021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'
überschätzen.
Nuelas Geschrei hinter ihm wurde schriller. Er blickte sich um - sie stand an der Tür. »Ein Eindringling!«, schrie sie. »Packt ihn!« Am anderen Ende des Ganges tauchten jetzt zwei weitere Bewaffnete auf. Das Schwert in den Händen, flog Matts Blick hin und her – von dem Angreifer vor ihm zu den beiden Wächtern hinter ihm. »Packt ihn!«, kreischte die Frau.
Nur zwei Schritte vor Matt war ein Vorhang zu einer Zimmertür. Matthew handelte ohne nachzudenken. Er rannte zu dem Vorhang, riss ihn zur Seite und zog die Schiebetür dahinter auf. Er wunderte sich nicht darüber, dass der Schwertträger vor ihm nicht angriff.
Hinein in das halbdunkle Zimmer. Er blickte in das erschrockene Gesicht eines nackten Mädchens mit einer Bürste in den Händen stand sie vor ihrem Bett. Er registrierte die langen Vorhänge vor einem offenen Fenster. Mit zwei Sätzen hatte er sie erreicht. Er klemmte sich das Schwert zwischen die Zähne, packte den Vorhang und schwang sich über das Fensterbrett.
»Greift ihn!«, schrie Nuela. Bis zum Vorhangsaum hangelte er sich an dem Stoff hinunter, stemmte die Füße gegen die Hauswand, blickte hinab in den dunklen Hof. Vier oder fünf Meter unter sich sah er die Steinfliesen. Das konnte das Ende bedeuten. Oder die Freiheit. Er stieß sich ab und ließ den Vorhang los.
Stechender Schmerz zuckte durch seinen linken Knöchel, als er aufprallte. Er rollte sich ab und verlor das Schwert - die Klinge prallte dumpf in den nassen Kies. Er kümmerte sich weder um das Schwert noch um den Schmerz im Fußgelenk, hetzte auf den Karren zu und packte die Deichsel.
Die bogenförmige Tordurchfahrt war nur ein schwarzer Schatten in der dunklen Fassade, die den Hof von allen Seiten umgab. Mit aller Kraft stemmte Matt sich gegen die Deichsel. Er stieß einen Schrei aus, der Karren setzte sich in Bewegung. Der Kies knirschte unter den ei- senbeschlagenen Holzrädern. Matt steuerte den schwarzen Schatten auf der Fassade an. Schneller, immer schneller bewegte sich der Karren darauf zu.
»Er versucht das Tor zu durchbrechen!«, brüllte eine Männerstimme aus dem offenen Fenster des Obergeschosses. Endlich krachte der Karren donnernd gegen das Tor. Ein Flügel sprang auf.
Keuchend rannte Matt am Karren vorbei. Die Kaistraße! Dunkle Umrisse von Schiffsmasten hinter der Kaimauer. Schritte vom Pier her.
Viele Schritte. Matt presste sich rücklings an die Mauer der Hofdurchfahrt und spähte in die Dunkelheit. Da kamen sie - neun oder zehn Männer! Sie hatten schon die Kaistraße erreicht! Zielstrebig hielten sie auf das Tor zu - Männer der Santanna! Die Enttäuschung brannte in Matts Hirn.
Irgendjemand musste den Wächtern einen Hinweis gegeben haben. Matt musste zurück in den Hof. Die Tür neben dein Kohlehaufen öffnete sich eben. Drei Wächter stürmten auf den Hof. Sein Blick fiel auf eine Treppe in der Fassade der Hofdurchfahrt. Wo mochte sie hin- führen? Egal - hinauf.
Matt stolperte in die Dunkelheit, prallte gegen eine Tür, drückte die Klinke hinunter - die Tür war nicht abgeschlossen. Hinein - wohin auch immer. Leise schloss er die Tür hinter sich. An einer glatten Wand entlang tastete er sich durch einen Gang. Bis er gegen das Geländer einer Treppe stieß. Er huschte die Stufen hinauf. Von draußen aus der Durchfahrt klangen erregte Männerstimmen. Bald würden sie auf die Tür aufmerksam werden - eine Frage von Sekunden, allenfalls Minuten.
Matts Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Er begriff plötzlich, wo er sich befand: In dem Teil des Gebäudes, wo er der Hakennase gegenüber gestanden hatte. Er schlich an drei Türen vorbei. Das musste sie sein - die Tür zum Arbeitszimmer des Kapitäns. Sie war verschlossen.
Gehetzt blickte Matt um sich. Konturen von Möbeln ragten in der Dunkelheit auf. Was hing dort zwischen zwei Türen an der Wand? Matts Hände ertasteten einen Spieß. Er riss ihn herunter, bohrte die Spitze in die Spalte zwischen Blatt und Rahmen und brach die Tür auf.
Dunkelheit empfing ihn auch in diesem Raum. Es roch nach Staub und wurmstichigem Holz. Er stolperte gegen den Schreibtisch, schwang sich darüber und schob ihn vor die Tür. Noch immer keine Schritte auf der Treppe. Ans Fenster. Dort standen sie - vor der Hofeinfahrt. Gestikulierten, riefen durch- einander und deuteten in verschiedene Richtungen. Er saß in der Falle - auch hier. Warte, bis sie von dort unten verschwinden, dann seilst du dich ab… Er wusste genau, dass sie nicht so dumm
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