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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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wurde – beim Dinner die Schenkel sämtlicher flotter junger Männer streichelte. Ich bin seither oft eingeladen worden, an Debatten in Cambridge, Oxford oder anderen Universitäten teilzunehmen, und einige der jungen Männer, die als Gastgeber dieser Abende fungierten, sahen unbestreitbar blendend aus und waren bestürzend attraktiv. Ich hab jedoch nie so ganz verstanden, was diese Sich-einen-antrinken-und-dann-schön-Schenkel-streicheln-Chose soll. Ob mich das zu einem galanten und gebührlichen Gentleman macht, zu einer hasenfüßigen Memme oder zu einem biederen Prüdian, weiß ich nicht so genau. In meiner Reichweite sind Schenkel anscheinend sicher. Vielleicht wird sich das ändern, wenn ich den Herbst meines Lebens erreicht habe und aufhöre, mich so sehr darum zu scheren, was man von mir hält.
    Kim war sofort in den University Chess Club eingetreten und nahm für diesen an Spielen gegen andere Universitäten teil. Niemand zweifelte daran, dass er sein »Blue« oder eher »Half Blue« bekommen würde. Ihnen ist vielleicht bekannt, dass es in Oxford und Cambridge so etwas gibt wie die »Blue«-Auszeichnungen im Sport. Jemand kann Cambridge, dessen Farbe Hellblau ist, zumBeispiel auf dem Hockeyfeld bei fast jedem einzelnen Spiel der Saison vertreten haben und dabei mit Abstand der beste Spieler auf dem Rasen gewesen sein – verpasst er jedoch das Varsity-Spiel,
das
Spiel gegen die Dunkelblauen, Oxford, dann wird er nicht mit einem »Blue« ausgezeichnet. Ein »Blue« bedeutet für die eine wie andere Seite, dass man gegen Den Feind gespielt hat. Das Boat Race und die Varsity-Spiele im Rugby und Cricket sind die berühmtesten dieser Begegnungen, doch »Blues«-Wettkämpfe zwischen Oxford und Cambridge gibt es in allen nur denkbaren Sportarten, Spielen und sonstigen wettbewerbstauglichen Aktivitäten von Judo bis Tischtennis, von Bridge bis Boxen, von Golf bis Weinverkosten. Bei den weniger bedeutenden Wettkämpfen wird den Teilnehmern ein »Half Blue« verliehen, und genau so eines gewann verdientermaßen auch Kim, als er Cambridge gegen Oxford beim Varsity-Schachwettkampf vertrat, das im RAC Club in Pall Mall stattfand und von der Lloyd’s Bank gesponsert wurde. Er nahm in allen drei Studienjahren an diesem Wettkampf teil und gewann 1981 den Preis für das beste Spiel.
    Kim und ich waren engste Freunde, aber noch kein Liebespaar. Er schwärmte für einen Studenten aus dem zweiten Jahr namens Robin, ich schwärmte für niemand besonderen. Die Liebe hatte mich als Teenager wohl zu gnadenlos in ihren Fängen gehabt. In der Schule war ich so blind, rettungslos und herzzerreißend verliebt, dass ich mir anscheinend in einem unbewussten Pakt mit mir selbst geschworen hatte, die Reinheit dieser vollkommenen Verzückung niemals zu verraten (Ja doch, ich weiß, aber genau so habe ich mich gefühlt!) noch mich je wieder von Pein und Qual dieser Art verwunden zu lassen (so erlesen sie auch waren). Es gab eineMenge attraktiver junger Männer in den Colleges und in der Stadt, und der überdurchschnittlich hohe Schwulenanteil vermittelte den Eindruck, dass man hier mit Freuden so schwul sein durfte, wie es einem gefiel. Ich erinnere mich an den einen oder anderen trunkenen Abend im eigenen oder fremden Bett. Dort kam es trotz forschen Fummelns, Fingerns, Knutschens und Kosens zu blamablem Abschlaffen oder in selteneren phallischen Fällen unter triumphalen Fanfarenstößen zur spritzig sprudelnden Befriedigung der Gelüste, aber Liebe stellte sich nicht ein, und als Sensualist, der ich in vielerlei Hinsicht bin, schien ich weder den Lohn noch die Strafen der Fleischeslust zu missen.
     
    Ungefähr eine Woche vor Ende des ersten Trimesters trat man mit der Frage an mich heran, ob ich im »May Ball Committee« sitzen möchte. Die meisten Universitäten veranstalten Sommerpartys, um das Ende der Examen und den Beginn der langen Ferien zu feiern. In Oxford werden diese Feste »Commem Balls« genannt, Cambridge hat seine »May Balls«.
    »Wir nehmen jedes Jahr einen Frischling ins Komitee auf«, sagte dessen Präsident zu mir, »und wenn schließlich der ›May Ball‹ in deinem letzten Studienjahr ansteht, weißt du, worum es dabei geht.«
    Ich habe nie zu fragen gewagt, warum sie unter all den Frischlingen mich ausgewählt hatten, im Komitee zu sitzen, aber ich empfand es als großes Kompliment. Vielleicht meinten sie, dass ich Stil zeigte,
savoir faire
,
diablerie
, Esprit und geschliffene Partymanieren. Oder vielleicht

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