021 - Super-Virus aus der Hölle
Mister Tanner…«
»Und wie soll das möglich sein?«
»Haben Sie noch nie von Kontakten aus dem Jenseits gehört?«
»Oh doch, schon eine ganze Menge. Aber ich glaube weder an Stimmen
aus dem Jenseits noch an Geistererscheinungen, noch an Botschaften…«
»Es wird weder das eine noch das andere sein, Mister Tanner.
Jemand wird Ihre Arbeit fortsetzen, mit Ihrem Willen und Ihren Vorstellungen.
Ich kann es nicht näher begründen. Das Geheimnis liegt dort, wo Sie leben und
wirken. Es ist ein sehr altes Haus, das Sie bewohnen, nicht wahr?«
Das stimmte. Tanner mußte es zugeben.
Clara nickte. »In diesem Haus ist vor langer Zeit etwas geschehen…«
»Was?« wollte Tanner wissen.
»Ich weiß es nicht, weil ich die Menschen nicht kenne, die einst
darin wohnten. Sie sind alle tot.«
Die Seherin war an einem Punkt angelangt, an dem sie
offensichtlich nicht weiterkam.
Sie wollte schon zum nächsten Klienten weitergehen, als Jeremy
Tanner noch mal auf einen Punkt zu sprechen kam, der ihn doch intensiver
beschäftigte, als er sich ursprünglich eingestehen wollte.
»Sie haben mir auf einer ganz bestimmten Wegstrecke ein ganz
bestimmtes Schicksal vorausgesagt, Clara. Ich bin also vorgewarnt, folglich
kann ich diesem Schicksal entgehen…«
»Das ist ein Irrtum!«
»Ich könnte eine andere Strecke fahren, der Ölspur ausweichen…
Selbst wenn ich den Weg fahre, den ich mir vorgenommen habe, Clara, ich könnte
so vorsichtig fahren, daß überhaupt nichts passieren kann…«
»Und doch wird etwas passieren, Mister Tanner! Haben Sie schon mal
etwas vom Schicksalsschlauch gehört?«
»Nein. Was ist das?«
»Stellen Sie sich einen riesigen Schlauch vor, in dem wir uns
allesamt bewegen. Innerhalb dieses Schlauches können wir uns vor und zurück,
hin und herbewegen. Aber aus dem Schlauch heraus, das können wir nicht. Das ist
unser aller Schicksal.«
Er sah ihr nach, als sie im Gewühl verschwand. Wenig später war
Clara, die Seherin, mit einem anderen Gast im Gespräch vertieft.
Eine Zeitlang befaßte sich Tanner noch mit dem Gehörten. Dann
verblaßten die Dinge langsam. Er nahm sie nun immer weniger ernst und hielt die
Begegnung mit Clara für nichts weiter als eine unwichtige Episode seines
Lebens.
Um vier Uhr morgens verabschiedete er sich vom Gastgeber Cameron.
Der Millionär begleitete ihn bis zum Lift.
»Ich hoffe, es hat dir Spaß gemacht, Jeremy?«
»Es war wie immer ein Erlebnis.«
»Wie fandest du Clara?« fragte Cameron unvermittelt.
»Amüsant.«
Cameron hob kaum merklich die Augenbrauen. »Nur amüsant? Hat sie
dir denn gar nichts Persönliches sagen können?«
»Doch, eine ganze Menge. Aber du weißt, wie ich zu diesen Dingen
stehe. Ich glaube, sie wollte sich nur interessant machen. Es steckt nicht viel
dahinter.«
»Sie ist unschlagbar.«
»Kommt wohl darauf an, von welcher Warte man es sieht. Na, ich ruf
dich in den nächsten Tagen mal an, Ale… dann reden wir ausführlich darüber. Bis
dahin wird sich dann eine ihrer Prophezeiungen erfüllt haben, oder auch nicht…«
»Was ist es denn?« wurde Cameron neugierig.
»Laß dich überraschen.« Fünf Minuten später saß Tanner in seinem
nachtblauen Pontiac Grand Prix und raste auf der Ausfallstraße in
nordwestlicher Richtung davon.
Sein Ziel war Hartford. Fahrzeit etwa zwei Stunden von New York.
Er war munter, als hätte er sieben Stunden geschlafen und nicht
die Nacht durchgefeiert.
Die Straße schimmerte feucht. Es hatte zuvor leicht geregnet.
Tanner war mit der bisherigen Fahrt zufrieden. Er war sogar
schneller vorangekommen als erwartet.
Allerlei Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Sie befaßten sich zum
Teil mit dem, was die Seherin Clara gesagt hatte, zum Teil mit der Besprechung,
die vor ihm lag.
Tanner dachte an die Versuchsserie CXP-23. Sie befand sich im
entscheidenden Stadium. Zum erstenmal war es ihm gelungen, die Gen-Struktur von
Krankheitserregern derart zu verändern, daß sie auch gegen stärkste Giftdosen
unempfindlich geworden waren. Die Erreger hatten darüber hinaus eine völlig
neue Eigenschaft entwickelt. Versuchstiere, die damit geimpft wurden, starben
binnen weniger Sekunden. Ihre Körper trockneten blitzschnell aus, sie wurden zu
Mumien. Gleichzeitig vermehrte sich die Erregeranzahl in dem ausgetrockneten
Körper um ein Vielfaches. Wie dies im einzelnen zusammenhing, mußte er jetzt
noch klären. Es gab niemand, der vom Experiment CXP-23 wußte. Die Versuche
spielten sich in seinen hauseigenen Labors ab,
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