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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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demselben hing ein Zaum. In der Ecke, nahe beim Fenster lehnte eine lange Kentuckybüchse. Ich mußte unwillkürlich an Old Death denken, doch konnten diese Gegenstände auch irgendeinem andern gehören.
    Aus dem Hause getreten, schlenderte ich langsam die Gasse hinab. Als ich um die Ecke biegen wollte, wurde ich von einem Mann angerannt, welcher von der andern Seite kam und mich nicht gesehen hatte.
    „Thunder-storm!“ schrie er mich an. „Paßt doch auf, Sir, bevor Ihr in dieser Weise um die Ecken stürmt!“
    „Wenn Ihr meinen Schneckengang für ein Stürmen haltet, so ist die Auster ein Mississippisteamer“, antwortete ich lachend. Er fuhr einen Schritt zurück, sah mich an und rief: „Das ist ja der deutsche Greenfish, welcher nicht zugeben wollte, daß er ein Detektiv sei! Was habt Ihr denn hier in Texas und gar in Matagorda zu suchen, Sir?“
    „Euch nicht, Master Death!“
    „Glaube es wohl! Ihr scheint zu den Leuten zu gehören, welche niemals finden, was sie suchen, dafür aber mit allen Leuten zusammenrennen, mit denen sie nichts zu schaffen haben. Jedenfalls habt Ihr Hunger und Durst. Kommt, wir wollen uns irgendwo vor Anker legen, wo es ein gutes Bier zu trinken gibt. Euer deutsches Lagerbier scheint sich überall breit zu machen. In diesem elenden Nest ist es auch bereits zu finden, und ich kalkuliere, daß dieses Bier das Beste ist, was man von Euch haben kann. Habt Ihr schon Logis?“
    „Ja, da unten im ‚Uncle Sam‘.“
    „Sehr schön! Da habe auch ich mein Wigwam aufgeschlagen.“
    „Etwa in der Stube, in welcher ich Reitzeug und die Büchse bemerkte, eine Treppe hoch?“
    „Ja. Ihr müßt nämlich wissen, daß ich von diesem Zeug nicht lasse. Es ist mir lieb geworden. Ein Pferd ist überall zu bekommen, ein guter Sattel nicht. Aber kommt, Sir! Soeben war ich in einer Bude, wo es ein kühles Bier gibt, an diesem Junitage ein wahres Labsal. Bin gern bereit, noch eins oder einige zu trinken.“
    Er führte mich in ein kleines Lokal, in welchem Flaschenbier zu einem übrigens sehr hohen Preise ausgeschenkt wurde. Wir waren die einzigen Gäste. Ich bot ihm eine Cigarre an; er lehnte sie aber ab. Dafür zog er eine Tafel Kautabak aus der Tasche und schnitt sich von derselben ein Primchen ab, welches für fünf Vollmatrosen ausgereicht hätte. Dieses schob er in den Mund, brachte es liebevoll in der einen Backe unter und sagte dann:
    „So, jetzt stehe ich Euch zu Diensten. Ich bin begierig, zu hören, welcher Wind Euch so schnell hinter mir her getrieben hat. War es ein günstiger?“
    „Im Gegenteil, ein sehr widriger.“
    „So wolltet Ihr wohl gar nicht hierher?“
    „Nein, sondern nach Quintana. Da es aber dorthin keine schnelle Gelegenheit gab, so bin ich hierher gekommen, weil man mir sagte, daß ich hier leicht ein Schiff finden werde, welches nach dem genannten Ort bestimmt sei. Leider muß ich zwei volle Tage warten.“
    „Tragt das in Geduld, Master, und tröstet Euch mit der süßen Überzeugung, daß Ihr eben ein Pechvogel seid!“
    „Schöner Trost! Meint Ihr, daß ich Euch für denselben eine Dankesadresse überreichen lassen soll?“
    „Bitte“, lachte Old Death. „Gebe meinen Rat stets unentgeltlich. Übrigens geht es mir grad so wie Euch; sitze auch so nutzlos hier, weil ich zu langsam gewesen bin. Wollte hinauf nach Austin und dann weiter, ein wenig über den Rio Grande del Norte hinüber. Die Jahreszeit ist günstig. Es hat geregnet, und so besitzt der Colorado genug Wasser, um flache Dampfboote nach Austin zu tragen. Der Fluß ist nämlich den größten Teil des Jahres über sehr wasserarm.“
    „Ich habe gehört, daß eine Barre die Schiffahrt behindere.“
    „Das ist keine eigentliche Barre, sondern eine Rast, eine gewaltige Anschwemmung von Treibholz, welche ungefähr acht englische Meilen oberhalb von hier den Fluß zwingt, sich in mehrere Arme zu spalten. Hinter dieser Rast gibt es dann ein stetig freies Wasser, bis Austin und darüber hinaus. Da durch die Rast die Fahrt unterbrochen wird, so tut man klug, von hier aus bis hinauf zu ihr zu gehen, und erst dann an Bord zu steigen. Das wollte ich auch; aber Euer deutsches Lagerbier hatte es mir angetan. Ich trank und trank, verweilte in Matagorda zu lange, und als ich bei der Rast ankam, pfiff das Dampfboot eben ab. Habe also meinen Sattel wieder zurücktragen müssen und muß nun warten bis morgen früh, wo das nächste Boot abgeht.“
    „So sind wir Leidensgefährten, und Ihr könnt Euch mit demselben

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