02 - Winnetou II
Untenstehenden nach Scheren rannten. Und wirklich hörte ich sogleich, daß ich ganz richtig vermutet hatte. Man hörte ein allgemeines Laufen und lautes Rufen nach Shears und Scissors. Eine Stimme brüllte sogar nach shears for clipping trees und shears for clipping sheep’s, also nach Baum- und Schafscheren.
„Ferner wird beschlossen“, fuhr der Sheriff fort, „die Verurteilten nach dem Steamer zu schaffen, welcher noch nach elf Uhr von Austin gekommen ist und mit Anbruch des Tages nach Matagorda gehen wird. Dort angekommen, werden sie auf das erste beste Schiff gebracht, welches abgeht, ohne wieder in Texas landen zu wollen. Sie werden an Deck dieses Fahrzeuges gebracht, gleichviel wer sie sind, woher sie kommen und wohin dieses Schiff geht. Von jetzt an bis zur Einschiffung dürfen sie ihre Verkleidungen nicht ablegen, damit jeder Passagier das Recht habe, zu sehen, wie wir Texaner mit den Kukluxern verfahren. Auch werden ihnen die Fesseln nicht abgenommen. Wasser und Brot erhalten sie erst in Matagorda. Die auflaufenden Kosten werden von ihrem eigenen Geld bezahlt, welches die schöne Summe von über dreitausend Dollars ausmacht, die sie wohl zusammengeraubt haben werden. Außerdem wird all ihr Eigentum, besonders die Waffen, konfisziert und sofort versteigert. Die Jury hat bestimmt, daß der Ertrag der Auktion zum Ankauf von Bier und Brandy verwendet werde, damit die ehrenwerten Zeugen dieser Verhandlung mit ihren Ladies einen Schluck zu dem Reel haben, den wir nach Beendigung dieses Gerichtes hier tanzen werden, um dann bei Tagesanbruch die Kukluxer mit einer würdigen Musik und dem Gesang eines tragischen Liedes nach dem Steamer zu begleiten. Sie werden diesem Ball zusehen und zu diesem Zweck da stehen bleiben, wo sie sich befinden. Wenn der Verteidiger etwas gegen dieses Urteil einzuwenden hat, so sind wir gerne bereit, ihn anzuhören, falls er die Gewogenheit haben will, es kurz zu machen. Wir haben die Kukluxer zu scheren und ihre Sachen zu versteigern, also sehr viel zu tun, bevor der Ball beginnen kann.“
Das Beifallsrufen, welches sich jetzt erhob, war eher ein Brüllen zu nennen. Vorsitzender und Verteidiger mußten sich sehr anstrengen, Ruhe zu schaffen, damit der letztere zu Worte kommen könne.
„Was ich noch zum Nutzen meiner Klienten zu sagen habe“, meinte er, „ist folgendes. Ich finde das Urteil des hochachtbaren Gerichtshofs einigermaßen hart, doch ist diese Härte durch den letzten Teil der richterlichen Entscheidung, welcher Bier, Brandy, Tanz, Musik und Gesang betrifft, mehr als zur Genüge ausgeglichen. Darum erkläre ich mich im Namen derjenigen, deren Interessen ich zu vertreten habe, mit dem Urteil völlig einverstanden und hoffe, daß sie sich dasselbe als Aufforderung zum Beginn eines besseren und nützlicheren Lebenswandels dienen lassen. Ich warne sie auch, jemals wieder zu uns zu kommen, da ich in diesem Fall mich weigern würde, ihre Verteidigung nochmals zu übernehmen, und sie also nicht wieder einen so ausgezeichneten juridischen Beirat finden würden. Geschäftlich bemerke ich noch, daß ich für meine Verteidigung pro Klient zwei Dollars zu fordern habe, macht für neunzehn Mann achtunddreißig Dollars, wofür ich nicht schriftlich zu quittieren brauche, wenn sie mir gleich jetzt vor so vielen Zeugen ausgehändigt werden. In diesem Fall nehme ich nur achtzehn für mich und gebe die übrigen zwanzig für Licht und Miete des Saales. Die Musikanten können durch ein Entree entschädigt werden, welches ich vorschlage, auf fünfzehn Cents pro Gentleman zu stellen. Die Ladies haben natürlich nichts zu zahlen.“
Er setzte sich, und der Sheriff erklärte sich völlig mit ihm einverstanden.
Ich saß da, als wenn ein Traum mich befangen hielte. War das alles Wirklichkeit? Ich konnte nicht daran zweifeln, denn der Verteidiger erhielt sein Geld, und viele rannten fort, um ihre Frauen zum Ball zu holen; viele andere kamen und brachten alle möglichen Arten von Scheren mit sich geschleppt. Ich wollte mich gern ärgern, brachte es aber nicht fertig und stimmte in Old Deaths Gelächter ein, dem dieser Ausgang des Abenteuers außerordentlichen Spaß bereitete. Die Kukluxer wurden wirklich kahl geschoren. Dann begann die Versteigerung. Die Gewehre gingen schnell weg und wurden sehr gut bezahlt. Auch von den übrigen Gegenständen war bald nichts mehr vorhanden. Der dabei verursachte Lärm, das Kommen und Gehen, das Drängen und Stoßen war unbeschreiblich. Jeder wollte im Salon
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