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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Mutter an und erzählte ihr, was wir vorhatten.
    »Ach, das Dorchester«, sagte sie. »Ich bin schon seit Jahren nicht mehr dort gewesen. Ja, ich kann mich sehr genau an das letzte Mal erinnern. Dein Vater und ich besuchten einen Ball, der abgebrochen wurde, als die Nachricht von John F. Kennedys Ermordung kam und niemand mehr weitermachen mochte.«
    Am vereinbarten Termin nahm die Kerntruppe der Footlighters in einem leeren Kino Platz, um sich den Film anzusehen. Wir waren darauf vorbereitet, deprimiert auf die Peinlichkeiten eines britischen Low-Budget-Films reagieren zu müssen. Als wir ins Freie traten, wischte ich mir eine Träne aus dem Gesicht und sagte: »Entweder bin ich in höchst sonderbarer Stimmung, oder es war ziemlich fantastisch.«
    Die anderen schienen meiner Ansicht zu sein.
    In aller Eile brachten wir einen Eröffnungssketch zusammen, in dem wir in Zeitlupe auf die Bühne laufen wollten. Steve Edis, dessen Ohr genauso gut war wie das von Hugh, hatte die charakteristische Titelmelodie von Vangelis sofort aufgeschnappt und spielte sie auf dem Klavier.
    Nachdem wir stundenlang in dem kleinen Speiseraum herumgesessen hatten, der für die Toastmaster in ihrer roten Livree und diejenigen reserviert war, die oberes Dienstpersonal genannt wurden, waren wir endlich dran.
    »Meine Lords, Ladies und Gentlemen«, sprach der Conferencier in sein Mikrofon, »sie funkelten bereits in den Zwanzigern, und jetzt unterhalten sie in den Achtzigern. Die Rede ist von den Cambridge University Footlights!«
    Unser Zeitlupenlauf auf die Bühne, begleitet von Steves munterer Darbietung der Filmmusik, kam sehr gut an, und nach anfänglichen Heiterkeitsausbrüchen und Beifallskundgebungen fuhren wir unbekümmert mit unserem Material fort. Irgendwann war nicht mehr zu verhehlen, dass wir allmählich unser Publikum verloren. Es wurde geraschelt, geraunt, mit den Stühlen gerückt und geflüstert. Männer in Dinnerjacketts und Frauen in Abendkleidern hasteten ans andere Ende des Ballsaals und … ja, ehrlich … und eilten hinaus.
    So schlecht konnten wir doch gar nicht sein? Wir hatten dieses Programm nicht nur in Cambridge aufgeführt, sondern auch Abende in den Riverside Studios in Hammersmith bestritten. Ich konnte ja verstehen, dass wir nicht nach jedermanns Geschmack waren, aber ein derartiger Massenexodus schien ein abgekarteter Affront zu sein. Ich suchte Hughs Blick, der dem einer verzweifelten Gazelle glich, die von einem Leoparden zu Boden gerissen wurde. Ich nehme an, dass meine Miene kaum anders wirkte.
    Als wir uns verschwitzt von der Bühne trollten und Paul mit dem tapferen Schritt eines Aristokraten auftrat, den die Guillotine erwartet, flüsterte Emma uns zu: »Jemand hat auf Ronald Reagan geschossen!«
    »Was?«
    »Sämtliche Angestellten bei der Twentieth Century Fox sind zu den Telefonen gerannt …«
    Ich rief meine Mutter an jenem Abend an.
    »Das reicht jetzt, Darling«, sagte sie. »Kein Mitglied dieser Familie geht je wieder zu einer Veranstaltung im Dorchester. Das wäre Amerika gegenüber nicht fair.«

Corpsing Chorus – Lachkrampf im Chor
     
    In Cambridge hatte Brigid Larmour die Regie bei
Love’s Labour’s Lost
übernommen, der Trimester-Produktion der Marlowe Society. Dabei handelte es sich um den rein dramatischen Widerpart der May-Week-Revue der Footlights, also eine Produktion mit großem Etat (egal, welche Maßstäbe man anlegt), die im Arts Theatre auf die Bühne gebracht werden sollte, einem großartigen professionellen Haus mit dem bestürzenden Fassungsvermögen von genau 666 Besuchern. Die Verbindung meiner überzeugenden Rhetorik mit Brigids natürlichem Charme brachte Hugh dazu, seine erste Shakespeare-Rolle zu übernehmen, die des Königs von Navarra. Ich spielte die Person mit der vielleicht besten Beschreibung aller
dramatis personae
bei Shakespeare: »Don Adriano de Armado, ein fantastischer Spanier«. Nur dass ich kein fantastischer Spanier war. Wann immer ich versuche, Spanisch zu sprechen, kommt aus irgendwelchen Gründen etwas heraus, das sich nach Russisch oder Italienisch anhört oder nach einer abstrusen Mischung daraus. Einen mexikanischen Akzent bekomme ich annehmbar hin, und daher war mein Armado ein unerklärlich fantastischer Mexikaner. Die Hauptrolle des Berowne spielte ein vorzüglicher Schauspieler aus dem zweiten Studienjahr namens Paul Schlesinger, Neffe des großartigen Filmregisseurs John Schlesinger.
    Das Stück beginnt mit einer langen Rede des Königs, in

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