0203 - Um Mitternacht am Galgenberg
nach den ersten Sätzen stellte ich fest, dass der Reporter kein Schwätzer war. Er berichtete knapp und präzise, schmückte auch nichts aus. Er stellte die Sache so dar, wie sie abgelaufen war.
Ich hörte mir alles an und sagte, nachdem er geendet hatte: »Wenn ich das recht betrachte, dann sind Sie auch in der Lage, uns Beweise für Ihre Anschuldigungen zu bringen.«
»Natürlich. Ich habe die alte Stein- oder Tonplatte mitgebracht. Sie können sich diese Überlieferung anschauen.« Er griff neben sich und hob die Platte hoch. Sie war noch eingepackt. Braunes Papier wurde von einem Gummiband festgehalten. Er löste das Gummi und entfernte auch das Papier. Als er mir den Beweis geben wollte, stieß jemand die Tür auf. Ich merkte es am Luftzug und drehte mich um.
Die Anderen ebenfalls.
Ein Vierbeiner betrat den Wohnraum. Nadine, die Wölfin!
Sie musste mich gehört und das Zimmer verlassen haben. Im anderen Teil des Bungalows klang die Stimme des kleinen Johnny auf. Er rief nach Nadine.
Das Tier störte sich nicht daran und trottete auf mich zu. Neben mir stieß Ty Everett scharf die Luft aus. Die Conollys hätten ihm von dem Wolf anscheinend nichts erzählt, sonst wäre er nicht so überrascht gewesen.
Nadine hatte nur Augen für mich. Und was für Augen.
Wieder durchzuckte es mich wie ein Schlag, als ich sie anschaute. Es waren die gleichen Augen, wie sie Nadine auch als menschliches Wesen gehabt hatte.
Ich rutschte ein wenig zum Rand der Couch und wollte den Arm ausstrecken, doch die Wölfin hatte mich bereits erreicht. Neben mir ließ sie sich nieder und rieb ihren Kopf an meinen Beinen. Ich kraulte ihr Fell und sprach zu ihr, als wäre sie ein Mensch.
Ty Everett bekam große Augen. »Was ist das denn?« flüsterte er. »Das ist ein Wolf, nicht?«
»Wölfin«, verbesserte Bill.
»Spielt ja keine Rolle. Tier ist Tier. Und die lebt bei Ihnen im Haus?« wandte er sich an Sheila.
»Warum nicht?«
Tys Grinsen wurde schief. »Na ja, ich war mal in Köln. Da habe ich einen Spruch aufgeschnappt. Jeder Jeck ist anders. Das gilt wohl auch für Engländer.«
»Irgendwie schon«, grinste Bill.
Die Zunge des Tiers streichelte meinen Handrücken. Es war eine Liebkosung, wie sie mir Nadine immer zukommen ließ, wenn ich sie sah. Allerdings war ich nicht hergekommen, um nur sie zu begrüßen, deshalb richtete ich mich auf und sprach den Reporter an. »So, dann zeigen Sie mir mal das seltene Stück.«
Er hatte das Packpapier schon gelöst. Vorsichtig reichte er mir das Steinbild rüber, und ich legte es auf den Tisch, um es in Ruhe betrachten zu können.
Da fand ich tatsächlich Asmodina in Gestalt von Apep, der Höllenschlange. Ihr Körper wuchs aus einem Berg. Bevor der Kopf begann, teilte sich der Körper in zwei Hälften. Die von Apep bog sich nach links, die andere nach rechts.
Und das war Izzi!
Ja, daran gab es keinen Zweifel. Ich konnte mich an den Riesenwurm genau erinnern und ich dachte auch daran, was ich im Zentrum des Schreckens erfahren hatte. Izzi und Apep waren in grauer Urzeit einmal ein- und dieselbe Person gewesen.
Wirklich außergewöhnlich. Den Beweis sah ich vor mir!
»Kann das der Galgenberg sein, aus dem dieses Untier stammt?« fragte ich den Reporter.
»Ja, das ist er.«
»Wie kommen die beiden dorthin?« murmelte Bill.
Ich hob die Schultern. »Da kann man nur raten. Vielleicht ist es sogar ihre Geburtsstätte gewesen.«
»Das wäre ein Ding.«
»Genau.«
Ty Everett lächelte schief. »Sie halten mich demnach nicht für einen Spinner?«
»Nein.«
»Dan bin ich doch an der richtigen Adresse.«
»Sicher.« Ich lehnte mich zurück und hielt die Tafel hoch. Obwohl ich kein Experte in diesen Dingen bin, sah ich ihr doch an, wie alt sie war. Sie war allerdings noch fest und auch der Kontakt mit dem Luftsauerstoff hatte ihr nichts getan.
Izzi und Asmodina! Welch eine Verbindung gab es zwischen den beiden? Das war die große Frage.
Und wahrscheinlich würde ich bei einer Antwort auch das Rätsel des Galgenbergs geklärt haben.
»Fährst du nach Korsika?« erkundigte sich Bill.
»Da fragst du noch?«
»So habe ich es mir gedacht«, lachte Ty Everett. »Ich werde Sie natürlich begleiten, Mr. Sinclair, denn ich kenne mich in der Gegend ziemlich gut aus. Zudem habe ich noch eine Verabredung einzuhalten. Einem Freund versprach ich, seine Tochter aus den Klauen der Banditen zu befreien.«
»Übrigens, John, ich bin ebenfalls mit von der Partie.« Bill Conolly grinste mich an. Da
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