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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Indianer in Masse kommen, so geht es eben nach dem alten Sprichwort: Viele Hunde sind des Hasen Tod.“
    „Well! Aber muß man grad ein Hase sein? Ich bin zwar kein so berühmter Westmann wie Ihr und habe weder eine Silberbüchse noch einen Henrystutzen; aber zu schießen verstehe ich auch; unsere Gewehre sind gut, und wenn ich meine Tür zumache, kommt mir gewiß kein Roter herein. Und wenn hundert draußen ständen, wir würden sie alle wegputzen, einen nach dem andern. Doch horch! Das wird wohl Rollins sein.“
    Wir hörten den Huftritt eines Pferdes, welches draußen vor der Tür angehalten wurde. Corner ging hinaus. Wir hörten ihn mit jemand sprechen, und dann brachte er einen Mann herein, den er uns mit den Worten vorstellte:
    „Dies ist Mr. Rollins, von dem ich euch gesagt habe, der Gehilfe des Pedlars, den ihr sucht.“
    Und sich wieder zu dem Eingetretenen wendend, fuhr er fort:
    „Ich habe draußen gesagt, daß Euch eine große Überraschung bevorstehe, eine Überraschung nämlich darüber, war für Männer Ihr heute bei mir zu sehen bekommt. Diese beiden Gentlemen sind nämlich Winnetou, der Häuptling der Apachen, und Old Shatterhand, von denen Ihr gewiß schon oft gehört haben werdet. Sie suchen nach Mr. Burton, dem sie eine ganze Menge von Fellen und Pelzen verkaufen wollen.“
    Der Händler war ein Mann in den mittleren Jahren, eine ganz gewöhnliche Erscheinung, ohne irgend etwas Auffälliges im guten oder im bösen Sinn. Seine Physiognomie war gar nicht etwa geeignet, bei der ersten Betrachtung irgend ein negatives Urteil hervorzurufen, und dennoch wollte mir der Gesichtsausdruck, mit dem er uns betrachtete, nicht gefallen. Waren wir wirklich so hervorragende Männer, wie er jetzt zu hören bekommen hatte, so mußte er sich freuen, uns kennen zu lernen; zugleich war ihm ein gutes Geschäft in Aussicht gestellt worden; das mußte ihm lieb sein; aber in seinen Zügen war nichts von Freude oder Befriedigung zu lesen; ich glaubte vielmehr zu bemerken, daß es ihm nicht recht zu sein schien, mit uns zusammenzutreffen. Doch war es leicht möglich, daß ich mich täuschte; das, was mir nicht gefiel, konnte eine ganz unschuldige Zaghaftigkeit sein, welche er, der Gehilfe eines Händlers, zwei bekannten Westmännern gegenüber empfand. Darum überwand ich das mir grundlos erscheinende Vorurteil und forderte ihn auf, sich zu uns zu setzen, da wir geschäftlich mit ihm zu sprechen hätten.
    Er bekam auch zu essen, schien aber keinen Appetit zu haben und stand bald vom Tisch auf, um hinauszugehen und nach seinem Pferd zu sehen. Dazu brauchte er nicht lange Zeit, und doch verging weit über eine Viertelstunde, ohne daß er wiederkam. Ich kann es nicht Mißtrauen nennen, aber es war, doch etwas Ähnliches, was mich veranlaßte, auch hinauszugehen. Sein Pferd stand angebunden vor dem Haus; er aber war nicht zu sehen. Es war längst Abend, doch schien der Mond so hell, daß ich ihn hätte bemerken müssen, wenn er in der Nähe gewesen wäre. Erst nach längerer Zeit sah ich ihn um die Ecke der Umzäunung kommen. Als er mich erblickte, blieb er für einen Augenblick stehen, kam aber dann schnell vollends heran.
    „Seid Ihr vielleicht ein Freund von Mondscheinpromenaden, Mr. Rollins?“ fragte ich ihn.
    „Nein, so poetisch bin ich nicht“, antwortete er.
    „Es scheint mir aber doch!“
    „Warum?“
    „Ihr geht ja doch spazieren.“
    „Aber nicht dem Mond zuliebe. Ich fühle mich nicht wohl; habe mir heut früh den Magen verdorben; dann das lange Sitzen im Sattel; mußte mir ein wenig Bewegung machen. Das ist es, Sir.“
    Er band sein Pferd los und führte es in die Umzäunung, wohin die unsrigen auch gebracht worden waren; dann kam er mir nach in das Haus. Was hatte ich mich um ihn zu kümmern? Er war ja sein eigener Herr und konnte tun, was ihm beliebte; doch ist der Westmann nun einmal zur größten Vorsicht, zum Mißtrauen verpflichtet und geneigt; aber der Grund, den Rollins mir für seine Entfernung angegeben hatte, war ein vollständig stichhaltiger und befriedigender. Er hatte vorhin so wenig gegessen, darum war es leicht zu glauben, daß die Schuld an seinem Magen lag. Und dann, als wir drinnen wieder beisammen saßen, gab er sich so natürlich bescheiden, so unbefangen und harmlos, daß mein Mißtrauen, wenn ich ja noch welches gehabt hätte, ganz gewiß geschwunden wäre.
    Wir sprachen natürlich vom Geschäft, von den jetzigen Preisen der Pelze, von der Behandlung, dem Transport derselben und

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