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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den grauen Bär getötet hatte und dessen Fell und Klauen mitbrachte. Er ist der Sohn von Oyo-koltsa, den die Bleichgesichter den ‚Weißen Biber‘ nennen.“
    „O, den kenne ich. Er ist mein Freund.“
    „Ich weiß es, denn ich habe dich bei ihm gesehen, als du der Gast seines Zeltes warest. Sein Sohn, der ‚Große Bär‘, wird dich freundlich empfangen.“
    „Wie weit ist der Ort von hier entfernt, an welchem er mit seinen Kriegern lagert?“
    „Mein weißer Bruder wird nicht die Hälfte der Zeit reiten, welche er eine Stunde nennt.“
    „So werden wir ihn bitten, seine Gäste sein zu dürfen. Mein roter Freund mag uns führen.“
    Nach kaum fünf Minuten saßen wir auf und ritten fort; der Indianer schritt uns voran. Er führte uns erst unter den Bäumen hinaus bis dahin, wo das Terrain offen war, und nun wendete er sich flußaufwärts.
    Nach einer guten Viertelstunde tauchten mehrere dunkle Gestalten vor uns auf. Es waren die Lagerposten. Der Führer wechselte einige Worte mit ihnen und entfernte sich dann. Wir aber mußten halten bleiben. Nach einiger Zeit kehrte er zurück, um uns zu holen. Es war stockdunkel. Der Himmel hatte sich getrübt, und kein Stern war mehr zu erkennen. Ich schaute fleißig nach rechts und nach links, konnte aber nichts erkennen. Nun mußten wir wieder anhalten. Der Führer sagte:
    „Meine weißen Brüder mögen sich nicht mehr vorwärtsbewegen. Die Söhne der Comanchen brennen während eines Kriegszuges kein Feuer an, aber jetzt sind sie überzeugt, daß sich kein Feind in der Nähe befindet, und so werden sie Feuer machen.“
    Er huschte fort. Nach wenigen Augenblicken sah ich ein glimmendes Pünktchen, so groß wie eine Stecknadelkuppe.
    „Das ist Punks“, erklärte Old Death.
    „Was ist Punks?“ erkundigte ich mich, indem ich mich unwissend stellte.
    „Das Präriefeuerzeug. Zwei Hölzer, ein breites und ein dünnes, rundes. Das breite hat eine kleine Vertiefung, welche mit Punks, d.h. mit trockenem Moder aus hohlen, ausgefaulten Bäumen gefüllt wird. Das ist der beste Zunder, den es gibt. Das dünne Stäbchen wird dann auch in die Vertiefung auf den Moder gesetzt und mit beiden Händen schnell wie ein Quirl bewegt. Durch diese Reibung erhitzt und entzündet sich der Zunder. Seht!“
    Ein Flämmchen flackerte auf und ward zur großen, von einem trockenen Laubhaufen genährten Flamme. Doch bald sank sie wieder nieder, denn der Indianer duldet keinen weit leuchtenden Feuerschein. Es wurden Aststücke angelegt und zwar rund im Kreise, so daß sie mit einem Ende nach dem Mittelpunkt zeigten. Auf diesem Zentrum brannte das Feuer, welches auf diese Weise leicht zu regeln war, denn je nachdem man das Holz näher heran oder zurückschob, wurde das Feuer groß oder kleiner. Als das Laub hoch aufflammte, sah ich, wo wir uns befanden. Wir hielten unter Bäumen und waren rings von Indianern umgeben, welche ihre Waffen in den Händen hielten. Nur einige wenige hatten Gewehre, die andern waren mit Lanzen, Pfeilen und Bogen bewaffnet. Alle aber trugen Tomahawks, jenes fürchterliche Kriegsbeil der Indianer, welches in der Hand eines geübten Kriegers eine weit gefährlichere Waffe ist, als man gewöhnlich annimmt. Als das Feuer geregelt war, erhielten wir die Weisung, abzusteigen. Man führte unsere Pferde fort, und nun befanden wir uns in der Gewalt der Roten, denn ohne Pferde war in dieser Gegend nichts zu machen. Zwar hatte man uns die Waffen nicht abverlangt, aber fünf gegen hundert ist kein sehr erquickliches Verhältnis.
    Wir durften zum Feuer treten, an welchem ein einzelner Krieger saß. Man konnte ihm nicht ansehen, ob er jung oder alt war, denn auch sein Gesicht war über und über gefärbt, und zwar ganz in denselben Farben und in derselben Weise wie dasjenige des Kundschafters. Sein Haar hatte er in einen hohen Schopf geflochten, in welchem die Feder des weißen Kriegsadlers steckte. An seinem Gürtel hingen zwei Skalpe, und an einer um seinen Hals gehenden Schnur war der Medizinbeutel und das Calumet, die Friedenspfeife, befestigt. Quer über seinen Knien lag die Flinte, ein altes Ding von Anno zwanzig oder dreißig. Er blickte uns nacheinander aufmerksam an. Den Schwarzen schien er nicht zu sehen, denn der rote Mann verachtet den Neger.
    „Der tut stolz“, sagte Old Death in deutscher Sprache, um von dem Roten nicht verstanden zu werden. „Wir wollen ihm zeigen, daß auch wir Häuptlinge sind. Setzt euch also auch und laßt mich reden!“
    Er setzte sich dem

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