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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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aufzuschlagen, und sah zwei verschwommene Gestalten, die sie musterten. Eine von ihnen saß erhöht auf einem Wesen, das mit den Ohren zuckte und schnaubte …
    »Ah, ja, siehst du, sie blinzelt. Keine Angst, Mylady, Ihr seid schon bald in Sicherheit und wieder gesund.« »Wir legen sie besser auf den Karren. Domas wird nicht erfreut sein, wenn sie sich am Ende hier draußen in der Kälte noch den Tod holt…«
    Domas! Während Keren in einen grauen Dämmerschlaf versank, klammerte sie sich an diesen vertrauten Namen wie an eine wärmende Flamme der Hoffnung.

ZWISCHENSPIEL DER TRÄUME
    Verloren auf Traumes Meeren
Mit zerfetzten Segeln und leckem Rumpf,
Sinken wir in die Düsternis und springen,
Widerstandslos in den Grabesschlund.
    ESHEN CAREDU, STURMFAHRT, KAPITEL
    Alael kehrte fast einen Tag nach ihrer Begegnung mit dem Bannwirker im Kolleg von Hendreds Hallen zum Palast zurück. Die Verfolgungsjagd hatte nach Norden um den Hügel des Kapellforts geführt, über die Falkenbrücke und mitten ins Herz der Stadt. Osper Trawms magisches Musikinstrument half, die vergiftete Fährte des Mannes bis zum Hohen Ufer zu verfolgen, von wo sie hinabführte und schließlich nahe den aufgegebenen Gebäuden des verlassenen Werftbezirks verlief. Müde und ausgelaugt hatten Alael und Nerek, eskortiert von Ghazrek und seinen Männern, die Verfolgung aufgegeben und waren zurück geritten. Nachdem sie sich zur Nacht umgezogen hatte, aß Alael etwas von dem kaltem Aufschnitt, der ihr von der Küche geschickt worden war, schickte ihre Zofe Nuri hinaus und schlurfte müde in ihre kleines, kaltes Schlafgemach. Die heruntergebrannten Kohlen eines Feuers glühten auf dem Rost, und auf einem zierlichen Hocker brannte eine Kerze. Neben dem bronzenen Kerzenhalter, der wie eine Muschel geformt war, lag ein kleines Stück Pergament. Es war eine Nachricht von Bardow, in welcher er sie bat, in einer höchst dringenden Angelegenheit zu ihm zu kommen. Ob das anberaumte Treffen mit dem Buch und der Übersetzung zu tun hatte, die sie in der Nacht zuvor eilig in seinem Studierzimmer abgegeben hatte? Vermutlich.
    Sie gähnte mehrmals kräftig, was ihr sagte, dass auch diese Angelegenheit nicht so dringend war wie Ruhe. Also kroch sie zwischen die klammen Laken, die ihr Körper bald erwärmte. So eingehüllt, sank sie rasch in den Schlaf… Sie träumte. In dem Traum wanderte sie durch eine zerstörte Stadt, die in einen dichten, aber merkwürdig hellen Nebel eingehüllt war. Die von der Zeit randgeschliffenen Steine fühlten sich warm unter ihren nackten Füßen an, und mit den Händen strich sie liebkosend über erodierte Marmorsäulen und Statuen. Hinter verschiedenen Torbögen erspähte sie Gärten, Springbrunnen und Teiche, und einige Male kam sie an Bäumen vorbei, die einen Weg in das Mauerwerk gefunden hatten.
    Schließlich durchquerte sie einen Torbogen, und der Traum veränderte sich, ihr Blick wurde merklich klarer. Sie stand in einem üppigen Dickicht an einem Waldrand, und die schweren Gerüche von Erde und Harz stiegen ihr zu Kopf. Noch bevor sie sich umdrehte und das Tal der Linderung sah, wusste Alael, dass sie sich im Reich der Erden-Mutter befand.
    Der Fluss war noch genauso, wie sie sich an ihn erinnerte, ein farbloser, schweigender Strom aus ringenden Gestalten. Der dichte Urwald und die riesigen Felswände des Tales waren ebenso unverändert. Sie folgte dem Fluss der Geister, der hinter dem Wald abbog, drehte sich um, um in die andere Richtung zu sehen … und wäre beinahe vor Überraschung zurückgesprungen, als sie eine Frau erblickte, die kaum weiter als einen Schritt von ihr entfernt dastand.
    »Wer seid Ihr?«, fragte sie. »Woher kommt Ihr?«
    Die Frau war etwas kleiner als Alael, trug die hellblaue Robe einer Priesterin und hatte einen wollenen Schal lose über die Schultern gebunden. Ihr ehemals blondes Haar war fast völlig ergraut, und sie hatte ein freundliches Gesicht. Sie lächelte schemenhaft.
    »Ich weiß nicht, wer ich bin, Alael, aber ich bin von dort gekommen.« Sie deutete auf den Fluss. Alael sah unsicher von der Frau zum Fluss und wieder zurück. »Seid Ihr von der Erden-Mutter geschickt worden? Seid Ihr eine Botin?«
    Die Frau strahlte eine unbekümmerte Unwissenheit aus, als sie jetzt amüsiert mit den Schultern zuckte. »Auch das weiß ich nicht, aber wir müssen hier entlang gehen.« Sie schlenderte durch das kniehohe Gras und die Blumen, und wie unter Zwang folgte Alael ihr. Ihre Bewegungen verschwammen mit

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