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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Freundlichkeit, Offenheit und natürlichem Charme, dass es schwierig ist, mit Neid und Groll zu reagieren. Mir ist bewusst, dass wir langsam in die Kitschgefilde von »Darling, sie ist so liebreizend und hinreißend« abgleiten, aber dieses Risiko muss ein Buch wie dieses immer eingehen. Ich habe Sie gewarnt. Denjenigen, die lieber ein ganz anderes Bild dieser Frau mitnehmen möchten, kann ich deutlich zu verstehengeben, dass sie eine geisteskranke, talentlose Mistzicke ist, die durch die Straßen von North London wandert mit nichts am Leib als zwei verschiedenen Gummistiefeln. Filmrollen bekommt sie nur deswegen, weil sie es mit den Haustieren der Produzenten treibt. Und sie riecht. Sie hat in ihrem ganzen Leben kein Drehbuch geschrieben. Sie hält sich einen Autor in Ketten, den sie bei einer Party vor zwanzig Jahren unter Drogen gesetzt hat, und der ist verantwortlich für alles, was unter ihrem Namen veröffentlicht wird. Ihre sogenannten liberalen und humanitären Prinzipien sind genauso wenig echt wir ihre Brüste. Sie ist Gestapomitglied und trauert der Apartheid nach. Das ist Emma Thompson für Sie: der Darling der Narren und die Närrin der Darlings.
    Trotzdem oder deswegen lernten wir einander kennen. Sie studierte Englisch wie ich, aber am Newnham, einem College, das Frauen vorbehalten war. Sie war lustig. Sehr lustig. Außerdem modisch extrem extravagant. Es kam der Tag, als sie beschloss, sich den Kopf zu rasieren: Die Schuld daran gebe ich Annie Lennox. Emma und ich besuchten dasselbe Seminar an der Englischfakultät, und eines Morgens wanderten wir, nach einer anregenden Diskussion über
Das Wintermärchen
auf dem Weg ins Stadtzentrum die Sidgwick Avenue entlang. Sie nahm ihre Wollmütze ab, um mich ihre rasierte Kopfhaut fühlen zu lassen. In jenen Tagen war es unwahrscheinlich, dass jemand eine Frau mit kahlem Eierkopf gesehen hatte. Ein Junge, der auf dem Fahrrad vorbeifuhr, drehte sich um und fuhr, weil er den panischen Blick nicht von Emmas schimmernder Glatze lassen konnte, frontal gegen einen Baum. Ich hätte gedacht, dass so etwas nur im Stummfilm passieren konnte, aber es geschah tatsächlich, und das machte mich froh.
    Das erste Trimester kam und ging, ohne dass ich auch nur ein einziges Mal gewagt hätte, zu einem Vorsprechen zu gehen. Ich hatte gesehen, dass es Schauspieler gab oder zumindest eine, die so staunenswert waren wie Emma, aber da waren auch viele gewesen, die Rollen bekamen, die ich meiner Ansicht nach hätte besser spielen können oder zumindest nicht schlechter. Nichtsdestoweniger hielt ich mich zurück.
    Größtenteils verlief mein Leben am College und im Universitätsbetrieb in traditionellen Bahnen und recht ereignislos. Ich schloss mich der Cambridge Union an, die nichts mit einer Studentenunion zu tun hatte, sondern eine Debattiergesellschaft mit ihrer eigenen Kammer war, einer Art Unterhaus in Miniatur, alles Holz und Leder und farbige Glasfenster, vervollständigt durch eine Galerie und mit »Aye« und »No« markierten Türen, durch die man bei einer Abstimmung schritt, nachdem der »Speaker« seinen Antrag an das »House« gestellt hatte. Alles ein bisschen dick aufgetragen, aber althergebracht und traditionell. Viele Kabinettsmitglieder unter Margaret Thatcher hatten in den frühen sechziger Jahren in der Cambridge Union mitgemischt: Norman Fowler, Cecil Parkinson, John Selwyn Gummer, Ken Clarke, Norman Lamont, Geoffrey Howe … die Bande. Ich hatte mit Politik zu wenig im Sinn, um Reden zu halten oder versuchen zu wollen, mich bis zum inneren Zirkel der Union vorzuarbeiten, noch war ich geneigt, aus dem Plenum heraus Fragen zu stellen oder auf irgendeine andere Weise zu den Debatten beizutragen. Ich sah und hörte mir einige Gastredner an – Bernard Levin, Lord Lever, Enoch Powell und eine Handvoll anderer kamen, um über die großen Fragen des Tages zu diskutieren, wie auch immer diese damals lauteten. Krieg,Terrorismus, Armut, Ungerechtigkeit, wenn ich mich recht erinnere … Probleme, die inzwischen gelöst sind, aber zur damaligen Zeit höchst dringlich erschienen. Einmal im Semester wurde eine »Comedy«-Debatte veranstaltet, gewöhnlich im Rahmen eines spleenigen Antrags wie »Dieses Haus glaubt an Hosen« oder »Dieses Haus würde lieber ein Sperling sein als eine Schnecke«. Ich besuchte eine dieser Debatten, in der Jimmy Edwards, der schnauzbärtige Comedian, sternhagelvoll die Tuba spielte, tolle Witze erzählte und anschließend – wie mir berichtet

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