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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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deuteten auf den Rang nicht eines Rittmeisters, sondern eines Generals. An der Seite hing ihm ein Säbel in stählerner Scheide, deren Schnallenhalter auch vergoldet waren. In der Linken hielt er einen Dreispitzhut, dessen Spitzen von goldenen Raupen strotzten; an der Seite war eine schillernde Agraffe befestigt, welche einen bunten Federstutz trug. Das sah aus wie Maskerade. Aber wenn man in das alte, ernste Gesicht und das noch frische, gütig blickende Auge sah, konnte man es nicht über das Herz bringen, heimlich zu lächeln. Als wir eingetreten waren, schlug er die Absätze sporenklirrend zusammen, richtete sich stramm empor und sagte:
    „Guten Tag, meine Herren! Ihr seid sehr willkommen!“
    Das klang sehr steif. Wir andern verbeugten uns stumm. Old Death antwortete ihm in englischer Sprache:
    „ Wir danken , Señor Capitano de Caballeria ! Da wir uns in dieser Gegend befanden, so wollte ich meinen Begleitern gern die ehrenvolle Gelegenheit geben, Euch, den tapferen Streiter für Mexikos Unabhängigkeit, kennenzulernen. Gestattet, sie Euch vorzustellen!“
    Bei diesen schmeichelhaften Worten ging ein befriedigtes Lächeln über das Gesicht des Haziendero. Er nickte zustimmend und sagte:
    „Tut es, Señor Death! Es ist mir eine große Freude, die Señors kennenzulernen, welche Ihr zu mir bringt.“
    Old Death nannte unsere Namen, und der Caballero reichte jedem von uns, sogar dem Neger die Hand und lud uns dann zum Sitzen ein. Der Scout fragte nach Señora und Señorita, worauf sofort der Haziendero eine Türe öffnete und die beiden schon bereit stehenden Damen eintreten ließ. Die Señora war eine sehr schöne, freundlich dreinschauende Matrone, die Señorita ein liebliches Mädchen, ihre Enkelin, wie wir später erfuhren. Beide waren ganz in schwarze Seide gekleidet, als ob sie soeben im Begriff gestanden hätten, bei Hof zu erscheinen. Old Death eilte auf die Damen zu und schüttelte ihnen die Hände so herzhaft, daß mir bange wurde. Die beiden Langes versuchten es, eine Verbeugung zustande zu bringen. Sam grinste am ganzen Gesicht und rief:
    „O Missis, Missus, wie schön, wie Seide!“
    Ich trat auf die Señora zu, nahm ihre Hand auf die Spitzen meiner Finger, bückte mich auf dieselbe nieder und zog sie an die Lippen. Die Dame nahm meine Höflichkeit so wohlwollend auf, daß sie mir ihre Wange darreichte, um auf derselben den Beso de cortesía, den Ehrenkuß, zu empfangen, was eine große Auszeichnung für mich war. Ganz dasselbe wiederholte sich bei der Señorita. Nun wurde wieder Platz genommen. Natürlich kam die Rede sofort auf den Zweck unseres Rittes. Wir erzählten das, was wir für nötig hielten, auch unser Zusammentreffen mit den Comanchen. Die Herrschaften hörten uns mit der größten Aufmerksamkeit zu, und ich bemerkte, daß sie einander bezeichnende Blicke zuwarfen. Als wir geendet hatten, bat Señor Atanasio um eine Beschreibung der beiden Männer, welche wir suchten. Ich zog die Photographien hervor und zeigte sie ihnen. Kaum hatten sie dieselben gesehen, so rief die Señora:
    „Sie sind es, sie sind es! Ganz gewiß! Nicht wahr, lieber Atanasio?“
    „Ja“, stimmte der Caballero bei, „sie sind es wirklich. Señores, die Männer waren in vergangener Nacht bei mir.“
    „Wann kamen und wann gingen sie?“ fragte der Scout.
    „Sie kamen spät des Nachts und waren ganz ermüdet. Einer meiner Vaqueros hatte sie getroffen und brachte sie mir. Sie schliefen sehr lang und erwachten erst nach der Mittagszeit. Es ist drei Stunden her, daß sie fort sind.“
    „Schön! So holen wir sie morgen sicher ein. Wir werden ihre Spur jedenfalls finden.“
    „Gewiß, Señor, werdet Ihr das. Sie wollten von hier aus nach dem Rio Grande, um denselben oberhalb des Eagle-Paßes, ungefähr zwischen dem Rio Moral und dem Rio las Moras zu überschreiten. Übrigens werden wir noch von ihnen hören. Ich habe ihnen einige Vaqueros nachgeschickt, welche Euch ganz genau sagen werden, wohin sie geritten sind.“
    „Warum habt Ihr ihnen diese Leute nachsenden müssen?“
    „Weil diese Menschen mir meine Gastfreundschaft mit Undank belohnt haben. Sie haben mir, als sie fortgeritten sind, den Vaquero einer Pferdetruppe mit einer fingierten Botschaft gesandt und während seiner Abwesenheit sechs Pferde gestohlen, mit denen sie eiligst fort sind.“
    „Schändlich! So waren die beiden Männer nicht allein?“
    „Nein. Es war eine Schar verkleideter Truppen bei ihnen, welche angeworbene Rekruten nach Mexiko zu

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