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020 - Zug der Verlorenen

020 - Zug der Verlorenen

Titel: 020 - Zug der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Parrish
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ging.
    »Wir gehen in Richtung Meer«, stellte die junge Frau fest. »Ich kann den Geruch des Salzes schmecken.«
    »Ich weiß«, hauchte Matt zurück, arg- wöhnisch nach den Wachen blickend, die den Sklavenzug eskortierten. »Ich habe ein Gespräch belauscht. Emroc hat Angst, zwischen die Fronten einer Stammesfehde zu geraten. Deshalb nehmen wir den Umweg über die Küste.«
    »Er hat noch immer Angst«, stellte Aruula fest, die kurzerhand mit ihren telepathischen Fähigkeiten das Bewusstsein des Sklavenmeisters belauschte. »Große Angst sogar.«
    »Ja«, bestätigte Matt, »dort muss irgendetwas sein. Emroc war nur unter großen Vorbehalten bereit, die Küstenroute zu nehmen. Was immer es ist…«
    »…es ist ernst«, fiel ihm Aruula ins Wort.
    »Auch die Wachen fürchten sich. Einige von ihnen denken, dass sie Plymeth nicht lebend erreichen werden. Ich kann ihre Furcht deutlich fühlen.«
    Matt blickte auf, sah verstohlen zu den Wachleuten auf. Aruula hatte Recht. In den meisten der Gesichter, die unter den ledernen Kappen hervor lugten, spiegelte sich ernste Sorge. Hatte es Emrocs Leuten in den vergangenen Tagen sadistische Freude bereitet, die Sklaven zu misshandeln und sie wie Vieh durch den Wald zu treiben, schienen sie nun mehr mit sich selbst beschäftigt zu sein.
    Eine unerwartete Wendung…
    Matt fragte sich, was Emroc und seine Leute derart in Furcht versetzen mochte. Er hatte in den letzten Monaten viele seltsame und grausige Dinge gesehen und wusste, welche Schrecken diese aus den Fugen geratene Welt barg. Kalter Schauder rann seinen Rücken hinab, als er sich vorzustellen versuchte, was sie dort am Rand des Ozeans erwarten mochte - eines Ozeans, dessen ökologisches System ebenfalls durch den Kometeneinschlag beeinflusst worden war.
    Wer vermochte zu sagen, welche grässlichen Ausgeburten die Tiefen des Meeres hervorgebracht hatten…?
    ***
    Der Anblick war entsetzlich.
    Unvermittelt ragte er inmitten des Dickichts empor. Er steckte auf einem hölzernen Spieß und starrte Wächter wie Sklaven aus hohlen leeren Augenhöhlen an.
    Ein Totenschädel.
    Wie ein stummer Wächter stand das grausige Gebilde am Rand des schmalen Pfades, ein bizarres Grinsen auf den knochigen Zügen. Die Wächter fuhren erschrocken zurück und gaben bittere Verwünschungen von sich, die Sklaven begannen aufgeregt miteinander zu tuscheln.
    Schon der Anblick des ausgebleichten Schädels war erschreckend - noch furcht- erregender allerdings war das Symbol, mit dem er bemalt war: Ein Kreis mit zahlreichen fremdartigen Ornamenten. Etwas Vergleichbares hatte Matt noch nie gesehen, dennoch war die Bedeutung des Zeichens unmissverständlich.
    Es war eine Warnung.
    Eine Warnung, augenblicklich umzukehren und das Territorium, das jenseits des grausigen Wächters lag, nicht zu betreten.
    Das war auch Emrocs Sklaventreibern klar. Gehetzt schauten sich die Männer um, tauschten untereinander Blicke, die nur zu deutlich verrieten, dass sie um Leib und Leben fürchteten. Unruhe breitete sich aus, die auch auf die Sklaven übergriff. Hektisches Gemurmel setzte ein, bis der scharfe Knall einer Flammpeitsche die Gefangenen wieder zur Ruhe brachte.
    »Was soll das?«, ließ sich plötzlich die Stimme des Sklavenmeisters vernehmen, der in seiner Sänfte saß und noch gar nicht mitbekommen hatte, auf welch schaurigen Fund der Zug gestoßen war. »Warum geht es nicht weiter?«
    Unwirsch wurden die Vorhänge der Sänfte zurückgeschlagen und Emrocs feister runder Kopf erschien. Als der Eunuch den Schädel erblickte, sog er scharf nach Luft.
    »Eine Warnung, Meister!«, rief einer der Wächter panisch aus. »Wir dürfen das verbotene Land nicht betreten! Wir müssen umkehren! Sofort!«
    Emrocs bleiche Züge verzerrten sich. Furcht packte den Sklavenmeister, und einen Augenblick lang schien er tatsächlich die Flucht ergreifen zu wollen.
    Dann erinnerte er sich jedoch an das, was sein Kundschafter ihm berichtet hatte, und er besann sich anders. Störrisch schüttelte er den Kopf.
    »Wir gehen weiter«, verkündete er. »Ich habe keine Lust, meine Ware an die Walac zu verlieren oder sie diesen verdammten Estaru in den Rachen zu werfen.«
    »Aber Meister! Wir…!«
    »Genug!«, brachte der Sklavenmeister seine Untergebenen zum Schweigen. »Wir marschieren weiter! Sofort! Je schneller wir sind, umso eher werden wir dieses verfluchte Land hinter uns lassen.«
    »Ja, Meister.«
    Zögernd, aber ohne weiteren Widerspruch leisteten die Wachen dem Befehl ihres

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