0207 - 1:0 für einen Gangster
befreundet ist. Mr. Blecker hat mich da vor eine schier unlösbare Aufgabe gestellt. Ich kann ja nicht gut die Pinkertons beauftragen, das Privatleben seiner Witwe zu überwachen.«
»Haben Sie ihm das denn klargemacht?«
»Selbstverständlich, aber er war dickköpfig. Manchmal war er so. Obwohl wir uns schon lange Jahre kannten, misstraute er sogar mir zeitweise. Er war eben ein Mensch, der stets fürchtete, betrogen zu werden.«
Ich hätte dem Anwalt des Rätsels Lösung auf einem Tablett servieren können. Blecker war selbst ein Gangster gewesen. Alles, was er besaß, hatte er durch unsaubere Machenschaften erworben, und derartige Leute sind geneigt, bei anderen die gleiche Absicht vorauszusetzen.
Als wir gingen, war uns klar, dass wir wieder ein Steinchen gefunden hatten, das irgendwie in das Mosaik passen musste. Aber wir wussten nicht wie. Da wir in der Nähe waren, fuhren wir zum Polizeihauptquartier in der Center Street und besuchten Lieutenant Crosswing.
Er hatte nur eine einzige Neuigkeit. Bei einer nochmaligen Vernehmung des Hotelpersonals des »Irving« hatte einer der Pagen angegeben, dass ungefähr zehn bis fünfzehn Minuten, bevor der Rumäne mit den Bartkoteletten gekommen war, ein anderer Herr sich erkundigt hatte, ob Miss Harvey bereits zurückgekommen sei und ob sie Besuch habe. Der Boy hatte zwar Miss Harvey nicht gesehen, sondern Blecker. Und diese Auskunft hatte er dann erteilt. Der Herr sei sehr befriedigt gewesen. Ob er nun nach oben gefahren war oder nicht, wusste der Boy allerdings nicht.
Die Beschreibung des Mannes war ziemlich vage. Der Page meinte, er habe genauso ausgesehen wie ein Bankier. Er schätzte ihn auf fünfzig Jahre und glaubte sich zu erinnern, dass er grauhaarig gewesen war.
Da hatten wir also wieder eine neue Schachfigur im Spiel. Natürlich war es möglich, dass der vierzehnjährige Bengel etwas zusammenfantasierte, um sich wichtig zu machen, aber Crosswing hatte nicht den Eindruck gehabt. Jedenfalls konnten wir vorläufig nichts damit anfangen.
»Ich würde Ihnen übrigens empfehlen, den Kollegen Kent noch einmal zu besuchen«, sagte der Lieutenant, bevor wir gingen. »Es sind wieder ein paar gefälschte Ringe verhökert worden, die sicherlich alle aus der gleichen Quelle kommen. Nach den Verkäufern wird gefahndet, aber erwischt hat man noch keinen.«
***
Lieutenant Kent saß mit missmutigem Gesicht an seinem Schreibtisch und studierte einen Stapel Karteikarten, wahrscheinlich in der Hoffnung, dabei einen der Kunden zu finden, die er suchte.
»Hallo, Mr. Cotton, Mr. Decker. Bringen Sie mir etwas Neues?«
»Nein, wir sollten uns nur einmal Ihre neue Kollektion von Juwelen ansehen«, sagte ich und stützte mich mit beiden Händen auf die Schreibtischplatte.
Kent gab keine Antwort. Er glotzte und machte ein so entgeistertes Gesicht, dass mir ordentlich angst wurde.
»Fehlt Ihnen etwas?«, fragte Phil.
Der Lieutenant hörte gar nicht hin.
»Wo, in drei Teufels Namen, haben Sie diesen verfluchten Ring gekauft?«, schnauzte er mich an.
Ich grinste.
»Ach, Sie meinen das gute Stück an meinem kleinen Finger. Den habe ich geschenkt bekommen.« Der Lieutenant hörte gar nicht hin.
Er öffnete eine Schachtel, griff hinein und legte mir das genaue Duplikat vor die Nase.
»Dieser Ring wurde gestern Abend in einem Lokalt in der 48. Straße für zwölfhundert Dollar verkauft. Er ist natürlich ungefähr den tausendsten Teil wert, die Kerle haben es äußerst klug angefangen. Einer pirschte sich an das Opfer heran, bei dem er eine dicke Brieftasche gesehen hatte, und machte den üblichen Zauber. Aber der Mann war nicht dumm. Er traute dem Frieden nicht und sagte das auch. Da stand plötzlich ein älterer Herr am Nebentisch auf und bat, ob er den Ring sehen dürfe. Er stellte sich als Juwelier mit Namen Carson vor und behauptete, der Stein sei echt und mindestens dreitausend Dollar wert.
Zu allem Überfluss zog er auch noch ein Vergrößerungsglas aus der Tasche und betrachtete das Ding ganz genau. Er machte noch eine Bemerkung, aus der hervorging, dass er den Ring für gestohlen hielt, grüßte und setzte sich wieder an seinen Platz. Jetzt wurde der Käufer unsicher. Der Herr hatte ihm einen zu guten Eindruck gemacht, als dass er an dessen Wort gezweifelt hätte.
Außerdem zog er den vollkommen falschen Schluss, dass der Mann ja keinen Vorteil davon habe. Kurz und gut, er ließ sich den Ring aufschwatzen. Als er sich dann aber nach dem »Juwelier« umsah, war der
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