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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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zu erwecken. In der weitaus wichtigeren Rolle als Kapitän des Cambridge University Athletics Team stand dicht in der Nähe einer der Sporthelden von Cambridge: Derek Pringle, der später für Essex und England Cricket spielte.
    Ich war höchst erstaunt, als der Requisiteur, kurz bevor die Kamera lief, zu mir kam und mir einen Stapel kleiner Visitenkarten gab, auf denen über zwei gekreuzten Tennisschlägern »Cambridge University Tennis Club« stand. Ich musste meine Augen anstrengen, um die New-Palace-Druckbuchstaben zu entziffern – die Wahrscheinlichkeit, dass die Kamera sieeinfangen könnte, erschien absurd gering. Mir kam es vor wie eine äußerst erstaunliche Vergeudung von Zeit und Geld, aber ich hatte natürlich keine Ahnung vom Film oder wusste um die Notwendigkeit, für jede Eventualität gerüstet zu sein. Egal wie detailliert die Planung der Vorproduktion und alle Vorbereitungen gewesen waren, können doch Umstände wie Wetter, Licht, Lärm, das Versagen eines Krans oder die Indisposition eines Schauspielers oder Crewmitglieds alles über den Haufen werfen. Möglicherweise entscheidet der Regisseur, dass an diesem bestimmten Tag eine Szene mit der Nahaufnahme beginnen soll, wie jemand die Visitenkarte eines Tennisclubs annimmt, und wenn sie nicht fertig gewesen wäre, sofort zur Hand und perfekt gedruckt, hätte es die Filmarbeiten verzögert, und der finanzielle Verlust wäre weitaus höher ausgefallen als die Kosten für die Produktion von ein paar Visitenkarten. Nichts davon kam mir in den Sinn, natürlich nicht; ich zog voreilig den Schluss, wie es fast alle Leute tun, dass Filmemacher schwachsinnige Verschwender sind. Inzwischen weiß ich, da ich zu ihnen gehöre, dass sie schwachsinnige Geizhälse sind.
    Während des gesamten ersten Tages nahm ich an, dass der Mann von der Crew, der uns positionierte, der uns instruierte, wann und wohin wir uns bewegen sollten, der laut um Ruhe bat und das Kommando gab, die Kamera »laufen« zu lassen, der Regisseur sei, von dem ich wusste, dass er Hugh Hudson hieß. Als ich an einer Stelle klarere Information brauchte, begann ich meine Frage mit »Entschuldigen Sie, Mister Hudson …«. Er lachte und wies auf einen Mann, der gemütlich auf seinem Stuhl saß und Zeitung las. »Ich bin nur der Erste Regieassistent«, sagte er. »
Das
da ist der Regisseur.«
    Wenn ein Regisseur nicht herumschreit und den Leuten sagt, wann sie sich bewegen, wie sie ihre Requisiten halten und wohin sie blicken sollen,
was
, fragte ich mich, machte er dann eigentlich? Alles kam mir höchst mysteriös vor.
    Nach nur drei oder vier Tagen »Dreh«, wie wir Profis inzwischen sagten, wurde in Cambridge gemunkelt, dass gewisse Autoritätspersonen der Universität das Drehbuch gelesen, an dessen Implikationen Anstoß genommen und der Produktionsfirma fristlos sämtliche Genehmigungen für die Filmarbeiten entzogen hatten. Es schien so, als würden die Masters der Colleges von Trinity sowie Gonville und Caius, gespielt von John Gielgud und Lindsay Anderson, in der Filmhandlung als antisemitische Snobs dargestellt. Ihre heutigen Nachkommen waren der Meinung, das sei nicht zu tolerieren.
    Also gut, dachten wir. Das wäre das. Ein Spaß, solange es andauerte. Aber der Produzent des Films, David Puttnam, feuerte uns nicht, entweder aus Loyalität oder aus pragmatischeren Gründen der finanziellen Ökonomie. Es gelang ihm sehr schnell, das Eton College als alternative Location zu gewinnen, und wir wurden alle mit dem Bus nach Berkshire gebracht. Die nahegelegenen Bray Studios nutzten wir als Basis. In Eton wurde eine der denkwürdigsten Szenen des Films gedreht: der Great Court Run, in dem Harold Abrahams und Lord Lindsay, gespielt von Ben Cross und Nigel Havers, eine vollständige Runde am äußeren Rand des Trinity Great Court in den ungefähr dreiundvierzig Sekunden (abhängig davon, wann die Uhr das letzte Mal aufgezogen wurde) laufen, die die Glocken brauchen, bis sie zwölf geschlagen haben – eine Leistung, die Sebastian Coe 1988 knapp verfehlte. Der School Yard in Eton ist wahrscheinlichnur ein Viertel so groß wie der Trinity Great Court, aber mit Hilfe geschickter Kameraeinstellungen gelang es, die Tatsache zu verschleiern, dass sogar ich ihn wahrscheinlich in dreiundvierzig Sekunden hätte umrunden können. Meine Rolle in dieser Szene bestand darin, mit so gut wie allen anderen Komparsen zusammen zu jubeln und meine Kreissäge wie wild in die Luft zu schleudern.
    Diese Szene zu drehen

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