0212 - Der Satan probt den großen Trick
uns eigentlich denken können, dass sich Master nicht in der Redaktion seiner Zeitung, sondern am Central Park und in der 64. Straße herumtrieb. Mochte der Teufel wissen, woher er so schnell Wind von den beiden Verbrechen erhalten hatte.
Da wir mit dem angebrochenen Abend sowieso nichts mehr anfangen konnten, beschlossen wir ohne Zögern, in der von hastigem Rennen und unaufhörlichem Schreibmaschinenklappern erfüllten Redaktion die Rückkehr des Reporters abzuwarten.
Fünfzehn Minuten später wirbelte John Master herein.
Triumphierend schwenkte er in der einen Hand eine mächtige Kamera und in der anderen ein zigarrenkistenkleines Tonbandgerät.
Ich steuerte auf ihn zu, aber er winkte mir unwillig ab und gab erst einem Laufjungen seine Kamera mit dem Auftrag, entwickeln zu lassen.
Das Tonbandgerät stellte er einem Tippfräulein neben die Schreibmaschine, damit sie die auf Band gesprochene Reportage sogleich zu Papier bringe.
Nun erst wandte er sich mir zu, rückte nervös die randlose Brille hin und her und kratzte an dem feuerroten Bärtchen unter der spitzen Nase. Dabei fragte er nicht eben freundlich: »Sie wünschen, meine Herren? Rissen Sie sich bitte kurz. Wie Sie sehen, bin ich sehr beschäftigt!«
»Cotton und Decker vom FBI!«, sagte ich kurz und ließ andeutungsweise meine Marke sehen.
Ein Grinsen überzog das sommersprossige Gesicht des Reporters: »Mir scheint, ich liege richtig mit meiner Annahme. Andernfalls würde sich das hohe FBI nicht um mich kümmern!«
Ich fragte: »Welche Annahme in welcher Sache, Mr. Master?«
Master fegte einige Blätter vom nächstbesten Schreibtisch, setzte sich dann auf die Schreibtischkante und klatschte sich auf die Schenkel.
»Sie sind gut!«, lachte er nun so sehr, dass ihm die Sommersprossen aus dem Gesicht zu fallen drohten. »Sie lesen wohl die Daily News nicht, wie? Ich meine natürlich den offensichtlichen Zusammenhang zwischen den Morden an Mrs. Baker, Mrs. Springs, Mr. Soneshine und Mr. Banisters, und außerdem den neuesten Mord an einer gewissen Mrs. Pincers!«
Phil fragte scheinbar verwundert: »Worin soll da nach Ihrer Anschauung ein Zusammenhang bestehen, beziehungsweise auf Grund welcher Indizien kommen Sie zu der ausgefallenen Meinung, dass hierbei ein und derselbe Täter am Werk war?«
Master umfasste sein Knie mit den gefalteten Händen und kniff die Augenbrauen zusammen. Dann sagte er, und es klang sehr überheblich: »Also doch die Daily News gelesen! Dann kennen Sie ja auch meine Ansicht über die City Police. Über das FBI habe ich kein Wort geschrieben«, fügte er vorsichtshalber hinzu. »Kurz und gut, die Polizei hat längst darauf kommen müssen. Sie lebt wohl nur deswegen noch hinterm Mond, weil die Morde jeweils in einem anderen Stadtteil, nämlich in Brooklyn, Bronx, Richmond, Queens und die beiden letzten in Manhattan begangen worden waren und deshalb wohl auch von verschiedenen Dienststellen bearbeitet werden.«
Er fuhr fort: »Einer zentralen Behörde hätte die Übereinstimmung sofort, wie ja auch mir, auffallen müssen. Schon die Methoden gleichen sich in erstaunlicher Weise: Während der eine Ehegatte samt der Dienerschaft außer Haus ist, läutet ein Unbekannter und schießt den Herrn oder die Dame des Hauses kurzerhand nieder, sobald sie an der Tür erscheinen. Außerdem…«
»Moment!«, unterbrach ich den Redefluss des Reporters. »Woher wollen Sie das denn so genau wissen? Waren Sie vielleicht bei den Morden dabei? Tote können keine Aussagen mehr machen!«
John Master lehnte sich in überlegener Pose zurück und erwiderte lächelnd: »Dass die Ermordeten allein zu Hause waren, lässt sich auf jeden Fall feststellen. Die Version, dass ein Unbekannter an der Tür klingelte und sofort schoss, konnte Mr. Banisters noch erzählen, bevor er starb. Die Umstände weisen darauf hin, dass auch bei den anderen Verbrechen der Täter in gleicher Weise vorgegangen war. Jetzt kommt die zweite Übereinstimmung: Sämtliche Ermordeten gehörten einer ziemlich begüterten Gesellschaftsschicht an; und sogar noch eine dritte verbindet die einzelnen Fälle miteinander: Alle Personen, die an sich ein ausreichendes Motiv für die Morde gehabt hätten, konnten jeweils ein bombenfestes Alibi vorweisen.«
»Was verstehen Sie unter einem ausreichenden Motiv für einen Mord?«, fragte Phil etwas unwillig über die Großspurigkeit, mit der der Reporter seine kriminalistischen Überlegungen zum Besten gab.
»Leute, denen der Gatte oder die
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