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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Arbeiter letzte Hand an einen steinernen Sockel in der Nähe des Turms anlegten. Er sollte eine Statue von Gunderlek tragen, dem tragischen Rebellenführer. Tauric hatte sich nachdrücklich dafür eingesetzt, dass der Mann geehrt wurde, und es hatte ihn ein wenig überrascht, als sowohl der Lordregent als auch der Erzmagier rasch eingewilligt hatten. Ebenso wurde vorgeschlagen, kleinere Statuen von ihm selbst für öffentliche Plätze, die Halle der Stadt und den Fünfkönigspier anfertigen zu lassen.
    Wachfeuer flackerten in ihren Nischen auf beiden Seiten einer großen Tür in der Mauer des Nachtfrieds. Die Wachen davor salutierten und traten zur Seite, als Tauric und seine beiden Gefährten sich näherten. Ein kurzer Torweg führte in den zweiten Stock, der fast gänzlich Tauric und seinem Gefolge als vorübergehendes Quartier zur Verfügung gestellt worden war, bis die oberen Stockwerke des Turmes wiederhergestellt waren. Sie eilten durch mehrere Korridore zu einem viereckigen Raum, in dem ein halbes Dutzend Gefährten saß oder sich auf Liegen ausruhte. Alle sprangen hoch, als Tauric eintrat, doch er bedeutete ihnen mit einer kurzen Handbewegung, Platz zu behalten, während er mit den beiden anderen zu einem von einem Vorhang verschlossenen Durchgang trat. Dahinter lag ein kleines Vorzimmer, in dem zwei Gefährten eine einfache Holztür bewachten. Sie nahmen Haltung an, als Aygil die Tür öffnete und in den Raum trat. Er war klein und finster und nur von zwei bronzenen Öllampen erhellt, die auf einem Altar in einer Ecke brannten. Eine gebeugte Gestalt kniete auf einer Matte davor und murmelte ein monotones Gebet. Tauric und seine Gefährten warteten respektvoll, bis der Mann endlich zum Ende kam und einen langen Seufzer ausstieß. »Göttliches Himmelspferd«, sagte er, »siehe diese drei, welche die Bürde der Tapferkeit in deinem Namen auf sich genommen haben. Segne ihre Aufgabe, o Hengst des Sturmes, auf dass alle Menschen ihre Stimme zu deinem Lobgesang erheben. Auf der Ebene und im Himmel…«
    »Auf der Ebene und im Himmel«, wiederholten Tauric und seine Gefährten und legten eine Hand auf das Pferdeamulett, das sie um ihren Hals trugen.
    Einen Moment herrschte verlegenes Schweigen, dann sagte der Kniende: »Ihr ehrt diesen armen Priester mit Eurem Besuch, Majestät. Bekümmert Euch neues Wissen?«
    Tauric überlief es kalt bei dieser Demonstration der Hellsicht. »Ich grüße Euch, Priester. Ich habe heute allerdings viele beunruhigende Dinge erfahren …« Er gab einen kurzen Abriss von dem, was er in der Bibliothek belauscht hatte.
    »Das Böse ist sprießendes Gift, das in jedem Boden zu wurzeln vermag«, sagte der Priester, dessen Gesicht im Dunkel blieb.
    »Und wir scheinen beinahe machtlos dagegen zu sein«, erwiderte Tauric.
    »Hm … meint Ihr nicht eher: ›Ich‹ statt ›wir‹, Majestät?«
    Tauric ließ die Schultern hängen. »Ja«, gab er zu. »Überall riskieren Menschen, die ich kenne, ihr Leben oder sogar ihre Seele in diesem Kampf, während ich untätig herumsitzen muss.« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Sicher ist jetzt die Zeit gekommen, das Himmelspferd zu erwecken, damit es einem Land hilft, das seines Schutzes so verzweifelt bedarf. Wenn wir nur wüssten, wo wir einen Schrein oder einen Ort der Macht finden können …«
    Der Priester seufzte wieder. »Nach der Schlacht, in den Tagen und Wochen, während ich mit meinem zerschmetterten Bein am Ufer entlanggekrochen bin, ist mir vieles durch den Kopf gegangen. Gesichter, Bilder und Muster, die mich ausbrannten, mein Wesen reinigten, bevor mir die erste Vision des göttlichen Himmelspferdes gewährt wurde, der Großen Weltenmähne … Und in der Zeit hier in diesem Refugium sind einige dieser wilden Gesichter gelegentlich aus meiner Erinnerung aufgestiegen, so auch eben mitten während Eurer Schilderung, Majestät. Sagt bitte, wie war der Name dieser Stadt, in der Lord Mazaret seine Verbündeten getroffen hat?«
    »Warum? Der Ort hieß Nimas …«
    Der Priester sog vernehmlich die Luft ein und richtete sich mit Hilfe eines Stocks auf. »Nimas … wo einst, vor längst vergangenen Zeitaltern, ein großer Tempel dem göttlichen Himmelspferd geweiht war…« Er drehte sich herum und sah die drei Männer direkt an. Er war kahlköpfig und gealtert, und auf seinem langen Gesicht zeigten sich die Schmerzen, die ihm sein verkrüppeltes Bein bereitete. Aber seine Züge waren unverkennbar.
    Der ehemalige Waffenmeister betrachtete Tauric

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