Verhängnisvolle Verlockung - Jordan, N: Verhängnisvolle Verlockung - To romance a charming rogue / Courtship-Wars 4
Erstes Kapitel
Zeigen Sie sich niemals zu fasziniert von einem Gentleman, insbesondere dann nicht, wenn Sie es sind. Ihm Ihre Schwäche zu enthüllen, gäbe ihm die Oberhand; und eine Dame braucht alle Macht, die sie beherrschen kann, will sie am Ende triumphieren.
Eine anonyme Dame
Ratgeber für heiratswillige junge Damen
London, September 1817
»Eleanor, meine Liebe, das Fürchterlichste, was geschehen konnte, ist eingetreten! Wrexham ist hier .«
Lady Eleanor Pierce, die am Rande des überfüllten Ballsaals stand, erstarrte angesichts der verstörenden Nachricht ihrer Tante. »»Hier? Heute Abend? In Carlton House?«
»Aber ja! Seine Ankunft wurde soeben verkündet.« Eleanors Tante und Anstandsdame, Lady Beldon, blickte äußerst missmutig drein. »Welch eine Dreistigkeit von ihm! Er sollte den Anstand besitzen, Rücksicht auf deine zarten Gefühle zu nehmen.«
Eleanor stimmte zu, dass Damon Stafford, Viscount Wrexham, der dreisteste Gentleman war, den sie kannte. Ihre zarten Gefühle indes waren gegen ein Wiedersehen mit ihm gewappnet – oder zumindest hatte sie es bis zu diesem Moment geglaubt.
Eleanor lächelte, um gefasst zu erscheinen und ihr allzu schnell pochendes Herz zu beruhigen. »Ich
würde meinen, Lord Wrexham hat ein Recht, Prinnys Ball zu besuchen, Tante Beatrix. Zweifellos erhielt er, wie wir, eine Einladung.«
George, Prince of Wales und gegenwärtiger Regent Englands, lud regelmäßig in seine prächtige Londoner Residenz, Carlton House. Und manchmal stand Lady Beldon auf seiner Gästeliste, weil ihr verstorbener Gatte ein enger Jugendfreund des Regenten gewesen war.
Heute Abend drängte sich eine gleichermaßen elegante wie illustre Gästeschar in dem überheizten Herrenhaus. Ein Blick durch den Saal jedoch sagte Eleanor, dass der charmante Lebemann, der einst ihr Herz eroberte und dann darauf herumtrampelte, nirgends zu sehen war.
»Es ist unnötig, dass du dich echauffierst«, murmelte Eleanor, die sich ihre Erleichterung nicht anmerken ließ. »Wrexham steht es frei, sich in der Gesellschaft zu bewegen, wie immer es ihm gefällt.«
Ihre Tante Beatrix sah sie streng an. »Du willst ihn hoffentlich nicht in Schutz nehmen, nachdem er dich abscheulich behandelt hat.«
»Nein, gewiss nicht. Doch ich bin durchaus einer Begegnung mit ihm gewachsen, denn über kurz oder lang ließe sie sich nicht vermeiden. Er ist seit einer Woche in London, und wir bewegen uns in denselben Kreisen.«
Lady Beldon schüttelte den Kopf, bevor sie ihre Nichte besorgt ansah. »Vielleicht sollten wir gehen, Eleanor. Ich entschuldige uns bei Prinny und …«
»Ich hege keineswegs die Absicht, vor Lord Wrexham davonzulaufen, liebe Tante.«
»Dann halte dich bereit. Er könnte jeden Moment erscheinen.«
Eleanor nickte und atmete tief ein. Sie war so bereit, wie sie es nur sein konnte, den teuflisch charmanten Adligen wiederzusehen, der ihr Verlobter gewesen war.
Seit Tagen war sie vorgewarnt, dass Damon nach zweijähriger Abwesenheit wieder nach London zurückgekehrt war. Die Freundinnen ihrer Tante nämlich waren überaus bemüht, ihr den neuesten Klatsch zuzutragen. Folglich hatte Eleanor sich sorgfältig überlegt, was sie zu ihm sagen und wie sie sich verhalten würde. Sie würde sich vornehm, kühl und gänzlich gleichgültig geben, angemessen höflich, aber mehr auch nicht.
»Ich bin sehr wohl imstande, ihm mit Gelassenheit zu begegnen«, beteuerte sie. Leider straften die Schmetterlinge in ihrem Bauch sie Lügen.
Und zu allem Überfluss glaubte Tante Beatrix ihr nicht, die seiner Lordschaft bis heute nicht verziehen hatte. »Nein, meine Liebe, du solltest nicht gezwungen sein, diesen Schurken zu ertragen. Wäre er ein wahrer Gentleman, hätte er den Anstand besessen, diesem Ball fernzubleiben.«
»Er ist allen Bällen ferngeblieben«, erwiderte Eleanor gereizt. »Und das zwei Jahre lang.«
»Sei es drum, aber das war nicht lange genug! Vielmehr denke ich, er sollte ganz aus der feinen Gesellschaft verbannt werden.«
Bedauerlicherweise dürfte Damons Vergehen kaum eine solch harte Strafe rechtfertigen, dachte Eleanor. »Ich vermute, dass ein Bann etwas zu weit ginge, teure Tante.«
»Ginge er mitnichten. Und ich werde mir niemals verzeihen, dich mit dem verschlagenen Unhold bekanntgemacht zu haben.«
»Dich trifft keine Schuld. Zudem hast du uns eigentlich nicht vorgestellt, wie du sicher erinnerst.«
Ihre Tante winkte elegant ab. »Wrexham hat dich bei meiner jährlichen
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