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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Gesichtszüge mir so vertraut waren wie die meiner Eltern. Er war eine Symbolfigur wie die Queen und Robert Robinson: Ich konnte mich an keinen Zeitpunkt erinnern, an dem ich ihn mir nicht vor Augen hätte rufen können. Als kluger und liebenswürdiger Mann und wohl wissend, dass den anderen Teams sein Studienabschluss in Cambridge bekannt war, gab er sich alle erdenkliche Mühe, unbedingt fair zu sein, ohne jedoch vor lauter Befangenheit in Anticantabrigianismus zu stolpern. Er schien von jeder korrekten Antwort begeistert zu sein, von wem sie auch kam, und alle waren der festen Überzeugung, dass er sämtliche Fragen persönlich zusammenstellte und recherchierte. Er war berühmt für schonende und kenntnisreiche Richtigstellungen – »Welch ein Pech, Sie haben da vielleicht an Duns Scotus gedacht …« oder »Dicht dran, er war natürlich ein
Freund
von Clausewitz …« –, eine Art, die sich recht stark von den schockierten »
Was?
«-Ausrufen des vermaledeiten Jeremy Paxman unterscheidet oder der Art, wie er sein Gesicht verzieht, als hätte erin eine bittere Olive gebissen, sobald ihm eine falsche Antwort zu Ohren kommt und seine Vorstellung davon verletzt, was man eigentlich wissen sollte.
Autre temps, autres mœurs

    Botterill, Lester, Barber und ich schlichen schüchtern ins Studio, machten die typischen Witze darüber, dass die Tische nebeneinander auf dem Boden standen und nicht übereinander, wie es auf dem Fernsehschirm wirkte. Dann nahmen wir die uns zugewiesenen Plätze ein. Es tut mir leid, aber ich kann mich nicht erinnern, woher die erste Mannschaft kam, gegen die wir antreten mussten. Leeds University kommt mir in den Sinn, aber vielleicht irre ich mich. Zweifellos hielten sie uns für grässliche Oxbridge-Wichser. Wenn man sich Fotos von unserem Team betrachtet und die nicht zu bändigende trichologische Vielfalt wahrnimmt, die schlaumeierische Ernsthaftigkeit und den ungesunden Teint, kommt man kaum auf die Idee, uns als das ansehnlichste Quartett zu bezeichnen, das sich je einem Fernsehpublikum präsentiert hat.
    Wir hätten nicht nervös zu sein brauchen. Wir waren eine gute Mannschaft und machten alle Opponenten nieder, die man gegen uns aufbot, und zwar bis zum Finale, das zu jener Zeit in drei Begegnungen entschieden wurde. Wir hatten gegen Merton, Oxford, zu kämpfen, das alte College meines Housemaster. Bei ihnen schien es sich um einen ganz annehmbaren und ziemlich gewitzten Haufen zu handeln, aber wir fegten sie in der ersten Runde mit einem Punktevorsprung von über Hundert von der Bildfläche. Im zweiten Durchgang gewannen wir mit zehn Punkten, was uns schrecklich wurmte, aber einen der spannendsten Endkämpfe aller Zeiten einleitete. Als der Gong den dritten und entscheidendenDurchgang beendete, lagen die Mannschaften absolut gleichauf. In dieser Tiebreak-Situation trat die Regel in Kraft, dass diejenige Mannschaft, von der die erste richtige Antwort kommt, den Gesamtwettbewerb gewinnt. Merton drückte zuerst auf den Summer und hatte die richtige Antwort. Wir wurden zweite. Kaum je war ich so am Boden zerstört oder hatte mich so betrogen gefühlt. Es schmerzt noch immer, dass unsere Mannschaft viel mehr Fragen korrekt hatte beantworten können als die Gegner und trotzdem verlor. Kindisch und erbärmlich, aber noch jetzt, da ich das hier dreißig Jahre später niederschreibe, rauscht mir das Blut in den Ohren, und ich koche, angewidert vor Empörung, erbittert vor Groll und wütend vor Enttäuschung über solch himmelschreiende Ungerechtigkeit. Nichts wird das je wiedergutmachen. Nichts, hören Sie, gar nichts. Na ja.

Corpus Christening
     
    Als sich das Lent-Trimester dem Ende näherte, wurde ich in Cambridge von einem Mark McCrum angesprochen, der inzwischen ein bekannter Reiseschriftsteller ist, damals aber noch ein quirliger und lausbubenhafter Undergraduate mit einem schwarzen Haarschopf und dunkel glitzernden Augen war. Sein Vater Michael war Headmaster von Eton (sollte aber bald nach Cambridge zurückkehren, um die Leitung von Corpus Christi zu übernehmen), und sein älterer Bruder machte sich im Verlagsgeschäft bei Faber & Faber langsam einen Namen. Mit der Initiative, dem Unternehmungsgeist und der arglosen Chuzpe, die für ihn charakteristisch waren, hatte Mark einen kleinen L-förmigen Raum inSt. Edward’s Passage übernommen, der dem Corpus Christi College gehörte. Er und seine Freundin Caroline Oulton beabsichtigten, aus ihm »The Playroom« zu machen, ein

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