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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Flüche und das Platschen von Schritten im flachen Wasser. Die Männer mussten ihr so nah sein, dass sie jeden Moment erwartete, eine Schwertspitze im Rücken zu spüren.
    Die Flüche schlugen jedoch rasch in erschrockene Schreie und dann in qualvolles Gebrüll um. Sie paddelte ein Stück weiter und riskierte dann einen Blick zurück. Zwei Gestalten standen in dem hüfthohen Wasser und schlugen wild um sich, während um sie herum kleine Fische in den Wellen zu sehen waren. Einer der Männer stolperte, stürzte und tauchte unter die Wasseroberfläche, die plötzlich zu kochen schien, während der andere hastig zum Ufer zurückwatete.
    Flossenfresser… sie sind stets hungrig … Am gefährlichsten sind sie im Winter…
    Die Blinde Rina klang jetzt müde und weit entfernt. Der Flüchtende hätte beinahe das rettende Ufer erreicht, als er vornüber in das flache Wasser fiel. Der Schwärm der kleinen Raubfische wühlte es zu einer blutigen Gischt auf. Auf einer Klippe, von der aus man den Hof überblicken konnte, drehte sich eine einzelne Gestalt um und verschwand in dem verlassenen Viertel.
    Wenn du das nächste Mal mit Bardow redest, Kind, frag ihn nach der Niederen Macht…
    Nerek beobachtete das blutige Mahl mit grimmiger Miene, nickte und paddelte weiter.
    Alael fröstelte und zog ihren mit Pelz besetzten Mantel enger um sich, während sie und ihre vierköpfige Eskorte der belebten Spinneretstraße zum Kai folgten. Es hatte aufgehört zu schneien, aber vom Fluss wehte ein kalter Wind, der die Luft schneidend machte und in ungeschützte Haut biss. Alael sah auf ihrem Weg um sich herum die Armen und Verwahrlosten von Besh-Darok, deren Kleidung fadenscheinig oder geflickt war, und deren ausgemergelte Gesichter von Hunger und Entbehrungen gezeichnet waren. Diese Leute ihrerseits bedachten sie mit Seitenblicken, die überraschenderweise weder Bewunderung noch Furcht verrieten. Seit der Schlacht kursierten zahllose Geschichten um sie und die Erden-Mutter in der Stadt, die mit jeder Schilderung ein wenig fabelhafter wurden, ungeachtet dessen, dass sie ihnen geduldig widersprach.
    Auf einem breiten Balkon eines Hauses irgendwo in der Spinneretstraße sang ein Chor von einer der Akademien der Stadt einfache Lieder im alten Hoch-Mantinoru. Alael verstand nicht einmal jedes zehnte Wort, aber die Stimmen strahlten eine tiefe, eindringliche Schönheit aus, und weckten in Alael Erinnerungen an ihre Kindheit. Am Ende der Straße spielten zwei Spielleute mit merkwürdigen, dreiköpfigen Flöten eine seltsame, unzusammenhängende Weise, die sich neben den fernen Stimmen der Chorsänger fast beunruhigend anhörte. Alael und ihre Wache bogen - umgeben von der plaudernden Menge - auf den langen, breiten Goldfass-Kai ein. Von den Masten der Lagerhäuser hing eine Reihe riesiger, wehender Fahnen herab. Die erste war ein langes, rosagesäumtes Banner aus blauem Stoff, welches das mit silbernen und goldenen Seidenfäden gewirkte Baum- und Glocken-Wappen von Besh-Darok selbst schmückte. Die anderen zeigten auf grünem, blauem und gelbem Grund die Wappen der Khatrisischen Adelsgeschlechter, des Hochadels sowie des niederen Adels. Daneben hingen die Wappen der Zünfte und Kaufmannsfamilien, deren Stil von einfach und nüchtern bis hin zu ausgelassen und kompliziert reichte. Als Alael unter den Bannern hindurchging, sah sie in der Nähe des Kais bunte Papierdrachen in der Luft tanzen, deren Leinen von Leuten in kleinen Booten auf dem Fluss gehalten wurden. Über dem Stimmengewirr der Menge hörte sie gerade noch die wie ferner Donner klingenden Trommeln aus der Richtung des Fünfkönigs-Piers. Während sie dem verschlungenen Kurs der Menge über den Kai folgte, fiel Alaels Blick auf eine kleine Prozession, die aus der entgegengesetzten Richtung auf sie zu kam. Diener in blassen Roben trugen Standarten und gingen zügig vor einer von Pferden gezogenen Kutsche, auf der mehrere Menschen standen und sich an einem hölzernen Geländer festhielten. Andere Bedienstete eilten den Standartenträgern voraus und bahnten ihnen einen Weg durch die Menge oder schoben die großen, herunterhängenden Banner beiseite, damit die Kutsche ohne Schwierigkeiten darunter hindurchfahren konnte. Als sie näher kamen, erkannte Alael plötzlich das Symbol auf den Standarten und sah, dass der Arm eines der Männer auf der Kutsche aus glänzendem Metall war.
    Alael überrumpelte ihre Eskorte, als sie rasch vom Rand des Kais wegtrat und sich in der Menge hinter den

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