020 - Unter fremder Sonne
er so einem Kosaken ähnlicher sah? Denn er legte großen Wert darauf, dass man seine russische Abstammung niemals vergaß.
Juan de Costa drängte Ken zurück: »Ich werde in dieser engen Röhre noch verrückt und dann rückt einem auch noch jeder so eng auf den Pelz.«
Na , dachte Ken, wenn jeder Grund zur Beschwerde hat und sonst nichts, dann sind sie alle noch in Ordnung.
Vorsichtshalber rief er die Namen der Verbliebenen auf: »Tanya?«
»Alles klar, Ken!«
»Janni van Velt?«
»Bestens, Ken!«
»Mario Servantes?«
»Bin zwar nicht zufrieden, aber ansonsten gibt’s keinen Grund zu klagen.«
»Dann können wir unseren Weg ja fortsetzen!«, brummte Ken.
»Und wohin, wenn man mal bescheiden nachfragen darf?«, erkundigte sich Yörg Maister.
»Du darfst: Wir wollen möglichst viel Entfernung zwischen uns und dem Detonationsherd bringen. Wir hatten zwar unglaubliches Glück, aber das sollten wir nicht überstrapazieren. Findet ihr nicht auch? Oder meint ihr, wir müssten das nächste Mal auch so wundersam überleben?«
Niemand sprach mehr ein Wort. Zwar wusste keiner von ihnen, wo sie sich jetzt befanden, denn die Karten, die sie mitführten, konnten sie vergessen, bevor sie die nächste Kennzeichnung erreichten … Aber Ken hatte sie überzeugt. Und Tanya übernahm wieder die Führung.
Die letzte Strecke war es recht steil abwärts gegangen. Ihrer Schätzung nach müssten sie sich unterhalb der Stadtsohle befinden. Das würde es den Verfolgern erschweren, sie zu orten. Aber im Moment würde es nicht einmal Verfolger geben können, denn es gab noch mehrere Detonationen weit hinter ihnen, während sie davon robbten. Das beschäftigte die Polizei von Tustrada nachhaltig.
Tanya verschwendete keinen Gedanken mehr an das soeben Erlebte. Sie richtete ihren Blick im wahrsten Sinne des Wortes nach vorn.
Bald ging es wieder aufwärts, nachdem sie mehrere Abzweigungen passiert hatten. Störungen gab es keine mehr.
Tanya widerstand dem Wunsch, einen Blick auf die Uhr zu werfen. Sie durften sich nicht von der Zeit hetzen lassen, denn diese war jetzt belanglos geworden.
Vorher waren sie unterwegs zum nächsten Terroranschlag gewesen und jetzt galt es nur noch zu entkommen und damit zu überleben.
Die Bomben hatten sie allerdings immer noch bei sich und sie würden diese auch einsetzen, falls es erforderlich wurde, mit ihnen ihr Leben zu verteidigen.
Ken ließ von hinten etwas durchgeben. Janni, die Tanya direkt folgte, gab es an sie weiter: »Wir sollten allmählich daran denken, das Röhrensystem zu verlassen. Einfach, um dabei schneller vorankommen zu können!«
Tanya ließ zurückgeben: »Klar, habe ich auch schon gedacht, aber unsere Gegner nehmen sicher dasselbe an!«
Janni wandte sich an ihren Hintermann und flüsterte leise. Tanya presste grimmig die Lippen aufeinander: Vielleicht glauben die Gegner auch, wir wären nicht mehr am Leben?
Sie überlegte kurz und schüttelte danach unwillkürlich den Kopf. Nein, die mussten richtig damit rechnen, dass sie schon außer Reichweite gewesen waren, als die Hauptdetonationen erfolgten. Und vorher, da wurde nur die Röhre betroffen und fegte sie sieben davon – noch weiter außer Reichweite.
Wie weit eigentlich?
Da fand Tanya endlich eine Markierung. Sie hatte inzwischen ein geschultes Auge für diese Dinge und verglich die Kennzeichnung mit ihrem Plan.
Aha, sie hatten den Ort des Überfalls jetzt schon um Kilometer hinter sich. Hier würden sie das System wahrscheinlich gefahrlos verlassen können!
Sie wählte an der nächsten Kreuzung eine Röhre, die fast senkrecht aufwärts führte. So dauerte es nicht mehr lange, bis sie an einen Zwischenfilter gelangten. Er befand sich rechts von Tanya und war der Beweis, dass es hier in irgendwelche Räumlichkeiten ging.
Ohne zu zögern oder sich Gedanken darüber zu machen, welche Räumlichkeiten das waren, begann sie mit dem mitgeführten Werkzeug, den Zwischenfilter zu lösen.
Bald war der Durchschlupf frei.
»Vorsicht!«, sagte sie zu Janni.
Die gab es nach hinten weiter.
Zwei Meter nach dem Zwischenfilter kam der eigentliche Ausstieg. Sie würden sich beeilen müssen, denn das Lösen des Zwischenfilters wurde irgendwo registriert, falls es zu lange dauerte. Und dann tauchten automatisch hier Wartungsrobos auf.
Die könnten wir jetzt absolut nicht gebrauchen! , dachte sie.
Denn sie würden den Minialarm gewiss an die Polizei weitergeben. Und die verfolgten im Moment jede auch noch so kleine Spur.
In
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