0203 - Um Mitternacht am Galgenberg
Brille ab und starrte auf sie, als wäre sie ein Orakel und könnte ihm die Wahrheit sagen.
»Stimmt das, Monsieur?«
»Ja, es stimmt.«
Der Geistliche setzte die Brille wieder auf. »Aber weshalb haben Sie einen Mord begangen?«
»Das will ich Ihnen ja erzählen. Es war schrecklich, wirklich. Ich musste einen Mann erschießen, weil er ein Diener dieses Götzen Izzi war.«
Der Pfarrer schwieg.
»Warum sagen Sie nichts?«
»Reden Sie weiter, Monsieur.«
Der Reporter erzählte. Er war froh, sich alles von der Seele reden zu können, und der Geistliche hörte aufmerksam zu. Nur hin und wieder zuckte es in seinem Gesicht, bei ihm ein Zeichen innerer Erregung.
»So ist alles gewesen, Herr Pfarrer«, beendete Ty seinen Bericht. »Bin ich nun ein Mörder?«
»Nein, das sind Sie nicht.«
»Aber ich habe ihn getötet.«
»Was hätte er mit Ihnen gemacht?« fragte der Geistliche gegen.
»Ich weiß es nicht.« Ty lehnte sich zurück und wischte mit dem Handrücken über seine Stirn. »Ich weiß nur, dass dieser verdammte Götze existiert.«
»Ja, es sieht so aus.«
»Und was soll ich machen?«
»Nichts.«
»Das ist keine Lösung.«
Der Pfarrer lächelte milde. »Das weiß ich selbst, mein Sohn. Aber was sollen wir tun?«
»Gegen ihn kämpfen?«
»Sie meinen Izzi?«
»Ja.«
»Das wird uns kaum gelingen. Die Legende ist uralt. Seit Tausenden von Jahren existiert sie. Wir können Izzi nicht vernichten, Monsieur. Wir sind zu schwach.«
Der Reporter versank in dumpfes Brüten. Nach einer Weile sagte er: »Wir vielleicht nicht, Herr Pfarrer.«
»Wer dann?«
Everett grinste. »Was ich Ihnen antworten kann, klingt möglicherweise komisch, aber mir ist es ernst. Und ich bleibe bei der vollen Wahrheit, Herr Pfarrer.«
»Reden Sie schon.«
Der Reporter zündete sich zuvor eine Zigarette an. Er blies den blauen Rauch gegen die weiße Decke und sagte mit leiser Stimme: »Ich komme aus London, und dort gibt es einen Mann, den seine Freunde Geisterjäger nennen. Dieser Mann ist Oberinspektor bei Scotland Yard und hat einige Erfolge aufzuweisen, was die Bekämpfung von Geistern und Dämonen angeht. Ich weiß es deshalb, weil ich einen Freund von John Sinclair, den Reporter Bill Conolly, gut kenne. Wenn ich in London bin, treffen wir uns und sprechen auch über John Sinclair.« Ty schaute den Geistlichen fragend an.
Der nickte und sagte: »Reden Sie weiter, ich höre genau zu.«
»Sicher. Ich meine, wenn jemand gegen diesen Izzi antreten kann, dann John Sinclair.«
Der Pfarrer schwieg. Er schaute auf seine Hände, wo die Adern bläulich schimmernd aus der Haut traten. »Das klingt wirklich sehr fantastisch, was Sie mir da berichten, Monsieur.«
»Ist Izzi nicht auch fantastisch?«
»Sicher, Sie haben recht.«
Ty drückte die halb aufgerauchte Zigarette aus. »Wenn wir eine Chance haben wollen, Izzi zu besiegen, dann müssen wir John Sinclair alarmieren.«
»Sie wollen also nach England?«
»Auf dem schnellsten Wege. Dabei möchte ich noch etwas mitnehmen, Herr Pfarrer. Sozusagen als Beweisstück.«
»Und was?«
»Die kleine Tafel, die Sie mir gezeigt haben und auf der Izzi mit einer Schlange zu sehen ist.«
»Nein, Monsieur, die kann ich auf keinen Fall aus der Hand geben. Das geht wirklich nicht.«
»Überlegen Sie es sich.« Ty zündete sich eine neue Zigarette an. »Das hier ist ein ungewöhnlicher Fall. Und ungewöhnliche Fälle erfordern eben besondere Maßnahmen.«
»Wie soll ich das machen?«
»Sie brauchen sich den Gegenstand nur auszuleihen. Das wird man Ihnen doch gestatten.«
»Sicher, das stimmt.«
»Wo liegt das Problem?«
»Ich weiß nicht, ob der Gegenstand, wie Sie so schön sagen, eine Gefahr darstellt.«
»Unsinn. Das ist nur eine Tontafel.«
»Unterschätzen Sie Izzis Macht nicht.«
Der Reporter beugte sich vor. »Herr Pfarrer, ich bin nie ein sehr gläubiger Mensch gewesen, aber können Sie mit Unterstützung der Kirche nichts dagegen unternehmen?«
»Izzi ist zu alt.«
»Ach, das zählt nicht. Sie müssen es versuchen.«
»Ich werde nichts tun und erst einmal abwarten. Mir tut es nur um die kleine Colette leid.«
»Daran habe ich auch gedacht. Wenn Sie vielleicht so freundlich wären und sich mit den Entführern in Verbindung setzen würden, wäre viel gewonnen.«
»Ich kann es versuchen.«
»In Anbetracht der Lage müssen Sie es.«
Der Pfarrer nickte. »Also gut. Ich besorge Ihnen die Steinplatte und setze mich mit den Banditen in Verbindung. Wir wollen hoffen, dass
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