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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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wir eine Streitmacht von wenigstens zehntausend Mann den Großen Gang hinunterführen müssen, alle gut bewaffnet und mit Proviant ausgestattet.«
    »Also ist der Gang fertig gestellt.«
    »Das Brunn-Tor hat die Bohrung vor kurzem beendet«, erklärte Byrnak und genoss die Befriedigung, die seine Worte in ihm auslösten. »Sollten wir es wünschen, können wir von hier aus in weniger als einem Tag nach Besh-Darok reiten.«
    »Warum verfolgst du angesichts dieser überlegenen Strategie noch all die anderen vergleichsweise unbedeutenden Listen und Ränke?«
    »Wir haben es mit zu viel Unbekanntem zu tun, Bruder«, meinte Byrnak. »Und mit Faktoren, die ich nicht einschätzen kann. Was ist das Ziel der Erden-Mutter, und wird sie eingreifen, wenn wir unseren Feldzug beginnen? In diesem einen Moment muss sämtlicher Widerstand wie eine Eierschale zerbrechen. Befinden sich erst einmal das Kristallauge und der Mutterkeim in unserer Hand …«
    »Sind wir vielleicht endlich in der Lage, es mit unserem Herrn und Meister aufzunehmen.« Grazaan lächelte frostig.
    Byrnak nickte. Die Fragmente des Herrn des Zwielichts, die jeder von ihnen in sich trug, gierten nach Vereinigung, ganz gleich, welchen Preis ihre Wirtskörper dafür zahlen mussten. Einer der Schattenkönige, Ystregul, der Schwarze Priester, war bereits dem Wahnsinn verfallen, der von seinem Bruchstück des Herrn des Zwielichts gesät worden war, und lag nun in Trevada, durch Zauber und Ketten gebunden »Genau das«, sagte Byrnak schließlich. »Und die Zeit ist nicht auf unserer Seite.«
    Auf der anderen Seite des Gewölbes halfen die Akolythen einigen nackten Menschen dabei, aus dem See der Seelen zu steigen. In diesem Moment durchdrang ein Laut die wässrige Stille, ein wahnsinniger, verzweifelter Schrei. Byrnak sah, wie die Gestalt eines Mannes zwischen den ausgestreckten Leichen kauerte. Er umklammerte mit einer Hand seinen Kopf und schrie unartikuliert, während er versuchte, die Leichen um sich herum wachzurütteln.
    »Manchmal erwacht ein unterdrückter Geist, während eine der geernteten Seelen versucht, Besitz von ihm zu ergreifen«, erklärte Grazaan. »Der Schock genügt für gewöhnlich, um das Eindringen der Seele abzuwehren und gleichzeitig den letzten Rest vom Verstand des Wirtes zu vernichten.«
    Zwei Akolythen gingen auf grünen Paddeln durch die Luft und packten den jammernden, sinnlos plappernden Wirtskörper. Byrnak sah den anderen Schattenkönig nachdenklich an. »Wie oft kommt das vor, und was machst du mit ihnen?«
    »Wir haben vier, manchmal fünf am Tag«, meinte Grazaan. »Wir bringen sie in die Klosterhöfe hinter den Vorhangwänden. Sie bereichern den Speiseplan der Nachtjäger, Bruder.«
    Sie lachten.
    »Und wie viele Krieger kannst du mir liefern?«, wollte Byrnak wissen.
    »Vorausgesetzt der Nachschub hier nimmt nicht ab, produzieren die beiden Gewölbe zusammen zwischen zwei- und dreitausend pro Tag«, sagte Grazaan.
    »Ausgezeichnet. Jetzt muss ich dich aber leider verlassen. Ich habe noch einiges mit unserem Bruder Kodel zu besprechen.«
    »Hüte dich vor ihm«, murmelte Grazaan. »Hinter seinen Augen lauern nur eigensüchtige Pläne.« Byrnak grinste dämonisch. »Ich wäre fast enttäuscht, wenn es anders wäre. Bis später.«
    »Bis dahin.«
    Es gab zwar Korridore, die zu den tiefsten Untergeschossen der Zitadelle von Rauthaz führten, aber es war für Byrnak ein Leichtes, ein Seitenportal des Brunn-Tores zu öffnen. Eine spindelförmige, dunkel schimmernde Öffnung tat sich in der Luft vor ihm auf, und mit einem Bildnis seines Zieles vor Augen trat er hindurch. Die Halle der Schmiede war einst ein gewaltiger Tempel gewesen, welcher dem Vater-Baum und der Erden-Mutter geweiht war. Jetzt schwärzten Ruß und Schmutz die gemusterten Fenster, die kannelierten Säulen und das verzierte Mauerwerk. Sechzehn gewaltige Essen nahmen den ganzen Boden ein, acht zu jeder Seite eines Mittelganges. Massive Säulen ragten von den Rückseiten der großen Brennöfen empor und führten den größten Teil des funkensprühenden Rauches durch die Wände nach draußen. Dennoch schwebte ein ständiger Rauchschleier in der Luft, während Gruppen von schwitzenden Schmieden und Heizern mit wildem Eifer in dem glühenden, goldenen Licht schufteten.
    »Ah, Bruder Byrnak. Wie außerordentlich pünktlich. Ich wollte gerade nach dir senden …« Das Portal des Brunn-Tores hatte Byrnak in eine lange, niedrige Kammer gebracht, an deren Ende eine offene Empore

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