0203 - Um Mitternacht am Galgenberg
Nadine Berger. Ihr Geist lebte im Körper eines Wolfes weiter.
Für mich ein Rätsel, das ich auch noch nicht gelöst hatte. Vielleicht konnte man da in Zukunft irgend etwas unternehmen, dass sich dieser Zustand veränderte.
Die Hauptstraßen waren gestreut, doch in manchen Nebenstraßen glitzerte nahe den Gehsteigen das Eis. Deshalb fuhr ich sehr vorsichtig und nahm auch die Kurven behutsam.
Einen genauen Zeitpunkt hatten wir nicht vereinbart. Uns drängte niemand.
Den Weg fand ich im Schlaf. Als ich vor Bills Grundstückstor stoppte, tippte ich kurz auf die Hupe.
Vielleicht hörte man mich bis zum Haus, so dass ich nicht auszusteigen brauchte. Rechts befand sich, eingelassen in die Mauer, das Auge einer Kamera. Auf einem kleinen Monitor in der Diele konnte Bill ablesen, wer sich näherte.
Das Tor schwang zurück. Es rollte auf einer Schiene, und ich fuhr in den großen Vorgarten, durch den sich der Weg bis zum Haus hin schlängelte.
Der Bentley rollte langsam. Ich nahm die Kurven, und nach der letzten sah ich den blauen Alfa, der auf dem Parkplatz vor der Garage stand. Ich stellte meinen Silbergrauen daneben.
Sheila öffnete. Da wir Wochenende hatten, knipste ich mein Sonntagslächeln an. »Hallo, Engel«, sagte ich und breitete die Arme aus. »Leider habe ich keine Blumen mitgebracht.«
Ich hatte sie tatsächlich vergessen.
Sheila lachte zurück. »Das ist man bei dir gewohnt, John Sinclair.« Trotzdem gab sie mir den Begrüßungskuss auf die linke Wange. »Dann komm rein, die anderen warten.«
Ich trat mir die Füße ab. »Worum geht es denn?«
»Kein Kommentar.«
»Einen kleinen Tip.« Ich drehte mich zu Sheila um, die die Tür verschloss.
»Das muss mit Asmodina zusammenhängen.«
Meine Augen bekamen einen harten Glanz. »Die existiert nicht mehr.«
»Was weiß ich?« Sheila hob die Schultern. Sie trug eine helle Bluse mit rundem Kragen und einen groß gemusterten Rock. Das blonde Haar hatte sie hochgebunden.
»Wo stecken Johnny und Nadine?«
»Die beiden sind in Johnnys Zimmer.«
»Und? Vertragen sie sich?«
»Ein Herz und eine Seele, John. Seit das Tier bei ihm ist, haben wir keine Angst mehr um ihn.«
»Das kann ich verstehen. Ich werde die beiden später begrüßen.«
»John, du Pfeife!« rief Bill aus dem Wohnraum. »Was flirtest du so lange mit meiner Frau herum?«
»Ich hole das nach, was du versäumt hast«, antwortete ich, schon ins Wohnzimmer tretend.
Bill grinste. »Da gibt es kaum was nachzuholen.«
»Das sagst du. Ein Gesunder denkt anders darüber.«
Mit Bill zusammen hatte sich ein dunkelhaariger Mann erhoben, bei dem mir sofort der Schnauzbart ins Auge stach. Der Mann trug ein kariertes Hemd und dazu eine Cordhose. Zwischen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand hatte er eine Zigarette geklemmt.
Bill machte uns bekannt. Seinen Besucher stellte er mit folgenden Worten vor: »Das ist der Mann, der uns oder dir einen neuen Fall bescheren wird.«
»Dann lassen Sie mal hören.« Ich nahm Platz.
»Möchtest du nicht was trinken?« fragte Bill.
»Ein Whisky könnte nicht schaden.«
»Meine ich auch.«
Mein Freund kam mit einem Doppelten zurück. Es war ein guter Stoff. Der Whisky brannte nicht, er verbreitete im Magen eine wohlige Wärme. Bill legte ein paar Scheite im Kamin nach. Das Feuer fraß am Holz und zersprühte die Rinde. Funken stoben auf und verschwanden im Kamin.
Ty Everett schaute mich an. Breitbeinig saß er auf der Couch. Seinen Oberkörper hatte er ein wenig vorgebeugt, die Stirn bildete ein waagerecht verlaufendes Faltenmuster. »Was ich Ihnen anzubieten habe, Mr. Sinclair, klingt unglaublich. Allerdings sagte mir Bill, dass Sie so leicht nichts erschüttern kann.«
»Da hat er recht.«
»Es geht um Izzi!«
Ich warf Sheila, die ebenfalls bei uns saß, einen schnellen Blick zu. Da hatte sie mich in die Irre geführt. Sie schaute mich nur unschuldig an.
»Kennen Sie Izzi?« fragte der Mann.
»Leider.«
»Und was halten Sie davon?«
»Er ist ein Riesenwurm und brandgefährlich. Ich habe in Los Angeles mit ihm auf eine verdammt unangenehme Art und Weise Bekanntschaft gemacht. Ich musste sogar gegen ihn kämpfen und habe ihn verletzt. Er wird mich mit seinem Hass verfolgen, das steht fest.« [2]
»Wenn Sie ihn in L.A. gesehen haben, wie kommt er dann nach Korsika?«
»Er?«
»Nein, gesehen habe ich ihn nicht. Aber ich will von Beginn an erzählen, und jedes Wort ist wahr.«
Ich lächelte. »Das hoffe ich sehr.«
»Können Sie auch.«
Schon
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