meinem gütigen Schicksal, dass ich mich nicht mehr länger auf diese Art beweisen musste. Dabei fällt mir ein Abend ein, an dem ich einige Jahre später ganz deutlich die umgekehrte Wirkung erleben konnte. In den späten achtziger und frühen neunziger Jahren inszenierte ich eine Anzahl von »Hysteria«-Wohltätigkeitsshows für den Terrence Higgins Trust. Bei der dritten oblag mir die Pflicht, einen sehr bekannten Komiker auf der Bühne zu begrüßen. Er erschien zu donnerndem Applaus –
so
erfreut war man, ihn zu sehen. Er ging zu höchstens …
respektablem
Beifall. Der nächste Künstler war neu. Niemand da draußen hatte die geringste Ahnung, um wen es sich handelte und was zu erwarten war. Ich tat als Conférencier mein Bestes, das Publikum auf seine Seite zu bringen.
    »Liebe Damen, liebste Herren, ich hege nicht den geringsten Zweifel, dass Sie den nächsten Künstler mit Ihrem wärmsten und wildesten Applaus empfangen werden. Es
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