020 - A.S. der Unsichtbare
daß kein Dienstbote den Raum betreten durfte, denn er mußte die Tür erst aufschließen, bevor sie hineingehen konnten.
»Nehmen Sie bitte Platz«, sagte Artur und drehte das Licht an. »Der Stuhl drüben ist bequemer. Trinken Sie etwas?« »Nein, danke. Ich habe noch viel vor. Nun erzählen Sie mir mal etwas von der jungen Dame. Ich muß die Fortsetzung meines Artikels von gestern bringen. Haben Sie begründete Ursache zu der Annahme, daß Macleod in das Mädchen verliebt ist?«
»Einen Augenblick«, erwiderte Wilmot, stand auf, ging zu den zugezogenen Vorhängen am anderen Ende des Raumes und schob sie beiseite. »Ich wußte es doch, ich habe einen Luftzug gefühlt - das Fenster steht auf! Der Himmel mag wissen, wer es aufgemacht hat.« Er schloß es, zog die Vorhänge wieder zu und setzte sich. »Das ist nun gerade die Sache, die ich Sie bitten möchte, nicht zu berühren. Das Mädchen ist eben in dem Alter, in dem man leicht zu beeinflussen ist, und er hat wahrscheinlich großen Eindruck auf sie gemacht.«
»Also bestehen zwischen den beiden doch Beziehungen?« fragte Downer schnell.
»Ja, es ist eine Art von« - Wilmot zögerte - »ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll. Er ist bedeutend älter als sie, und er hat alle Tricks gebraucht, um ... «
»Nein, ich glaube kaum, daß man es so bezeichnen kann«, entgegnete Mr. Downer. »Sollen wir nicht lieber sagen, daß sich eine Freundschaft zwischen ihnen entwickelt hat? Die Leser verstehen schon, was ich damit sagen will. Ich möchte nämlich die Vorstellung hervorrufen, daß er sich mit dem Mädchen eingelassen hat.«
Es klopfte leise an die Tür, und ein Dienstmädchen trat ein.
»Mr. Macleod möchte Sie sprechen.«
Die beiden wechselten einen schnellen Blick, und Downer nickte.
»Bitten Sie ihn herein«, sagte Wilmot, dem es plötzlich sehr unbehaglich wurde.
»Guten Abend, Downer - guten Abend, Mr. Wilmot.«
Andy blieb an der Tür stehen und betrachtete sie.
»Wollen Sie nicht Platz nehmen?« fragte Wilmot nervös. »Sie kennen Mr. Downer?«
»Sehr gut sogar«, erwiderte Andy gelassen.
»Sie sind doch nicht etwa über meinen Artikel ärgerlich?« fragte Downer mit gutgeheucheltem Erstaunen. »Sie sind schon zu lange im Fach, um sich darum zu kümmern, was die Zeitungen sagen.«
»Dieser Herr ist also die Quelle Ihrer Informationen?« Andy wies mit dem Kopf zu Wilmot hinüber.
»Das möchte ich nicht behaupten.«
»Downer, Sie halten sich in Ihren Artikeln gewöhnlich so eng wie möglich an die Wahrheit. Aber diesmal haben Sie einen Bericht losgelassen, der dazu bestimmt war« - Downer lächelte - »die Ziele der Justiz zu durchkreuzen. Unterbrechen Sie mich nicht. Ich habe Ihnen so etwas noch nie sagen müssen, und ich hoffe, daß ich es nicht wieder tun muß. Miss Nelson mag eine Klage gegen Ihre Zeitung erheben, oder nicht, das steht in ihrem Ermessen. Wenn sie es aber tut, dann wird es Ihre Zeitung zwanzigtausend Pfund kosten.«
»Mein Bericht geht auf eine zuverlässige Quelle zurück.«
»Sie meinen damit doch nicht etwa diesen Mann?« Andy zeigte auf den düster dreinschauenden Wilmot. »Ich werde Ihnen gleich zeigen, wie sehr Sie sich auf ihn verlassen können.« Er trat auf Arthur Wilmot zu und schaute verächtlich auf ihn hinunter. »Ich bin gekommen, um mich nach dem Verbleib einer Summe von 6370 Pfund zu erkundigen, die aus einem Geheimfach in Mr. Merrivans Bett entwendet wurden.«
Wilmot sprang auf, als ob er einen Schlag bekommen hätte.
»Was - was?« stammelte er.
»Außerdem sind noch verschiedene Dokumente von Ihnen gestohlen worden!«
»Gestohlen?« wiederholte Wilmot mit schriller Stimme. »Wie dürfen Sie das sagen? Ich bin der Erbe meines Onkels!«
»Sie wurden von Ihnen gestohlen, ich sage es noch einmal mit allem Nachdruck. Ob Sie der Erbe Ihres Onkels sind, wird das Gericht entscheiden. Es lag eine gewisse Heiratsurkunde dabei« - er schaute Wilmot scharf an, als er sprach, und er bemerkte seine Verwirrung. »Ich glaube, daß Sie noch in ernste Schwierigkeiten kommen werden. Was haben Sie mir darüber mitzuteilen?«
Artur Wilmot atmete schwer, er war unfähig zu sprechen.
Andy wandte sich an den Journalisten.
»Wird es Ihnen nun klar, daß dieser Mann unter einem schweren Verdacht steht und daß auch Sie eine Anzeige zu gewärtigen haben, da Sie mit ihm unter einer Decke stecken, um eine unschuldige Frau zu verdächtigen?«
»Ich habe mit der ganzen Sache nichts zu tun«, antwortete Downer. »Ich
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