02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre
ähnlichen Publikation auszugraben, der genügend Material für einen Aufsatz abgab. Vorlesungen machten einem den Tag kaputt und waren fraglos schreckliche Zeitvergeudung. Zweifellos notwendig, wenn man Jura, Medizin oder irgendein anderes berufsbezogenes Fach studierte, aber wenn es um Englisch ging, war das Natürlichste der Welt, viel zu reden und sich zu unterhalten, Musik zu hören, Kaffee und Wein zu trinken, Bücher zu lesen oder sich Theatervorstellungen anzusehen.
Vielleicht sogar in Theaterstücken mitzuspielen?
Ich erhalte regelmäßig eine Menge Post von aufstrebenden Schauspielern oder deren Eltern, in denen ich um Rat gebeten werde. Wenn ich schon so viele Zuschriften bekomme, können Sie sich vorstellen, wie viele Briefe bei Ian McKellen, Judi Dench, Simon Russell Beale, David Tennant und anderen
legitimen
Schauspielern eintreffen. Der Ausdruck »überlaufener Beruf« wird öfter für das Schauspielergewerbe gebraucht als für jede andere Profession, und das aus gutem Grund.
Wie auch in vielen anderen Bereichen des Lebens sind da draußen Menschen, die sich danach sehnen, dass ihnen ein Geheimnis verraten wird, eine Technik, ein Zugang. Das kann ich sehr wohl verstehen. Fast so verbreitet wie der Ausdruck »überlaufener Beruf« sind Wendungen, die voller Überzeugung ausdrücken, man brauche »nur den richtigen Einstieg zu finden«, oder die die Ansicht verkünden, es käme nicht darauf an, »was man könne, sondern wen man kenne«. Ich möchte jetzt das Thema Ruhmsucht ganz ausklammern und mich ausschließlich auf diejenigen konzentrieren, denen es ausschließlich um die Schauspielerei selbst geht: Ich denke, dass wir später zu denjenigen kommen, die versessen sind auf den nachrangigen »Nutzen«, der sich aus der Präsenz auf dem »roten Teppich« und der Berichterstattung in Promi-Zeitschriften ergibt.
Die Briefschreiber erkundigen sich nach dem besten Weg, im Schauspielerberuf Fuß zu fassen. Sie wissen genau, dass sie nichts anderes brauchen als eine
Chance
, eine Gelegenheit, zu glänzen: Ihr Talent, ihr Fleiß und ihre Hingabe werden das Übrige tun. Sie wissen, wie alle Welt weiß, welchen Anteil das
Glück
daran hat. Sie mögen von einem jungen Ehrgeizling gehört haben, der einen Brief an einen gestandenen Schauspieler geschriebenhatte und aufgrund dessen in einem Film als Statist auftreten durfte, zu einem Vorsprechen eingeladen wurde oder in der Schauspielschule einen Studienplatz bekam.
Was für ein Scheusal oder undankbares Monster wäre man, wenn man sich nicht von den Rufen derer beeinflusst zeigte, die draußen vor den Toren stehen und Einlass fordern. Wenn man das Glück gehabt hat, in diesem Beruf voranzukommen, wäre es dann nicht das Mindeste, denjenigen, die einem nacheifern, die Hand zu reichen oder ihnen mit einem hilfreichen Rat zur Seite zu stehen? Absolut richtig, aber man muss auch ehrlich sein. Ich kann nur einen Rat geben, der aus meiner eigenen Erfahrung herrührt. Wenn mich jemand fragt, wie er etwas tun soll, kann ich ihm nicht theoretisch antworten, sondern nur mit Bezug auf meine Lebensgeschichte. Ich habe nicht die geringste Vorstellung, wie man Schauspieler wird, sondern kann nur erzählen, wie ich einer wurde. Oder zumindest, wie ich eine Art Schauspieler wurde, der auch eine Art Schriftsteller ist, der auch eine Art Comedian ist, der auch eine Art Rundfunkmann ist, der auch eine Art von allen Arten aller Art ist. Derart. Mehr kann ich nicht tun. Ich kann nicht verkünden, ob es besser ist, eine Schauspielschule zu besuchen oder nicht, ich kann nicht sagen, ob es sich empfiehlt, Repertoiretheater zu spielen oder Straßentheater zu machen, bevor man sich beim Film oder Fernsehen versucht. Ich kann nicht sagen, ob es für eine Karriere schädlich oder förderlich ist, als Statist zu arbeiten oder eine Rolle in einer Seifenoper zu übernehmen. Ich kenne die Antworten auf solche Fragen deswegen nicht, weil sie sich in meinem Leben nie gestellt haben. Es wäre unbesonnen und unverantwortlich von mir, jemandenzu Handlungen oder Unterlassungen anzuspornen, von denen ich nichts weiß.
Hier folgt also, wie ich Schauspieler wurde.
In der Prep School wurden immer nur Musicals aufgeführt, und daher konnte ich bestenfalls darauf hoffen, eine der Rollen zu bekommen, in denen man nicht singen musste: Mrs Higgins in
My Fair Lady
war ein ganz besonderer Triumph (»Würde jeden Salon zieren«, lautete meine erste veröffentlichte Kritik). In Uppingham schrieb ich
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